
Es gibt in Süddeutschland keine zweite Stadt mit einer solch reichen jüdischen Geschichte wie Fürth. Insofern wundert es nicht, dass die 58. Ausgabe der traditionsreichen Fürther Kirchenmusiktage diese bemerkenswerte Vergangenheit im Rahmen des Jubiläums „321 – 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“ zum Anlass nimmt, den jüdischen Beitrag zur deutschen Musikgeschichte zu fokussieren. So vertraut das über Jahrhunderte war, so fremd ist es durch die Katastrophe der Schoah geworden. Besser als durch das Motto „Fremde Vertraute“ könnte man diese kulturelle Unterbrechung, an deren Überwindung zu arbeiten ist, kaum kennzeichnen.
Beim Fürther Festival werden international geprägte Klänge zu hören, interkulturelle Dialoge zu führen und musikalische Entdeckungen zu erleben sein. Klingende biographische Portraits bilden einen besonderen Akzent im Festivalprogramm. Sie gelten u.a. dem in Fürth geborenen Komponisten Jakob Schönberg, der Pop-Legende (mit fränkischen Wurzeln) Billy Joel und der Komponistin Fanny Mendelssohn. Deren erst kürzlich entdecktes unbekanntes Werk „Einleitung zu lebenden Bildern“ stellt Sirka Schwartz-Uppendieck in ihrem Konzert mit dem Titel „jüdisch.deutsch.romantisch“ vor. Ingeborg Schilffahrt bezieht unter dem Motto „Lieder vom Vertrauen“ sogar Musik aus dem muslimischen Kulturkreis mit ein.
Traditionell besitzen die Fürther Kirchenmusiktage auch einen Orgelschwerpunkt. Heuer wird der u.a. von Andreas König mit einem Solokonzert zum Thema „Verwandlungen“ und von Martin Sturm bestritten, der bei seinem Auftritt Beispiele für seine preisgekrönte Improvisationskunst gibt. Auch multimediale Orgelkonzerte wird es geben. Dieter Neuhof bietet ein „Concerto illuminato“ mit Lichtshow an, während das orientalische Märchen „Liór und der König“ für Kinder und Familien gedacht ist. Die Kooperation mit dem Jüdischen Museum ermöglicht es, eine Schatztruhe jüdischer Barockmusik aus Norditalien zu öffnen. Der musikalische Bogen spannt sich von Salomone Rossi bis Cristiano Giuseppe Lidarti.
Start des Festivals ist am 13. November mit einer Fürth-Erkundung ausgehend vom Geburtshaus Jakob Schönbergs. Zum Finale der 58. Fürther Kirchenmusiktage am 4. Dezember stehen berühmte biblische Frauengestalten im Fokus. In einem Komponistinnenportrait bekommen Maria Magdalena, Rahel, Judith und Hagar eine Stimme, die sie in neuer Perspektive erscheinen lässt.