Titelthema

Es ist nicht alles Gold, was glänzt.

Neue Museumsdirektorin steht vor großen Herausforderungen

veröffentlicht am 29.11.2022 | Lesezeit: ca. 21 Min. | von Ludwig Märthesheimer

Das Historische Museum in der Alten Hofhaltung Bamberg

Das Historische Museum in der Alten Hofhaltung Bamberg, Foto © Museen der Stadt Bamberg, Foto Silke Heimerl

Die Situation der Bamberger Museen kann man seit Jahren getrost als „schwierig“ bezeichnen. Veraltete Strukturen, hoher Investitionsstau, geringe finanzielle Ausstattung, nichts, was sich eine neue Museumsdirektorin vielleicht für Ihre erste, wirkliche Leitungsposition wünschen würde. Und trotzdem hat es Dr. Kristin Knebel gewagt und sich auf die Nachfolge von Dr. Regina Hanemann, die Ende des Jahres 2021 offiziell in den Ruhestand verabschiedet wurde, beworben.
Seit 1. Januar 2022 ist Dr. Kristin Knebel, nach erfolgreichem Abschluß des Auswahlverfahrens, neue Museumsdirektorin in Bamberg und wird schon mit den harten, oberfränkischen Realitäten konfrontiert. Nachdem in den Haushaltsansätzen für 2023 von verschiedenen Seiten teils erheblicher finanzieller Mehrbedarf angemeldet wurde, schien die Zeit reif für ein erstes Interview. Wir trafen Frau Dr. Knebel in Ihrem Büro im alten Rathaus in Bamberg.

Frau Dr. Knebel, seit 1. Januar dieses Jahres sind Sie nun für die Museen der Stadt Bamberg verantwortlich. Sind Sie schon in Bamberg angekommen, sowohl beruflich als auch privat?

KK: Ja, ziemlich gut. Ich habe viel zu tun und ein großes Programm für die nächsten Jahre vor mir, da kommt man ziemlich schnell rein. Und Bamberg als Stadt ist einfach schön, angenehm.

Wie haben Sie denn damals davon erfahren, dass Bamberg eine Nachfolge für Frau Dr. Hanemann sucht und was war der Grund, warum Sie sich beworben haben? In Weimar lässt sich‘s bestimmt auch gut arbeiten.

KK: Das stimmt. Also erfahren habe ich davon über die üblichen Stellenanzeigen beim Museumsbund. Da informiert man sich einfach regelmäßig, welche Posten wieder getauscht / umbesetzt werden. Ich war damals in der Situation, dass mein langjähriger Chef, dessen Stellvertreterin ich war, der Generaldirektor der Museen, in den Ruhestand gegangen ist und ich mich dann einfach entscheiden musste: Möchte ich selbst ein Haus übernehmen, oder eben weiter im mittleren Management bleiben. Es war für mich der richtige Zeitpunkt, sich auf eine Direktorenstelle zu bewerben.

Die Nachfolge in Weimar stand für Sie nicht zur Debatte?

KK: Da hätte es auch keine Hausberufung gegeben. Aber sie stand für mich auch nicht zur Debatte. Weil einfach jemand neues, mit einem neuen Blick, mehr bewegen kann.

So ähnlich wie hier. Waren Sie denn vor Ihrer Bewerbung mal in Bamberg und haben sich die Häuser angeschaut? Sich einen Überblick verschafft?

KK: Ja, erstens war ich natürlich privat vorher schon mal da, ein paar Mal. Aber ich bin in Vorbereitung der Bewerbung natürlich auch hierhergefahren und hab mir insbesondere das historische Museum, was ja sehr groß ist, sehr genau angeschaut.

Die Anzahl der Bewerber war ja relativ hoch, über 40 waren es glaube ich? Hat man Ihnen gesagt, warum man sich für Sie entschieden hat? Mussten Sie ein Konzept vorlegen?

KK: Ja, natürlich. Ich habe ein 20-minütiges Referat gehalten, habe ein Konzept vorgestellt.

Geht das? Kann man das fachlich begründet machen, wenn man die Häuser gar nicht kennt? Schließlich findet ja alles noch im Vorfeld statt.

KK: Ja, man kann es machen. Das ist natürlich kein fertiges Konzept, was man dann eins zu eins so umsetzen kann. Aber man kann die Herangehensweise der Bewerber und deren Blick auf die Dinge da ganz gut abfragen. Ich habe versucht deutlich zu machen, dass es nicht nur um die Umgestaltung der Häuser geht, sondern dass wir ein strategisches Programm brauchen. Möglicherweise hat das die Jury überzeugt, ich weiß es nicht.

Ist Ihnen bei den Gesprächen ein Eindruck über die Bamberger Museumslandschaft, die Inhalte und was Sie so vorfinden werden, vermittelt worden? Und wenn ja: nach ein wenig mehr als zehn Monaten – wie dicht sind Wirklichkeit/Eindruck und das, was man Ihnen vermittelt hat, beieinander, oder unterscheidet sich das?

KK: Zum einen ist es ja die Aufgabe des Bewerbers, sich zu informieren und sich einen Überblick zu verschaffen. Das gehört eigentlich mit dazu, damit zeigt man auch seine Qualifikationen. Aber klar, manche Dinge standen in der Ausschreibung, das wurde dann in den Gesprächen kurz erläutert und ich habe direkt nach der Berufung sozusagen auch mit Frau Siebenhaar mehrere Gespräche gehabt, die wirklich sehr instruktiv waren und wo sie mir schon ein gutes Bild vermittelt hat. Wenn man dann noch näher reinschaut, dann sieht man natürlich noch andere Dinge.

In einem anderen Interview haben Sie mal von einem Masterplan gesprochen, da hatten Sie ja anscheinend eine gewisse Vorstellung wie Sie das hier alles entwickeln wollen.: Wie dicht sind Sie da noch dran oder haben Sie da schon Abstriche machen müssen?

KK: Also von Abstrichen würde ich nicht reden, es sind noch etliche Variablen drin und mit je mehr Leuten man spricht, desto mehr Perspektiven sind zu berücksichtigen. Und im Moment ist der Plan so, dass wir das Ende Januar/Anfang Februar in die Kulturkommission geben wollen, um mit ihr zu diskutieren. Und wenn die das idealerweise gut findet, geht das im Frühjahr dann in den Kultursenat und in den Stadtrat, also März oder April. Das ist im Moment die Planung.

Wie lang oder mittelfristig ist Ihre Planung? Wie weit geht sie in die Zukunft?

KK: 10-15 Jahre müssen wir planen im Voraus. Das ist keine Detailplanung, das ist ein strategischer Masterplan, in dem die Projekte aber natürlich schon beschrieben sind.

Nun sind die Museen in Bamberg ja in kommunaler Hand, was die Finanzierung auch schon mal schwierig machen kann. Da ist es in Bamberg genauso, wie an anderen Orten auch. Nur müssen Sie auch noch, wenn es um mehr Bedarf geht, über den wir ja später vielleicht noch sprechen werden, gegen so kulturelle Leuchtturmprojekte, wie das ETA Hoffmann Theater oder auch die Bamberger Symphoniker ankämpfen. Macht das die Sache nicht recht schwierig?

KK: Also mit den Symphonikern konkurriere ich nicht um Mittel. Und „gegen“ andere kulturelle Projekte würde ich auch nicht sagen. Wir haben im Kulturreferat verschiedene Ämter und wir arbeiten zusammen, nicht gegeneinander. Aber die Bedürfnisse jedes Fachbereichs, so würde es ich mal nennen, sind natürlich sehr unterschiedlich. Bei den Museen ist die Problematik, dass in den letzten Jahren zu wenig investiert wurde. Ganz einfach: wenn Sie ein Haus haben und Sie machen nie was daran, kümmern sich nicht, dass die Fenster gestrichen werden und so weiter, dann haben Sie in 20 Jahren eine große Baustelle und eine große Investition. Und an dem Punkt sind wir jetzt eigentlich bei den Museen. So würde ich es vielleicht beschreiben.

Ein Investitionsstau sozusagen?

KK: Gutes Wort, ja.

Ist das auch ein Argument, dass Sie bei den Verhandlungen über den Etat ins Feld führen?

KK: Es sind zwei verschiedene Paar Schuhe: das eine ist das normale Budget, mit dem ich das Jahresprogramm, den laufenden Betrieb, die laufenden Ausstellungen mache und das andere sind Investitionen. Und über diese notwendigen Investitionen, noch nicht mit konkreten Zahlen, haben wir natürlich schon Vorgespräche geführt, auch mit dem Finanzreferat. Und da habe ich im Moment sehr viel Verständnis und eine große Unterstützung gespürt. Die konkreten Zahlen sind natürlich zu ermitteln, das wird alles nicht ohne Fördermittel zu machen sein, das ist aber ja auch das übliche Verfahren bei solchen Großinvestitionen.

Dann können wir ja mal in die Haushaltszahlen einsteigen. Also in dem Haushaltsantrag im Juli wurde ein Mehrbetrag im Verwaltungshaushalt von ungefähr 426.000 Euro für die Bamberger Museen eingestellt. Davon allein 178.000 Euro Erhöhung bei den Personalkosten und 172.000 Euro bei den übrigen Sachkosten, in dem Antrag leider noch nicht detaillierter aufgeführt. Worauf ist der Mehrbedarf zurückzuführen?

KK: Diese Zahlen haben wir im Kultursenat vorgelegt, das war unser Antrag. Wir haben den Bedarf ermittelt für das nächste Jahr und dann läuft es durch das normale Verfahren. Das Finanzreferat kriegt natürlich von überall Anträge und schaut dann, was überhaupt möglich ist. Dann werden Vorschläge gemacht, es wird verhandelt und dann geht das in die Gremien. Also worauf geht der Mehrbedarf zurück. Leider größtenteils nur auf objektive Kostensteigerungen. Ich sage größtenteils, denn der Mindestlohn steigt auf 12 Euro, das macht bei uns schon sehr viel aus, weil wir unsere Aufsichtskräfte über eine GmbH betreiben und das ist schon ein sehr großer Betrag, der nur auf die Steigerung des Mindestlohns zurückgeht. Die Personalkosten werden steigen, weil wir Tariferhöhungen erwarten. Und natürlich die damals schon zu erwartende Erhöhung der Energiekosten. Und noch weitere Nebenkosten, wir zahlen zum Beispiel Miete für unser Depot. Die Miete wurde eklatant erhöht. Solche Dinge fallen da mit rein. Wir sprechen hier von ca. 90 % fixen Kosten. Also Personal,- Betriebs- und Energiekosten. Das heißt die Mittel, um wirklich Museumsarbeit kreativ zu betreiben, sind eher gering. Und dann habe ich noch Mittel für ein Marketingkonzept beantragt, weil ich der Meinung bin, wir werden es nicht schaffen, die Einnahmen und/oder Besucherzahlen zu erhöhen, wenn wir nicht professionelles Marketing betreiben, das war mir ganz wichtig. Und ich habe auch etwas mehr Geld beantragt für Ausstellungen, allerdings sehr moderat, weil ich das meiste als Fördermittel einwerbe, um Ausstellungen zu machen, die auf dem Niveau von 2022 oder 2023 sind und auch wirklich attraktiv für die Besucherinnen und Besucher. Das kann man natürlich mit einem low-level Etat, wie das die Frau Dr. Hanemann wohl hatte, kaum realisieren. Da kann man wirklich nur basteln. Aber wir wollen nicht basteln, sondern wir wollen professionelle und attraktive Ausstellungen machen.

Die erste Kostensteigerung, über die wir gesprochen haben, sind folglich Mehrkosten, ohne dass damit auch mehr passiert?

KK: Also fast, nicht 100 %.

Status Quo nur teurer?

KK: Es ist der Status Quo mit einigen wichtigen Dingen zum Beispiel attraktiveren Ausstellungen und verbessertem Marketing, die ich mit reingenommen habe. Und wir haben natürlich im Hintergrund noch, deshalb sprach ich von der Trennung von normalem Budget und Investitionen, Großprojekte, wo wir jetzt schon anfangen mit Vorkosten und so weiter, das sind aber Investitionskosten.

Im gleichen Antrag, aber im Vermögenshaushalt, werden auch nochmal Mehrkosten in Höhe von 400.000 Euro beantragt (gegenüber dem Haushaltsansatz von 2022), unter anderem 100.000 Euro für den Brandschutz im BayWa-Speicher (Depot der städtischen Kunstsammlung). In diesem Antrag taucht auch ein neuer Posten auf „Vorprojekt Michaelsberg“, immerhin mit 80.000 Euro beziffert. Wird denn auf dem Michaelsberg ein neues Museum geplant. Für was werden die 80.000 Euro geplant? Für eine Machbarkeitsstudie oder irgendetwas anderes?

KK: Nein. Diese 80.000 Euro sind Gelder für eine Personalstelle, um überhaupt zu prüfen und ein Konzept zu machen, ob ein Museum auf dem Michaelsberg sinnvoll ist, wie es zusammenhängt mit dem Historischen Museum und unseren anderen Museen. Da muss sich jemand intensiv mit den Beständen beschäftigen und anschließend ein grobes Konzept erarbeiten. Da haben wir jetzt allerdings schon wieder einen anderen Verhandlungsstand. Wir haben uns geeinigt, zwei Projekte zu halbieren. Man macht ja nicht Konzepte aus der hohlen Hand, sondern das ist eine intensive Arbeit und wissenschaftliche Arbeit. Und wir haben mehrere Bauprojekte am Laufen: das Hoffmannhaus, das alte Rathaus wird auch kommen. Wir müssen uns um das historische Museum kümmern und dafür braucht man einfach qualifizierte Menschen. Ich habe 0,8 Wissenschaftler in diesem Haus – das ist meine Kollegin Frau Schurr – und dann zwei Volontäre, die nach 2 Jahren das Museum wieder verlassen. Deshalb braucht man für solche großen Projekte Geld für zusätzliches Personal.

Wäre dieses neue Museum, wenn es denn kommen würde, inhaltlich ein völlig neues Thema, oder wäre das eine Übertragung aus dem Historischen Museum und/oder hier aus der Sammlung Ludwig?

KK: Das wäre sicherlich eine Veränderung von beiden Museen, die letztlich korrespondierend und eventuell auch touristisch miteinander verbunden zu denken wären. Das auf jeden Fall. Die Sammlung Ludwig betrifft das vermutlich nicht. Wir gehen allerdings ergebnisoffen ran. Aber natürlich müssen wir darauf schauen, wie wir unsere Bestände sinnvoller sortieren können. Wir sind im Moment auch im Gespräch mit den Staatsgemäldesammlungen und der Neuen Residenz, die ebenfalls Veränderungen planen. Und wenn man das alles gemeinsam betrachtet, dann wird ein Schuh draus.

Also nichts Neues?

KK: Natürlich etwas Neues. Aber wie es genau aussehen könnte, das kann ich noch nicht sagen. Da lass ich mich aber auch nicht festnageln, denn genau dazu brauch ich eine intensive und solide Vorarbeit.

Das ETA Hoffmann Haus wird in diesem Sachvortrag nicht erwähnt, taucht aber als finanzielle Anforderung im Vermögenshaushalt auf, nämlich mit 40.000 Euro.

KK: Das ist richtig, weil das Haus jetzt geschlossen wird und die laufenden Kosten einfach nicht anfallen im nächsten Jahr, aber wir jetzt dabei sind die Neugestaltung zu planen. Und das sind die Investitionskosten, die in dem Fall beantragt sind für die Ausstellungsgestaltung. Es wird ein Büro in einem Verfahren gesucht werden, das die Ausstellungsgestaltung gemeinsam mit uns entwickelt und dafür sind diese Vorkosten beantragt.

Für die Planungsarbeiten dieses Büros. Wird das dann eine Dauerausstellung?

KK: Ja.

Gibt es darüber hinausgehende Planungen für das ETA Hoffmann Haus? Rein marketingtechnisch spielt das ETA Hoffmann Haus in Bamberg eher eine untergeordnete Rolle. Durch das diesjährige Jubiläum ist es zwar ein wenig mehr in den Mittelpunkt gerückt, aber normalerweise eher etwas für kulturelle Insider. Ist geplant, das ein bisschen mehr in den Vordergrund zu rücken?

KK: Es wird ein Gesamtkonzept geben. Zum einen eine Generalsanierung und zum anderen werden die Ausstellung, ein Vermittlungskonzept, und das Haus ein Marketingkonzept und ein Betriebskonzept bekommen. Es ist das einzige Museum für ETA Hoffmann bundesweit, es ist also ein Haus von nationaler Bedeutung, so gehen wir zumindest ran. Das muss sich natürlich im Haus widerspiegeln. Was uns ganz wichtig ist, ist eine kontinuierliche Vermittlungsarbeit, also sprich, wirklich auch Programme mit Menschen, die da was tun. Wir stellen nicht nur eine Ausstellung hin und schließen die Türen auf und zu, weil es kein Museum ist. Wir wollen dort eine ambitionierte Bildungsarbeit machen, das ist Teil des Konzepts. Und dazu gehört natürlich auch Marketing. Jedes Museum braucht ein professionelles Marketing, das in Bamberg leider noch ein bisschen weiterentwickelt werden muss. Der Grund hierfür liegt auch in der bisherigen, finanziellen Ausstattung der Museen. Deshalb möchte ich ja auch dieses Marketingkonzept machen, einfach um ein vernünftiges Corporate Design zu haben und einen Wiedererkennungseffekt, eine bessere Webseite und eine Idee von unserem „Markenkern“.

Im Vermögenshaushalt tauchen auch Kosten für den „Ankauf zeitgenössischer Kunst“ auf. Wie auch in den Vorjahren mit einem verschwindend geringen Betrag, 2.000 Euro im Haushaltsjahr 2023. Dieser Betrag ist so klein, der lässt mit Sicherheit gar keine Vision für den Aufbau einer Sammlung zeitgenössischer Kunst in Bamberg zu. Heißt das, dass zeitgenössische Kunst in Bamberg auch zukünftig, eher ein untergeordnetes Thema sein wird? Oder gibt es ein Konzept von Ihnen, dahingehend, dass man gerade in dem Bereich vielleicht ein bisschen stärker in Bamberg nach vorne bringt?

KK: Nein, das heißt es nicht, auch wenn wir so gut wie nichts ankaufen. Das ist einfach ein Posten, der im Vermögenshaushalt immer mitgeführt wird. Weder zeitgenössische Kunst, noch alte Kunst werden im Moment angekauft, da wir einen Sammlungsstopp haben. Und den haben wir, weil alle unsere Räume überfüllt sind und man nicht einfach weiter drauf loskaufen kann. Was natürlich nicht bedeutet, dass wir uns nicht mit zeitgenössischer Kunst beschäftigen, natürlich jetzt vor allem im Wege von Ausstellungen. Es wird sicher so sein, dass wir ein Museum sind, was keine große Sammlung von zeitgenössischer Kunst aufbauen kann. Das ist einfach nicht unser Sammlungsprofil. Wir werden einzelne herausragende Stücke mal ankaufen, wenn wir so weit sind, dass wir auch ein Konzept haben. Aber da gibt es große Museen, die das kompetent leisten können, das kann so eine kleine Stadt wie Bamberg mit ihren städtischen Museen nur sehr begrenzt.

Was bedeutet das beispielsweise für das Kesselhaus, oder die Villa Dessauer, wenn Sie sich rein auf Ausstellungen beschränken? Auch beim Kesselhaus gab es ja schon viel weitergehende Planungen hinsichtlich des Ausbaus eines Kulturzentrums, Verlagerung des Kulturamtes dorthin?

KK: Das habe ich damit nicht in Frage gestellt. Ich habe nur über zeitgenössische Kunst gesprochen. Und da habe ich gesagt, die Museen werden nicht viel ankaufen, gegebenenfalls einzelne Stücke, wenn wir es können. Und beim Kesselhaus gibt es die Machbarkeitsstudie, die wird jetzt klären, was baulich und finanziell möglich ist. Was die Stadt auch betreiben kann. Da wird sicherlich eine Entscheidung rauskommen, ob das sinnvoll oder nicht sinnvoll ist.

Haben Sie da Einfluss drauf? Sind Sie da eingebunden?

KK: Ich tausche mich mit den Kollegen aus, aber es ist nicht mein Projekt.

Wenn wir schon über Zukunft reden: Wie sind da Ihre Pläne mit dem Historischen Museum und der Sammlung Ludwig? Würden Sie uns da schon einen kleinen Einblick verschaffen, auch vor der Bekanntgabe im Januar?

KK: Die Sammlung Ludwig ist eine herausragende Sammlung, sie hat Weltniveau, das muss man einfach so sagen. Das Problem ist, dass sie im Moment nicht mehr so präsentiert ist, dass sie die Besucher anlockt, weil sie einfach von den ausstellungstechnischen und gestalterischen Möglichkeiten zurückbleibt und im Moment hauptsächlich ein Fachpublikum anspricht. Das ist auch immer noch begeistert, aber das reicht natürlich nicht.
Meines Erachtens wäre es gut, die Sammlung im Alten Rathaus zu behalten, aber völlig neu aufzuziehen, ob man dann wirklich alle Räume nutze, das sind Fragen die ganz am Anfang stehen, aber über die wir uns Gedanken machen werden. Wir werden die Sammlung Ludwig jetzt schon einmal umbauen, da wir im nächsten Jahr mit der Ausstellung „Fakefood!“,ein wirklich innovatives Projekt im Haus präsentieren können. Wir werden unter anderem mit virtueller Realität, aber auch einem ambitionierten Bildungsprogramm arbeiten. Da wollen wir zeigen, was mit so einer Ausstellung möglich ist. Danach werden wir sie einpacken und in ein professionelles Kunstlager bringen, damit dieser Bau vorbereitet werden kann. Momentan versuchen wir zu eruieren, wo wir Teile der Sammlung als Wanderausstellung weiter präsentieren können. Auch in ganz anderen Regionen. Es gibt mehr als 20 „Ludwigmuseen“ auf der Welt und in diese Richtung könnte man zum Beispiel denken, vielleicht sogar ans Ausland.

Und das historische Museum?

KK: Das ist jetzt eine Veränderung zu dem, was ich damals vorgestellt hatte, in der Berufungskommission: Ich bin zu der Erkenntnis gekommen, dass es eigentlich noch 8-10 Jahre offenbleiben muss, weil wir ja sonst nur Baustellen haben. Erstens können wir nicht alles gleichzeitig machen, zweitens möchte ich ja auch, dass ein Museum geöffnet hat. Die Villa Dessauer zählt da nicht, weil sie nur sporadisch zu Sonderausstellungen geöffnet ist. Und insofern kommt jetzt beim historischen Museum eine sanfte, etappenweise vorgenommene Umgestaltung in Frage, aber nicht eine Generalschließung und Großsanierung. Es ist ja auch noch zu bedenken, dass es nicht unser eigenes Objekt ist, sondern ein Objekt der Bayerischen Schlösserverwaltung. Natürlich haben wir auch Ideen, was wir auch in den nächsten drei/vier Jahren umsetzen wollen. Das eine sind Ausstellungen: Da werden wir 2024 mit einer Ausstellung zum Todesjahr von Heinrich II. nochmal einen wichtigen Akzent setzen, wo wir jetzt gerade über das Konzept nachdenken. Und im Zuge dieser Ausstellung wollen wir auch schon mal Dinge ausprobieren. Ein wichtiger Punkt wird sein, dass wir das Gebäude als solches wieder ernster nehmen, wieder stärker in den Fokus rücken und das Thema Kaiserpfalz und Bischofssitz eigentlich stärker wieder erschließen wollen, auch mit den Gemäuern. Man kann heutzutage mit den technischen Möglichkeiten wirklich was Spannendes für die Touristen machen.

In Ihren Planungen, die Sie im Januar vorstellen, wird da die Elisabethkirche eine gewisse Rolle spielen?

KK: Nein, ich denke nicht, weil die Kirche nicht zu den Museen der Stadt Bamberg gehört. Wir haben im Moment einfach nur die Aufgabe, weil wir diese Museumsservice – GmbH haben, wo unsere Aufsichts- und Kassenkräfte organisiert sind, die Öffnung der Kirche zu realisieren. Aber im Moment gehört es nicht in meinen Fachbereich.

Wäre das nicht sinnvoll? Die Kirche wurden durch die sogenannten Lüpertz-Fenster so aufgewertet, dass schon musealer Sachverstand gefragt ist.

KK: Ob das sinnvoll wäre? Wenn ich mehr Personal und mehr Mittel hätte, könnte ich sagen, das ist sinnvoll. Aber solange wir uns in einem gewissen Rahmen bewegen, muss ich schauen, was kann ich übernehmen, was nicht.

Von der Kosten- zu der Erlösseite: Ihrer Mittelplanung: Es gibt einen Ansatz, dass Sie die Preise ganz moderat erhöhen wollen, um mehr Erlös durch die Eintrittspreise zu erreichen, gleichzeitig sollen einige Ermäßigungen reduziert werden beziehungsweise ganz auslaufen. Sehen Sie diesbezüglich hoffnungsfroh in die Zukunft? Touristiker gehen ja davon aus, dass der Städtetourismus leicht zurückgehen wird, auch in der Nachcoronazeit. Wenn sich viele Besucher der Bamberger Museen aus diesem Touristenpool generieren, ist dann nicht zu erwarten, dass es künftig deutlich weniger Besucher geben wird?

KK: In diesem Jahr haben wir einen Anstieg der Besucherzahlen im Vergleich zum Vorcoronajahr 2019, also scheint die touristische Entwicklung eigentlich zu boomen. Insofern würde ich nicht so eine düstere Prognose abgeben. Und wir haben ja wirklich extrem viel Luft nach oben, man kann in diesem Haus viel höhere Besucherzahlen erzielen u.a. durch Marketing. Wir haben jetzt einen Flyer in allen Hotels, selbst so eine Mini-Maßnahme bringt uns schon steigende Besucherzahlen. Natürlich erhöht man nicht gerne die Preise, aber wir haben enorm gestiegene Kosten und im Vergleich zu anderen Museen bundesweit sind unsere Eintrittspreise durchaus moderat. Mit den von uns veranschlagten 8 Euro haben wir einen guten Kompromiss gefunden. Für Kinder und Jugendliche haben wir den Eintritt komplett freigestellt, das finde ich eine ganz wichtige Maßnahme, um diesen jungen Menschen einfach die Möglichkeit zu geben ein Museum zu besuchen. Das scheint mir ein wichtiges Signal zu sein. Diese moderaten Erhöhungen werden uns natürlich keine hohen Summen auf der Einnahmenseite bescheren, aber helfen das Haus auch weiter so zu betreiben. Und wir werden weiter auch ein kostenfreies Angebot machen, in welchem Rhythmus genau, müssen wir noch klären.

Fühlen Sie sich mit Ihrem Team gut aufgestellt?

KK: Ich habe ein großartiges Team, in dem man gut und kreativ arbeiten kann. Das ist Punkt eins. Aber ich habe ein zu kleines Team. Das wusste auch Frau Hanemann und deshalb ist das auch immer wieder Thema gewesen. Wir brauchen zum Beispiel demnächst eine Stelle für Museumspädagogik. Sowas habe ich überhaupt noch nie erlebt in einer Stadt dieser Größenordnung, dass es keine Stelle gibt für Museumspädagogik. Wir haben eine engagierte Volontärin, die hier eine sehr gute Bildungsarbeit aufbaut, wir haben derzeit fast jeden Tag mindestens eine Schulklasse im Museum. Das ist ein Quantensprung, was die junge Frau geschafft hat. Aber das müssen wir verstetigen und auch an anderen grundsätzlichen Punkten der musealen Infrastruktur ist unser Team einfach zu klein.

Frau Dr. Knebel, wir danken Ihnen ganz herzlich für dieses offene Interview und wünschen Ihnen für Ihre Aufgabe gutes Gelingen.

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