Die Kunstvilla im Nürnberger KunstKulturQuartier widmet sich in der Regel der regionalen Kunstgeschichte. Vive la France! hört sich dann erst einmal nach Frankreich und Paris an, aber auch hier haben die Verantwortlichen nicht ihren eigentlichen Auftrag vergessen. Denn schließlich geht es bei dieser Ausstellung um den Einfluss Frankreichs auf die Nürnberger Kunst und der ist größer, als es landläufig vielleicht bekannt ist.
Mit dem Impressionismus etablierte sich Paris im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts als Zentrum der modernen Kunst, einen Status, den die französische Hauptstadt bis in die 1960er-Jahre behalten sollte. Nicht nur das Jahrhundertgenie Pablo Picasso (1881 – 1973), dessen 50. Todestag 2023 begangen wird, prägte die Kunstszene der Seine-Metropole, sondern zahlreiche weitere Künstler*innen, deren Ateliers auch deutschen Besucher*innen offenstanden. Mit den Teilnachlässen von Christian Klaiber und Ernst Weil verwahrt die Kunstvilla Werke von zwei Künstlern, deren Paris-Aufenthalte prägend für ihr gesamtes Schaffen wurden. Ausgehend von ihrem Sammlungsbestand geht die Kunstvilla dem Einfluss Frankreichs auf die Nürnberger Kunst nach.
Die ersten Künstler*innenreisen datieren bereits ins 19. Jahrhundert, doch ein größerer Zustrom seitens deutscher Künstler*innen setzte erst um 1900 ein. Zu den Nürnberger Pionier*innen gehörten Rosa Brill-Ulsamer, Ervin von Körmendy und Constantin von Mitschke-Collande. Zwischen den Weltkriegen machten sich u. a. Christian Klaiber, Jakob Dietz, Hermann Wilhelm und Fritz Griebel auf den Weg in das Nachbarland, das politisch aufgrund des verlorenen Kriegs als Erzfeind galt, künstlerisch aber nach wie vor großes Interesse auf sich zog. Nach 1945 wurde die französische Kunst in zahlreichen Ausstellungen nach Deutschland vermittelt. Man musste nicht unbedingt mehr reisen, um Werke von van Gogh, Cézanne und Picasso zu sehen. Dennoch entschieden sich Kunstschaffende für längere Studienaufenthalte oder -reisen. Rund 100 Werke belegen die Bedeutung der französischen Sehschule und zeigen inwiefern Stilrichtungen wie Impressionismus, Kubismus, Fauvismus und Informel aufgenommen und verarbeitet wurden. Mit Werken u.a. von Eduard Aigner, Peter Angermann, Andreas Bach, Rosa Brill-Ulsamer, Jakob Dietz, Fritz Griebel, Gisela Habermalz, Brigitta Heyduck, Christian Klaiber, Eitel Klein, Oskar Koller, Ervin von Körmendy, Karl Meisenbach, Constantin von Mitschke-Collande, Georg Weidenbacher, Ernst Weil, Hermann Wilhelm.
Die Ausstellung „Vive la France! Der Einfluss Frankreichs auf die Nürnberger Kunst“ ist noch bis zum 5. November 2023 in der Kunstvilla im KunstKulturQuartier, Blumenstraße 17, 90402 Nürnberg zu sehen. Wichtige Informationen zum Besuch der Kunstvilla erfährt man unter www.kunstvilla.org.
Mehr oder weniger zeitgleich hat sich die Kunstvilla auch dem Künstler Hasso von Henninges gewidmet. Mit der Ausstellung „Hasso von Henninges - 3 Wände PressART“, die noch bis zum 3. September gezeigt wird, nimmt die Kunstvilla den 80. Geburtstag des 1943 in Berlin geborenen Künstlers zum Anlass, um einen Einblick in sein Schaffen zu geben. Im Werk Hasso von Henninges (geb. 1943) spielen Zeitungen, Kleister und Farbe als Material eine wesentliche Rolle. Zeitungspapiere werden nicht nur als Bildträger farbig übermalt, sondern Schicht um Schicht verleimt, bis Objekte mit schrundigen Oberflächen entstehen, die durch Überlappungen in Bildzonen geteilt sind. Auch für die unterschiedlich geformten Knüllobjekte dient Zeitungspapier als Rohstoff. Wie bei einem Palimpsest wird in von Henninges‘ Werken der Informationsfluss der Gegenwart für die Zukunft gespeichert.
Die anlässlich seines Geburtstags konzipierte Präsentation vereint eine Werkauswahl, in der der Kontrast der gerne als Nichtfarben bezeichneten Töne Schwarz und Weiß im Mittelpunkt steht.
Nur wenige Tage, nachdem die Werkschau zu Hasso von Henninges beendet ist, gewährt die Kunstvilla einen ganz besonderen Blick in ihre (zukünftige) Sammlung. Im Jahr 2018 wählte die Leiterin der Kunstvilla, Dr. Andrea Dippel, gemeinsam mit dem Künstler Udo Kaller insgesamt 28 Werke als Vorlass für die Kunstvilla aus. Die Ausstellung zeigt nun eine Auswahl aus dieser Stiftung sowie weitere ausgewählte Werke.
Der 1943 in Gleiwitz/Oberschlesien geborene Künstler Udo Kaller ist seit seinem Studium in Nürnberg ansässig und gehört zu den renommiertesten freien Künstlern der Stadt. Für sein Schaffen wurde er vielfach ausgezeichnet, u.a. mit dem Nürnberger Kulturförderpreis. Mehrfach waren seine Werke in der Kunstvilla zu sehen, darunter in der Eröffnungsausstellung und innerhalb der Sonderausstellungen „Faszination Japan!“ und „Ernst Weil – Abstraktion in Nürnberg“.
Kaller, der an den Akademien der Bildenden Künste in München und Nürnberg ausgebildet wurde und einem breiten Publikum durch seine „Puzzle-Bilder“ bekannt ist, schuf in den vergangenen Jahrzehnten ein weit darüber hinaus gehendes Œuvre, in dem er japanische Einflüsse ebenso aufnahm wie Motive der Populärkultur und des Alltags. Bei der Ausstellung „Udo Kaller – Eine Stiftung“, die vom 14. September bis zum 5. November dieses Jahres zu sehen sein wird, handelt es sich um eine Gemeinschaftsausstellung mit der KREISGalerie, Nürnberg, die vom 14.9.2023 bis 14.10.2023 die Ausstellung „Udo Kaller – Jubiläum“ zeigt.
Informationen zum Sommerprogramm der Kunstvilla im KunstKulturQuartier findet man online unter www.kunstkulturquartier.de/kunstvilla.