Eine stattliche Anzahl hochkarätiger Termine präsentiert das Erlanger E-Werk rund um den Jahreswechsel. Es wird geklotzt statt gekleckert. Die Herzen von (vor allem) Indie- und Rockfans dürften bei so einigen Klicks auf der Homepage des Kulturzentrums die ein oder andere Extra-Systole schlagen.
Schon am 2. Dezember nimmt dieser Reigen seinen Anfang. Mit „The air we breathe“ gastieren vier lokale Musiker in der Unistadt um sich mit melancholischem, aber doch energiegeladenem Indie-Rock in die Gehörgänge der Zuhörer zu drängeln. Wer die Neumarkter mit dem ausgeprägtem Hang zu 90er-Indiepop schon einmal erleben durfte, der weiß, welch hohes Erfolgspotzenial ihre kratzig, charmante Art mit dem Leben und seinen Facetten umzugehen aufweist.
Kultig geht es am 10. Dezember zu. ZSK holen ihren eigentlich schon für die letzten beiden Jahre geplanten Gig endlich nach – respektive dürfen sie endlich wieder die Bühnen erklimmen und sich hemmungslos den Moshpits und dem Stagediving hingeben. Worte über ZSK zu verlieren, hieße Eulen nach Athen zu tragen. Mit ihrer „Ende der Welt“-Tour schlagen die Berliner ein neues Erfolgskapitel auf. Dank ihres Christian-Drosten-Sommerhits „Ich habe besseres zu tun“ fanden sich die politischen Punkrocker plötzlich inmitten der Radiocharts und bundesweit über den Äther laufend wieder. Nichts geändert hat sich an der Attitüde der seit inzwischen 25 Jahren bestehenden Band mit der klaren Kante: Kaum ein weltpolitisches Thema, das ZSK nicht in ihren Songs sezieren.
Tags darauf stehen Wortspiele im Fokus: Wenn Buntspecht um Frontmann Lukas Klein sich ansagen, dann kann es durchaus realistisch surrealistisch werden. Wie die sechs österreichischen Indie-Pop-Jungs mit Worten und Musik spielen: Es bedarf Hirn und Schmalz, dies zu kombinieren. „Wo Realität ihre Grenzen erreicht, da setzen Buntspecht an“, so charakterisieren sie selbst („sechs betrunkene Seiltänzer aus Wien, die Kinderlieder schreiben. Kinderlieder für alle Er- und Entwachsenen da draußen“) ihre Art, mit der Sprache und den Gedanken zu spielen. Das Motto der Wiener, die in der Heimat längst große Hallen füllen: Alles darf. Alles soll. Alles muss!
Am 15. Dezember geht es wienerisch weiter: Ferdinand gibt sich die Ehre. Der Sohn von Weltstar Andre Heller hat sich von seinem Alter Ego Left Boy verabschiedet und kehrt zurück zu seinen Wurzeln. Der musikalische Kreativkopf kreiert seinen eigenen Stil jenseits von definierten Musikrichtungen wie Rap, Pop oder nur Rock. Musik nach eigenen Maßstäben, die immer wieder Raum für Kreativität und Neuerfindung jenseits von musikalischen Grenzen lässt.
Zum Jahresabschluss hat das E-Werk noch zwei edle Perlen in der Hinterhand. Am 28. Dezember geben sich Jamaram die Ehre und holen ihr 20. Bühnenjubiläum mit Verspätung nach. Im Gepäck: Der langjährige Compañero und Reggae-Veteranen Jahcoustix. Der krönende Abschluss bleibt 2022 den Lokalmatadoren J. B. O. vorbehalten, die am 30. Dezember noch einmal Fun-Rock kredenzen, wie man ihn seit 25 Jahren kennt. Oder eigentlich noch länger, doch auch vor den Erlangern machte die Pandemie nicht halt, weshalb erst jetzt der 25. Geburtstag des 1995er-Albums „Explizite Lyric“ gefeiert werden kann. Was auch heißt, dass in Erinnerungen geschwelgt werden darf. Zur Feier des Jubiläums wird das gesamte Album – am Stück und in der korrekten Reihenfolge – auf die Bühne gebracht.
Großes zum Abschluss, spannendes im neuen Jahr. Am 3. Januar beginnt der Konzertreigen mit „Keller“. Ein Name, der den wenigsten ad hoc etwas sagt. Sein voller Name Peter Keller dagegen lässt es bei vielen klingeln. Jahrelang schon tourt er als Gitarrist an der Seite von Kultrocker Peter Maffay in dessen Band. Auch als Produzent hat sich der Bielefelder einen Namen gemacht. Und jetzt auch als Songwriter. Mit seiner „Unter einem Mond“-Tour beschreitet er neue Wege.
Dort, wo Keller hin will, ist Rebekka Bakken längst gelandet: Im Himmel der Singer-/Songwriter. Die wie Keller 52-jährige hat sich ihren Rang in der Belle Etage Europas längst erarbeitet. Die drei Oktaven starke Skandinavierin und ihre musikalische Historie sind geprägt von Preisen und Charterfolgen. In eine Schublade pressen will sich die von vielen dem Jazzgenre zugeordnete Vokalistin nicht lassen. Ihre Element ist das Spiel mit einer virtuosen Stimme.
„Ich verzichte auf Punkt und Komma, weil die Zeit nicht mehr bleibt“, sangen Fjørt in ihrem Klassiker Magnifique 2017. Das vermeintliche Ende der Band Anfang 2022 war gleichzeitig ein Neuanfang. Ohne tatsächlich aufgehört zu haben. Am 31. Januar gastieren die Aachener Postpunk-Rocker im E-Werk. Im Gepäck: Ihr viertes Album „nichts“ im Gepäck. Die Inhalte: Gewohnt druckvoll. Gewohnt kryptisch. Und doch mit Antworten. Und viel Galgenhumor.
Das komplette Programm des E-Werks in den Monaten Dezember und Januar ist unter www.e-werk.de nachzulesen. Mit vielen Slams, Kleinkunstdarbietungen – als Highlight für fußballaffines Publikum am 26. Januar Jens Kirschneck und Philipp Köster, Macher des Kultmagazins „Elf Freunde“ – und einigen Partys lassen die Macher aufhorchen.