Er sieht es als große Aufgabe, Kultur zu ermöglichen und dabei auch über die Betriebsabläufe hinaus zu denken. Jens Daryousch Ravari hat seit Januar 2023 im Kulturforum Fürth die Fäden in der Hand. Er folgt auf Annette Wigger, die, so heißt es in einer Pressemeldung des Kulturamtes Fürth, „zwanzig Jahre mit persönlichem Engagement und Gespür für die freie Kulturszene gestaltet“ hat und Anfang des Jahres in den Ruhestand ging. Ravari übernimmt ein, weit über die Grenzen der Stadt Fürth hinaus bekanntes Kulturzentrum, durchaus Publikumsmagnet in der Metropolregion. „Kultur hat hier“, betont er, „einen großen Stellenwert.“ Fürth, habe im Vergleich zu Nürnberg, als etwas kleinerer Standort die Möglichkeit Kultur freier zu sehen, auch Dinge einfach mal auszuprobieren. „Gute Kulturarbeit kann man nur leisten“, so seine Einschätzung, „wenn man auch die Möglichkeit hat, gegebenenfalls Strukturen anzupassen.“ Gerade das schätzt er an seinem neuen Job. Nicht nur als künstlerischer Leiter wird der 37-jährige Gießener das Programm, sondern mit der parallelen Übernahme der Gesamtleitung des Hauses, auch die grundlegenden Strukturen mitgestalten können. Das sei eine sehr verantwortungsvolle Aufgabe, sagt er, verbunden mit der Möglichkeit, vielseitige Formate und Inhalte zu transportieren. Dass er etwas bewegen möchte, ohne dabei das Kulturforum völlig auf den Kopf zu stellen, zeigte sich schon bald nach Antritt des neuen Postens. „In den ersten Monaten“, blickt er zurück, „gab es vieles konzeptionell zu planen, sich parallel auch einen guten Überblick zu verschaffen, viel zu tun also.“ Die Frage sei letztlich immer, was möchte man als Haus vermitteln, was kann man leisten und wie kommt man da hin. Aber er habe, freut sich der 37-jährige, ein tolles Team um sich, „mit lauter begeisterten und motivierten Menschen, die zum Teil schon viel länger als ich im Haus tätig sind.“ Parallel zum arbeitsintensiven Start an der Rednitz, brachte Ravari als Regisseur noch die Neuproduktion von „Sister Act“ auf den Weg, die in Hamburg ab Juni 2023 läuft.
Die Geschichte des Kulturforums Fürth reicht zurück in das Jahr 2004, als mit der Gründung der Kulturstiftung Fürth die Sanierung und der Ausbau des ehemaligen Fürther Schlachthofes zu einem vielseitigen, kulturellen Zentrum erst ermöglicht wurden. Unterschiedliche Veranstaltungsstätten, die Große Halle, der Kleine Saal, sowie das große lichtdurchflutete verglaste Foyer, bieten Platz für viele ganz verschiedene Formate. Erweitert wird das Konzept um ein ehrenamtlich geführtes Programmkino „Uferpalast“ sowie einen gastronomischen Betrieb. Auch der Innenhof steht für Open-Air-Projekte, etwa ein Sommerkino oder auch ein Kulturfest zur Verfügung. „Eigentümer des Gebäude-Komplexes“, so der neue KuFo-Chef, „ist die Stiftung, die Stadt Fürth ist als Pächter dabei.“ Kooperationen gehören auch zum Konzept der Kulturarbeit, etwa mit dem Stadttheater für Führt, die das KuFo als Veranstaltungsort nutzen oder auch der BR-Klassik-Reihe PASSAGEN.
Ravari ist kein Neuling auf diesem Gebiet, er bringt reichlich Erfahrung als Theater- und Musical- Regisseur, Produzent, Event-Gestalter sowie als Schauspieler mit. Bereits mit 16 Jahren, erinnert er sich, noch während der Schulzeit, hatte er als Statist im Theater Gießen oder auch lokalen Theaterprojekten auf der Bühne gestanden. Aufgewachsen ist Ravari im mittelhessischen Ahrdt, einem Ortsteil der Gemeinde Hohenahr, als Sohn einer deutschen Krankenschwester und eines iranischen Diplom-Ingenieurs. Nach dem Abitur folgte an der Justus-Liebig-Universität Gießen das Studium in den Fächern Musik und Germanistik. Erfahrungen sammelte er an verschiedenen Theatern in Deutschland und der Schweiz, wo er auch sein erstes Festengagement am Stadttheater Bern bekommen hatte. Sein berufliches Profil erweiterte der neue Leiter des Kulturforums zudem um einen Master-Abschluss im Studiengang in Ars Administration, angelegt im interdisziplinären Spannungsfeld zwischen künstlerischer Planung, Bildungsauftrag und wirtschaftlichen Herausforderungen. „Alles Erfahrungen und Wissen“, sagt er, „die ich hier zum Wohl des Kulturforums einsetzen kann.“ Da sei sicher vieles zunächst nur in einer Testphase am Start, so Ravari, aber dann müsse man eben, nach einem Probedurchlauf auch einmal den Rahmen oder Einzelheiten abändern. Einer dieser ersten, in Fürth sowie der Region absolut neuartigen, Ansätze ist das Konzept zu einem neuen Preismodell, das seit kurzem im Kulturforum existiert. Jens Ravari möchte allen Menschen den Zugang zur Kultur ermöglichen. „Am Eintrittspreis“, betont er, „darf das nicht scheitern.“ Das gilt für Menschen mit geringerem Einkommen ebenso, wie etwa auch für Familien, im besten Fall auch dazu, die Neugier auf Neues wecken. Das neue Preiskonzept läuft unter dem Motto „Zahl, was Du kannst“, soll Transparenz bieten und Kulturinteressierte eigenverantwortlich bei der Wahl der Preisstufen einbeziehen. Vier Stufen, zu 8 Euro (ermäßigt), 18 Euro (Normal-, Richtpreis), 28 Euro („GönnerKönner“, mit zusätzlicher Kulturförderung) sowie 38 Euro („Sekt oder Selters“, verbunden mit einem freien Getränk am Veranstaltungstag), stehen dabei zur Auswahl. Überprüft wird die Kaufentscheidung aber nicht. Für Kinder und Familien, bewegt sich der Preisrahmen für das Kindertheater zwischen 4 Euro und 28 Euro. „Jeder Mensch“, so Ravari zum neuen Konzept, „ist bei uns willkommen.“ Dieses Modell gilt zunächst nur für Eigenproduktionen des Kulturforums. Gastveranstalter, Mietprojekte sowie Veranstaltungen von Kooperationspartnern stellen jeweils ihr eigenes, vom „Zahl, was Du kannst“- Konzept abweichendes Preissystem bereit. Auch Kursangebote oder mehrtägige Workshops, müssen anders berechnet werden. So etwa das Projekt „Mach Dein Musical!“, das „Deine Bühne“ als Ferien-Projekt anbietet. Vom 31. Oktober bis zum 4. November, können Kinder und Jugendliche, im Alter von bis 16 Jahren, ein eigenes Musical entwickeln und zur Aufführung bringen. Begleitet werden sie dabei von einem erfahrenen Künstler- und Pädagogen-Team. Auch für diesen mehrtägigen Kurs bietet das Kulturforum eine „Zahl, was Du kannst“-Variante, zwischen 49 und 199 Euro an.
Neu ist auch, dass Vorverkaufspreis und Ticketpreis an der Abendkasse identisch sind. Noch ganz überwältigt ist Ravari, dass sein Vorschlag im Finanzausschuss der Stadt Fürth ohne Probleme durchgewunken wurde. Der Probelauf geht bis Jahresende, dann muss darüber gesprochen werden. Allerdings sehen Ravari und Norbert Arndt, sein Kollege im Presse- und Öffentlichkeitsbereich, der auch für das Ticketing zuständig ist, die Chancen positiv. Mehrere Studien weisen darauf hin, dass Menschen, die eine Auswahl zwischen einem ermäßigtem, einem mittleren sowie einem höheren Preis wählen können, sich meist beim Mittleren treffen, aber immer wieder auch mehr auszugeben bereit sind. So haben alle Kartenkäuferinnen und -käufer die Möglichkeit, nach ihren eigenen finanziellen Vorstellungen zu entscheiden. Ganz neu, das werden besonders die langjährigen Besucherinnen und Besucher feststellen, gibt es ebenfalls ein neues Programm-Flyer-Format. Zugegeben, beim ersten Mal eine ganz neue Handhabung, die das bisherige Programmheft inzwischen abgelöst hat. Eine Art „Faltorello“, die aufgefaltet, alles auf einer Seite im Überblick zeigt, bei dem gleichzeitig die Rückseite auch eine Plakatversion anbietet. Die Menschen sollen sich mit dem Programm des Kulturforums, irgendwie auf spielerische Weise auseinandersetzen, so Ravari, und neugierig werden. Die praktische Handhabung ist schnell gelernt. Was Interessierte darin finden, ist spannend, anregend und vielfältig. Unter anderem kommt am 27. Oktober, Beginn 19.30 Uhr, das Orchester Ventuno, unter dem Motto „Metamorphosis – Ein immersives Konzerterlebnis“ in die Große Halle. Themenschwerpunkte dabei sind etwa Trauer und Transzendenz, Veränderung und Erneuerung sowie Hoffnung und Feierlichkeit. Paul Hindemith, Wolfgang Amadeus Mozart oder auch Jean Sibelius werden zu hören sein. Die Brückenbau-Community, eine Kooperation mit dem Stadttheater Fürth, kommt mit ihrer Tanztheater-Performance „Entropie I + II“ zwischen dem 12. und 22. Oktober mehrmals in die Große Halle. Für Kinder bietet das KuFo, im neuen Preismodell, zunächst am 15. sowie am 16. Oktober das Figurentheater „So weit oben“, am 22. Oktober „Der Räuber Hotzenplotz“ von der Kompagnie Handmaids Berlin sowie am 29. Oktober den Janosch-Klassiker „Komm, wir finden einen Schatz!“, vom Theater Morgenroth & Schwester, als Auftragsproduktion des Kulturforums Fürth. Auch das November-Dezember-Programm wartet mit einem ansprechenden Mix verschiedener Formate auf. Darunter am 12. November der Jazz- und Popsänger Pascal Blenke, der ab 18 Uhr seine musikalischen „Gedankenspiele“ vorstellt. Nur wenige Tage später, am 17. November, 19.30 Uhr, hat Barish Karademirs Inszenierung von Lot Vekemans Monolog „Schwester von…“ mit Ulrike Fischer in der Rolle der Ismene, Premiere. Mehrere Aufführungen folgen bis zum 26. desselben Monats. Orientalisch, mediterran und jazzig, geht es am 30. November bei „Green Dreams“ mit Arash Sasan & Band zu. Besondere Musik bringen Bjarte Eike und das Norweger Ensemble Barokksolistene zuvor noch am 9. November nach Fürth mit. Ein außergewöhnlicher Abend, im Rahmen der PASSAGEN-Konzerte. Das Schauspiel „Heisenberg“ von Simon Stephens, feiert am 7. Dezember im Kleinen Saal Premiere. Zum ersten Mal überhaupt, gibt es im Kulturforum ein Rock-Musical zu sehen und zu hören. Bei der Produktion „Hedwig and the Angry Inch“, führt Jens Daryousch Ravari selbst Regie. Zu sehen ist das Musical am 14. (19 Uhr) und 17. Dezember (18 Uhr) in der Großen Halle. Ukrainische Weihnachtsmusik bringen „LELÈKA feat. Maksym Berezhnyuk“ am 15. Dezember, Beginn 20 Uhr. Mehr oder weniger Lametta“ legt einen Tag später, ebenfalls um 20 Uhr, das Ensemble Goldmund auf. Zu bieten hat das Programm im Kulturforum noch wesentlich mehr, zu finden unter www.kulturforum-fuerth.de.