Es kommt nicht alle Tage vor, dass sich eine Ausstellung, kaum eröffnet, zugleich auch als Finissage begreift, obwohl ihr Ende erst für einige Monate später terminiert ist. Bei der jetzt angelaufenen Triennale III der Schweinfurter Kunsthalle ist das jedoch der Fall, und das hat seinen spezifischen Hintersinn. Diese Ausstellung unter dem Titel „Gott und die Welt“ will im Rahmen der Reformationsdekade gleichsam eine Finissage zum Themenjahr 2015 („Bild und Bibel“) sein und zugleich überleiten zum Thema „Gott und die eine Welt“ für das Jahr 2016.
„Gott und die Welt“ - wer mag da nicht ins Schmunzeln kommen? Im Alltagsgebrauch bedeutet diese eigentlich abgenutzte Redewendung so etwas Ähnliches wie „alles Mögliche“, und insofern darf man bei der Wortwahl wohl auch keinen ganz ironiefreien Hintergrund vermuten. In der Tat positionieren sich die 19 an der Ausstellung beteiligten Künstler und Künstlerinnen in der Kunsthalle Schweinfurt in ganz unterschiedlichen Darstellungsweisen durch Plastiken, Skulpturen und Zeichnungen, durch Malerei und Raum-, Klang- und Lichtinstallationen, zeigen mithin „alles Mögliche“, zumindest jedoch viel Unterschiedliches.
Wie Kurator Helmut Braun von der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Bayern in einer Einführung erläutert, eignet sich das gewählte Thema gut für eine Gruppenausstellung, in der sowohl ein Querschnitt qualitätvoller Kunst aus dem fränkischen Raum als auch die Vielfalt künstlerischen Schaffens durch eine Reihe von Kunstgattungen aufgezeigt werden soll. Inhaltlich wird die Frage aufgeworfen, ob in künstlerischen Arbeiten spirituelle oder religiöse Erfahrungen ablesbar, vermittelbar oder gar erlebbar sind. Der Fokus liegt auf dem und im Titel, weshalb der Frage nachgespürt wird, wie sich Gott und die Welt möglicherweise berühren und verbinden. Leben, so Helmut Braun, ist grundsätzlich und in einer Vielzahl von Momenten von einer Kraft bzw. Energie durchdrungen, die ganz unterschiedlich erfahren wird und die individuell als göttlich bezeichnet werden kann. Dem nachzuspüren und in künstlerischen Haltungen zu deuten, sei Anliegen der Ausstellung.
Bei der Auswahl der Künstler ging es stets um Innovation und Experiment, oder, wie es bereits anlässlich der ersten Triennale formuliert wurde, darum, eine „hochaktuelle Momentaufnahme der Kunst“ unter einer zeitgemäßen existenziellen Fragestellung zu präsentieren. Gerade zum gewählten Thema bot sich die Ausdehnung der Ausstellung und die Einbeziehung der evangelischen Johanniskirche sowie der katholischen Heilig Geist Kirche als weitere Ausstellungsorte an. Der experimentelle Charakter der Schau ist zugleich ihr grundsätzliches Konzept. Einige Arbeiten werden sich erst im Laufe der Ausstellung entwickeln und dabei immer wieder verändern. „Gott und die Welt“ soll ein Thema sein, das zum Diskurs herausfordert. Künstlerische Haltungen, so die Intention, sollen dazu Stellung nehmen, Fragen aufwerfen und einen sinnlich anregenden Denkraum entstehen lassen.
Betrachten wir exemplarisch einige der Exponate. Meide Büdels „Große Schwebe“ besteht aus fünf Quadern, die in Serie einen Balken bilden, aus Stahlblech mit orange-rostigen Oberflächen, scheinbar ruhig an dünnen Stahlseilen aufgespannt. Über die schräg verspannten Seile wird der Blick nach oben zur Decke geführt. Der Luftraum über der Schwebe und zwischen den Seilen gewinnt an Volumen und verbindet Objekt mit seinem Umfeld und der Raumhülle. Helmut Braun merkt dazu an: „Das Gesamtwerk von Meide Büdel widersetzt sich einer eindeutigen kunsthistorischen Einordnung, lässt jedoch die Feststellung von Nähe zu ganz unterschiedlichen Kunstrichtungen zu, wie beispielsweise dem russischen Konstruktivismus, zur Arte Povera oder zu Werken der Minimal Art. Meide Büdel strebt in ihren Arbeiten einen Moment der völligen Ausgeglichenheit von Schwerkraft und Leichtigkeit, von Energie und Trägheit, von Aktion und Reaktion an. Sie sind Ausdruck ihrer Suche nach dem „Dazwischen“ zwischen Spannung und Entspannung – zwischen dem, was ist und was nicht ist. Deshalb sind die Arbeiten von Meide Büdel Versuche über Gott und die Welt, über Körper und Geist, über Kronos und Kairos...“.
Die Arbeiten der Nürnberger Kunstakademiestudentin Vroni Hammerl bewegen sich als Konzeptkunst zwischen Performances, interaktiven Installationen und medialen Interventionen. Ihre Klanginstallation „Inventur“ nimmt Bezug auf das gleichnamige Gedicht von Günter Eich, in dem zu Kriegsende in karger Sprache die wenigen Habseligkeiten eines Menschen aufgezählt werden, die ihm geblieben sind. Die Künstlerin möchte in ähnlicher Weise die letzten Erinnerungen wiedergeben, die einem Menschen in seinem finalen Lebensabschnitt geblieben sind. Helmut Braun charakterisiert Veronika Hammerl als „Spurensucherin“. Ihr „Drang zu dokumentieren, eine feine Beobachtungsgabe, ein unbändiger Ideenreichtum und ein ausgeprägter Gestaltungswille“ liege all ihren Werken zugrunde.
Die Ausstellung „Gott und die Welt“ ist bis zum 13. März in der Kunsthalle Schweinfurt zu sehen.
Copyright Fotos:
Hubertus Hess, Wunderkammer, Installation, 2015, Foto © Annette Kradisch
Juliane Schölß, ZwischenRaum, Pappmodelle, 2015, Foto © Annette Kradisch
Malika Eilers, Pappobjekt, 2014, Foto © Annette Kradisch