In Rothenburg ob der Tauber herrscht Feierstimmung. Die mittelfränkische Stadt, die großen Wert auf ihr historisches Erbe legt, dies auch touristisch spiegelt, erinnert mit dem Festjahrprogramm 2024 an die vor 750 Jahren erfolgte Erhebung zur Reichsstadt. Auf Erlass von König Rudolf von Habsburg, hatte die Tauberstadt am 15. Mai 1274 die Berechtigung, als königlich privilegierte Stadt, also als freie Reichsstadt, seine Geschicke in die eigene Verantwortung zu nehmen. Unterstellt war Rothenburg ab sofort nur noch dem jeweiligen König oder Kaiser selbst. Aber was bedeutete das für die Stadt?
Zuvor gehörte Rothenburg zum Herrschaftszentrum der Staufer. Mitte des 13. Jahrhunderts etwa, endete die Macht der Staufer, da es keine Nachfolger mehr gab. Das Machtvakuum sorgte zunächst für unklare Verhältnisse, begleitete den politisch-gesellschaftlichen Umbruch im 13. Jahrhundert, bevor die Reichsküchenmeister, ein Geschlecht, das zuvor im Dienst der Staufer stand, die Herrschaft übernommen hatten. 1273 wurde Rudolf von Habsburg zum neuen König des Heiligen Römischen Reichs gekürt. Das änderte die Situation für die Tauberstadt ganz deutlich.
Viele beanspruchten Gebiete im Reich, weltliche, wie etwa Adelige oder Fürsten, aber auch Bischöfe oder Bistümer. Dem entgegenzuwirken, hatte der König die Möglichkeit, einzelne zu Reichsstädten zu erheben, sie so direkt an sich zu binden. Mit dem Stadtrecht etwa, bestand die Chance auf eine eigene Gerichtsbarkeit oder auch die Unabhängigkeit bei internen Belangen. Markant entwickelte sich die Stadt unter Heinrich Toppler, der mit Unterbrechungen von 1349 bis 1408 Bürgermeister der Stadt war. In seiner Zeit, Toppler gilt aus heutiger Sicht als geschickter Geschäftsmann und umsichtiger Politiker, entwickelte sich Rothenburg, wirtschaftlich wie politisch überaus positiv. Spuren aus dieser Zeit finden sich im heutigen Stadtbild zahlreich. Zudem vergrößerte er die Stadtfläche, indem er umliegende Gebiete von Adelsfamilien in Finanznot erworben hatte. So war die Rothenburger Landhege entstanden, eine Fläche, die rund 400 km² umschloss.
Mit einem reichhaltigen Programm, möchte die ehemalige Reichsstadt diese historische Sonderstellung spiegeln, gleichzeitig aber auch diskutieren, welche Bedeutung dies für die Entwicklung der Stadt hatte und ob dies für Rothenburg heute noch relevant sei.
Mit genau dieser Frage beschäftigt sich am 26. und 27. April eine wissenschaftliche Tagung im Wildbad Rothenburg. Die Referate und Gespräche zum Thema kreisen um die Frage der „Modernität der Reichsstädte“. Geschichte, Gegenwart und Zukunft der Reichsstadt, stehen am Beispiel Rothenburg ob der Tauber im Mittelpunkt (www.rothenburg.de).
Am 27. April folgt dann am Abend ein Konzert des Akademischen Orchesters der Universität Würzburg in der Rothenburger Reichsstadthalle, Beginn 19 Uhr. Auf dem Programm steht Anton Bruckners 7. Sinfonie. Kein direkter Bezug zum 750-Jahr-Jubiläum, allerdings fiel die Uraufführung des Werkes im Jahr 1884, in die Zeit, als Rothenburg in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, im Kontext von Biedermeier und Spätromantik, wiederentdeckt worden war. Gewidmet hatte der Komponist das Werk König Ludwig II. Zugleich baut dieses Konzert eine Brücke zum Bruckner-Jahr. Am 4. September 2024 jährt sich dessen Geburtstag zum 200. Mal.
Am 15. Mai, zwischen 15 und 21 Uhr, folgt dann die Wiederbestätigung des Reichstadtprivilegs am Marktplatz. Fahnenschwenkergruppen mit ihren historischen Gewändern etwa beleben den Platz vor dem Rathaus, Fanfaren des Spielmannszugs erklingen und leiten zum legendären Volksschauspiel „Meistertrunk“ über. Seit 1881 erinnert der „Meistertrunk“ jährlich an die Errettung der Stadt 1631 in den Wirren des Dreißigjährigen Krieges. Es folgt ab 17.30 Uhr eine Festansprache des Oberbürgermeisters Dr. Markus Naser sowie die Eröffnungsmusik zum darauffolgenden szenischen Bühnenstück von Karl Wüst. Es spielt das Städtische Jugendblasorchester, unter der Leitung von Jan-Peter Scheurer.
Vom 17. bis 20. Mai wird das Historische Festspiel „Der Meistertrunk“, unter der Regie von Reiyk Bergemann, aufgeführt (www.meistertrunk.de).
Mit einer großen Sonderschau, unter dem Titel „Die Waffen einer Reichsstadt“, greift das Programm eine weitere Facette des Reichsstadtprivilegs hin. Zu sehen ist sie vom 1. Juni bis zum 31. Dezember 2025 im Rothenburg Museum, Klosterhof 5 (www.rothenburgmuseum.de).
Bei dem dreitägigen Open-Air-Fest, das vom 2. bis 4. August stattfindet, werden Geschichte, Pop und Tanz zusammengebracht (www.kulturereignisse.com).
Zum 50. Jubiläum der Rothenburger Reichsstadtfesttage plant die Stadt vom 6. bis 8. September eine ganz besondere Auflage. Sie sollen als Highlight das Festjahr noch einmal herausheben (www.rothenburg.de).
Zum Abschluss des Festjahrprogramms steht am 30. November, Beginn 19 Uhr, in der Reichsstadthalle mit dem „Rothenburger Meisterkonzert“ ein musikalisches Finale an. Es gastieren die Nürnberger Symphoniker mit einem „Festprogramm der Extraklasse“, das sozusagen Musik von Reichsstadt zu Reichsstadt bringen soll (www.rothenburg.de).
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