Die Aufmerksamkeit für Denkmale und ihre Pflege scheint immer mehr zuzunehmen. Zwar wird der Umgang mit Denkmalen regelmäßig kontrovers diskutiert, die öffentliche Wahrnehmung jedoch wächst – so hat man jedenfalls den Eindruck. Generell kann man in den vergangenen Jahren einen Trend zur Besinnung auf Vergangenes verzeichnen. Diese Entwicklung hat ganz unterschiedliche Ursachen. Die Welt ist groß – ebenso die Angst, sich in Zeiten wachsender Globalisierung in ihr zu verlieren. Was liegt da näher, als sich auf die eigene Geschichte zu besinnen. Diese Denkweise birgt Gefahren, ist man doch allzu sehr dazu verleitet, sich nur die Filetstücke aus der Vergangenheit zu picken und sie zu idealisieren. Das jedoch hat mit Denkmalpflege nichts zu tun. Als Zeugnis der Vergangenheit manifestiert sich Geschichte als Gedankengut auch in der Architektur, die uns immer wieder den Spiegel vorhält. Nur wer die Vergangenheit kennt, kann die Zukunft besser gestalten. So argumentiert der Denkmalpfleger und hofft, dass diese Erkenntnis auch bei der Bevölkerung Gehör findet. Eine zweite Ursache für den Umkehrtrend, um wieder zur anfänglichen These zurückzukehren, ist das Thema Nachhaltigkeit, das immer populärer wird. Das zu bewahren und zu kultivieren, was sowieso schon da ist, erscheint logisch, auch wenn diese Herangehensweise in geradezu eklatantem Widerspruch zu unserer Gesellschafts- und Wirtschaftsform steht.
All diese Ursachen beobachtend, ist es wohl aber auch die Denkmalpflege selbst bzw. sind es ihre Vertreter, die seit der Institutionalisierung ihres Fachs in den 1970er-Jahren zur öffentlichen Wahrnehmung der Denkmalpflege einen erheblichen Teil beigetragen haben. Nicht immer, aber doch sehr oft auch zum Positiven. Zum Imagegewinn trägt seit inzwischen 25 Jahren der von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz ins Leben gerufene Tag des offenen Denkmals bei, der sich nach der Idee des European Heritage Days (erstmals 1991) auch in Deutschland etablierte und den man sich zuverlässig am zweiten Sonntag im September im Jahreskalender anstreichen kann. Denn der ist seitdem für die Erkundung alter denkmalgeschützter Gebäude reserviert.
Am Tag des offenen Denkmals sind alle Nichtdenkmalpfleger deutschlandweit dazu eingeladen, einen Blick zu riskieren – in hanseatische Kaufmannshäuser, hölzerne Bockwindmühlen, Schlösser oder Gutshäuser. Zahlreiche private Denkmaleigentümer oder Vereine öffnen ihre Türen, hinter denen sich in aller Regel spannende Geschichten verbergen. Bereits im ersten Jahr beteiligten sich in Deutschland 1.200 Kommunen mit 3.500 Denkmalen. 2 Millionen Besucher konnten bundesweit gezählt werden. Im Jahr 2017 haben sich die Zahlen fast in jeder Hinsicht verdoppelt. Das Thema im Jubiläumsjahr 2018 lautet „Entdecken, was uns verbindet“ und bezieht sich damit explizit auf das Europäische Kulturerbejahr 2018. Das Motto will zeigen, wie Denkmale Brücken schlagen zwischen Baustilen, Regionen, Kulturen und Menschen. „Denn“, so der Veranstalter, „kein Denkmal steht allein: Die von den Erbauern verwendeten Baumaterialien, Techniken und Stile verbinden die verschiedenen Regionen und Gattungen […] Denkmale sind immer ein Spiegel ihrer Zeit – und damit auch der Offenheit einer Gesellschaft gegenüber neuen Einflüssen.“
Offene Türen in Bamberg
In Bamberg findet man zwar keine getreppten hanseatischen Backsteingiebel, dafür aber andere, von der UNESCO zum Welterbe erklärte herausragende Architektur. So öffnet z.B. das ehemalige Gerberhaus in der Unteren Sandstraße 2, das durch sein hochgeschossiges, aufwändig gestaltetes und filigranes Fachwerk sowie einen pittoresken Schopfwalm besticht, von 11-16 Uhr seine Pforten. Normalerweise für die Ferienvermietung genutzt, kommen sonst nur Urlauber in den Genuss, hier zu verweilen.
Ebenfalls im Weltkulturerbe, nur wenige Gassen vom Gerberhaus entfernt, befindet sich das Marschalk von Ostheimsche Haus, das ehemalige Stadtpalais einer Adelsfamilie, dessen sehenswertes Treppenhaus von Architekt Johann Dientzenhofer gestaltet wurde. Auch das Kuppelgemälde von Giovanni Francesco Marchini kann besichtigt werden. Führungen finden 14, 15 und 16 Uhr statt.
Die einzige zum Kulturerbe zählende Brücke über den Main-Donau-Kanal bzw. den rechten Regnitzarm ist die Kettenbrücke, vormals Seesbrücke. Sie bildet die direkte Verbindung von der Inselstadt hinein in die Gärtnerstadt und ist ein beliebter Treffpunkt und Flaniermeile zugleich. Viele verschiedene Brücken haben an dieser Stelle gestanden: von der mittelalterlichen Holzbrücke über eine steinerne Rokokobrücke, die leider kein sehr langes Leben hatte und bereits im 18. Jahrhundert von einem verheerenden Hochwasser mit Eisgang davongetragen wurde, bis hin zur Kettenbrücke aus dem 19. Jahrhundert, die jedoch der Korrosion zum Opfer fiel. Mehrere Brückenbauten später entstand in den Jahren 2009/10 die heutige Kettenbrücke. Am Tag des offenen Denkmals laden die Freunde des Weltkulturerbes Bamberg um 11, 12 und 13.30 Uhr zu Führungen rund um die Kettenbrücke und alten Handelswege ein. Treffpunkt ist natürlich die Kettenbrücke.
Die Ankündigung einer Führung zu den sogenannten Kronfußbauten in Bamberg jeweils um 9:30 und 16 Uhr verheißt einen informativen Spaziergang mit Prof. Dr. Wilfried Krings vom Historischen Verein Bamberg. Bei den Bauten des ungarnstämmigen Architekten Johannes Kronfuß (1872-1944) handelt es sich um Geschäfts- und Wohnhäuser, den ehemaligen Saalbau eines Gasthauses, ein Warenhaus für die Familie Hermann Tietz sowie die vor 80 Jahren von den Nationalsozialisten zerstörte Neue Synagoge. In den vorzustellenden Bauten, die allerdings nur von außen besichtigt werden, verbinden sich allgemeine Stiltendenzen des ersten Jahrzehnts des 20. Jahrhunderts mit dem Bemühen um die Fortführung lokaler Ausprägungen.
Außerhalb des Welterbes, aber immer noch innerhalb der sogenannten Pufferzone befindet sich die Erlöserkirche, die als erste Neubau einer evangelischen Kirche in Bamberg 1926-34 in Form eines Dekagons mit Vorhalle und freistehendem Campanile errichtet wurde. Führungen finden jeweils im Zweistundentakt 11.30, 13.30 und 15.30 statt. Des Weiteren können der Musikpavillon im Hain (11.30-18 Uhr, Führung: 15 Uhr) und die Freimaurerloge in der Franz-Ludwig-Straße 16 besichtigt werden (10-18 Uhr, Führungen halbstündlich nach Bedarf). Hier erhält man Einblicke in die Büroräume der Werbeagentur Medienreaktor im ersten und zweiten Obergeschoss sowie Informationen über die Geschichte der Freimaurer und des Hauses durch die Mitglieder der Bamberger Loge.
Noch mehr geöffnete Denkmale in Franken
Natürlich haben sich auch zahlreiche weitere Städte und Landkreise Frankens für den Tag des offenen Denkmals gewappnet. So sind im Landkreis Bamberg z.B. die Katholische Pfarrkirche St. Oswald in Baunach und die frühbarocke Wallfahrtskapelle St. Georg in Gunzendorf bei Buttenheim am Senftenberg ab 10 Uhr bis zum späten Nachmittag geöffnet.
Ein traditionelles Fränkisches Wohnstallhaus gibt es in Eggolsheim/Unterstürmig im Landkreis Forchheim zu entdecken. Es verfügt über einen Fachwerk-Wohnteil und einen massiv gemauerten Stallteil. Seit dem Erwerb wird das Haus in Eigenleistung saniert. Zu Beginn wurde es entkernt und anschließend denkmalgerecht und ökologisch restauriert.
Wer sich hingegen mehr für das Industriezeitalter und die Errungenschaften des frühen 20. Jahrhundert erwärmen kann, dem sei ein Besuch im historischen Getreidespeicher in Gößweinstein/Behringersmühle ans Herz gelegt. Der Speicher aus dem Jahr 1938 demonstriert die vollständig erhaltene Technik zur Verteilung des Getreides in verschiedene Kammern für die Lagerung im Dachgeschoss. Er belegt die Bedeutung des Bahnhofes Behringersmühle für die Landwirtschaft der Fränkischen Schweiz.
In Nürnberg lädt die Christuskirche mit ihren einzigartigen Meistermannfenstern – ein Förderprojekt der Deutschen Stiftung Denkmalschutz – von 9.30 – 14.30 Uhr zu Kaffee und Kuchen ein. Interessant dürften auch die um 13, 14 und 15 Uhr angebotenen Führungen durch das Katholische Pfarrhaus der Frauenkirche sein, die über die wechselvolle Architektur- und Nutzungsgeschichte des Gebäudes informieren. Die Untere Denkmalschutzbehörde Nürnberg bietet nach Bedarf Führungen durch die Hochschule für Musik und über die Grabungsfläche Boxdorf an. Hier findet aktuell eine Ausgrabung von bronzezeitlichen und keltischen Siedlungsgebieten im Rahmen der Baulandausweisung statt (festes Schuhwerk wir empfohlen).
Einblicke in Thüringen
In der Landeshauptstadt Erfurt kann neben zahlreichen sakralen Gebäuden (Lutherkirche, Predigerkirche und Predigerkloster sowie -turm, Paulsturm, Cyriakkapelle in der Brühlervorstadt u.v.m.) am Tag des offenen Denkmals auch ein Blick in das Stasi-Unterlagen-Archiv geworfen werden. Hier finden stündlich Führungen durch die Mitarbeiter des Archivs statt. Die letzte Führung ist um 17 Uhr. Das Archiv verwahrt auf 4,5 Regalkilometern Akten etwa 1,7 Millionen Karteikarten, zahlreiche Fotos, Filme, Dias und ca. 250 Säcke Material, das die Stasi zu vernichten versuchte. Zwei Vorträge um 14 und 16 Uhr runden das Programm ab. Zudem gibt es im Haus verschiedene Ausstellung und man kann sich zum Thema Akteneinsicht und Antragstellung beraten lassen.
In der Klassikerstadt Weimar können nach aktuellem Stand das Hauptgebäude der renommierten Bauhaus-Universität (Führungen um 11 und 14 Uhr), das Museum für Ur- und Frühgeschichte Thüringens sowie die Brauerei Ehringsdorf besichtigt werden.
Bei Jena sollte man die Gelegenheit beim Schopfe packen und sich die 2007 durch den Orkan Kyrill zerstörte und nach historischem Vorbild wiedererrichtete Bockwindmühle Krippendorf der gleichnamigen Gemeinde anschauen, die sonst nur auf Anfrage jeden zweiten Sonntag geöffnet hat. Ebenfalls sehenswert ist der Saalbahnhof/Kulturbahnof in Jena Nord, der heute in privater Hand ist und für verschiedene Kulturveranstaltungen genutzt wird.
Weiterführende Informationen
Bei rund 2.500 Städten und Kommunen bundesweit, die sich jährlich am Tag des offenen Denkmals beteiligen und engagieren, ist es uns nicht möglich, alle Denkmale zu erwähnen oder gar vorzustellen. Zahlreiche weitere Landkreise, Gemeinden und Städte in Franken, der Oberpfalz und Thüringen, welche hier nicht aufgeführt sind, freuen sich am 9. September über zahlreiches Erscheinen. Alle Informationen und Städte- sowie Landkreis-Listen mit den zu besichtigenden Denkmalen finden Sie ab August unter www.tag-des-offenen-denkmals.de.
Fotocredits:
Bockwindmühle Krippendorf, Foto © pixabay.com
Buttenheim, Wallfahrtskapelle St. Georg, Foto © Karl Sanner