Den Blick auf Nürnberg gerichtet, sind in der Kunstvilla aktuell gleich zwei Ausstellungen zu bestaunen, die sich zum einen dem Nürnberger Urgestein Toni Burghart und zum anderen künstlerischen Positionen und Stadtansichten im Wandel der Zeit widmen. Beide Ausstellungen können noch bis 7. Oktober besichtigt werden.
Zum 90. Geburtstag von Toni Burghart
Am 14. Juni wäre der 2008 verstorbene Nürnberger Kulturpreisträger Toni Burghart 90 Jahre alt geworden. Aus diesem Anlass zeigt die Kunstvilla im KunstKulturQuartier den Szenenwechsel „Toni Burghart – Was bleibt“ mit ausgewählten Werken aus ihrer Sammlung, die um Leihgaben ergänzt werden.
„Wenn einer malt, wenn einer schreibt, ist es kein Wunder, wenn was bleibt.“ Dieser Ausspruch Burgharts gilt ganz besonders für ihn selbst. Es gibt kaum einen Künstler, der sich mit seinem Schaffen derart in das visuelle Gedächtnis der Stadt eingeschrieben hat, wie es Burghart mit seinen farbkräftigen, der Pop Art nahestehenden Werken tat. Sein Entwurf des Dürer-Hasen von 1971 oder das Vogel-Signet zum jährlichen Klassik Open Air sind in Nürnberg allgemein bekannte Motive.
Burgharts künstlerische Entwicklung begann 1942 mit seiner Ausbildung zum Farblithografen in Nürnberg, der 1947 ein Studium an der heutigen Technischen Hochschule in Nürnberg folgte. Im Anschluss schrieb sich Burghart 1952 an der Akademie der Bildenden Künste an ihrem damaligen Sitz in Ellingen ein. Als Schüler von Hermann Wilhelm (1897 – 1970), der seiner Malklasse die gesamte Bandbreite zeitgenössischer Malerei vermittelte, war es Burghart möglich, bereits früh eine eigenständige künstlerische Position einzunehmen. Parallel zu der dem Studium folgenden Tätigkeit als Gebrauchsgrafiker entwickelte sich Burghart in seinem künstlerischen OEuvre zu einem fränkischen Vertreter der Pop Art, der mit viel Bildwitz den Blick auf alltägliche Dinge und Situationen lenkte.
Die Ausstellung zeigt einen Szenenwechsel und legt den Schwerpunkt auf die Bildwelten des Künstlers und ihre thematische wie formale Verschränkung miteinander. Dabei zeigt sich der Facettenreichtum Burgharts auch in seiner medialen Vielfalt. Ausgestellt sind rund 25 Werke, darunter Gemälde, Zeichnungen, Druckgrafik und ab 1980 entstandene Künstlerbücher. Innerhalb des Szenenwechsels wird auch der jüngste Neuzugang zur Sammlung der Kunstvilla präsentiert. Das Ehepaar Madi und Peter Schmid hat dem Museum vor kurzem knapp 40 Burghart-Arbeiten gestiftet, neben charakteristischen Grafiken auch kaum bekannte Motive. Ergänzt wird der Szenenwechsel durch Leihgaben aus der Original Hersbrucker Bücherwerkstätte, mit der Burghart eng zusammenarbeitete, ebenso wie durch Grafiken aus der Werkstatt von Rainer Michely, bei dem der Künstler seine Siebdrucke fertigte.
Nürnberger Stadtansichten
Eine zweite Ausstellung in der Kunstvilla lohnt für einen Abstecher in die Noris. Anlässlich des 100. Geburtstags des kommunalen Immobilienunternehmens wbg wirft die Ausstellung „URBANE ZUKUNFT. Werke aus der Sammlung der wbg und aus städtischem Besitz“ einen Blick auf die Entwicklung des Nürnberger Stadtbilds vom Fensterblick der Klassischen Moderne über abstrahierte Luftaufnahmen bis zu den Utopien heutiger Kunstschaffender.
Erst im 16. Jahrhundert wurde die konkrete Erfassung einer bestimmten Stadt zur Selbstverständlichkeit. Ein Jahrhundert später kam die bis heute in ihrer Verbindung von Ortsansicht und spezifischer Atmosphäre maßgebliche Vedutenmalerei auf, die die Stadt in die sie umgebende Landschaft einbettete und zugleich die Fernsicht auf die Stadt kanonisierte. Im 19. Jahrhundert wandte sich das Interesse schließlich dem urbanen Leben aus der Innensicht zu. Die Stadt als identifizierbares bauliches Gesamtensemble weicht nun Einzelansichten belebter Straßenzüge, neu entstandener Wohngebäude und frisch angelegter Grünanlagen. Erstmals steht nicht mehr die historische Überlieferung im Zentrum bildnerischen Schaffens. Die europaweit um sich greifenden Verstädterungsprozesse in Metropolen wie Paris, London oder Berlin bilden die Grundlage für die Entwicklung von Großstadtbildern, deren Inventar fortan die wesentlichen Charakteristika der Verstädterung zeigt.
Die Ausstellung „Urbane Zukunft“ fächert das Thema mit rund 50 Werken von 17 Künstlerinnen und Künstlern im Zeitraum 1928 bis heute auf und behandelt dabei die wesentlichen Aspekte Wohnen, Verkehr und Erholung. Ihr Schwerpunkt liegt in den 1950er-Jahren, als Künstler wie Oskar Koller (1925 – 2004) und Jakob Dietz (1889 – 1960) als Seismografen ihrer Zeit die Veränderungen vor ihrer Haustür sehr genau aufnahmen und die Verstädterungsprozesse festhielten. Zugespitzt werden die historischen Positionen, die man unter dem Titel „Heute ist morgen schon gestern“ zusammenfassen könnte, von zeitgenössischen Künstlerinnen und Künstlern, die sich den umfassenden Veränderungen seit der Jahrtausendwende widmen. Die Werkauswahl zeigt die Transformation des öffentlichen Raums zu unterschiedlich belegten Strukturen zwischen Figuration und Abstraktion, Innen und Außen, Fern- und Nahsicht.
Fotocredits:
Toni Burghart: Fränkische Schweiz, 1972, Foto © Annette Kradisch
Florian Tuercke, AudioBikes 3.0., 2012/18, Foto © Künstler