Wenn Oberbürgermeister Adorno zitieren, von der Unangreifbarkeit der Kulturtechnik Theater ausgehen und dabei von „Ermöglichungsräumen“ sprechen. Wenn Oberbürgermeister bezeugen, dass Kunst jenseits von Nützlichkeit und Verwertbarkeit kreative Potentiale, auch einer Gesellschaft mobilisieren kann. Wenn Oberbürgermeister fordern, dass Neues geschaffen wird, das sich von Vorhandenem abhebt, dass gegen den Strich gekämmt wird, dass Alternativen zu institutionalisierten Häusern sich vereinen, wird das Vorwort des Programms zum Programm selbst.
Die dritte Liminale der Fränkischen Assoziation Freier Theater in Kooperation mit dem Z-Bau steigt vom 03. bis 06. April 2019 und verbindet Disziplinen mit einer Symbiose aus Anspruch und Freizeitwert.
Als Opener ist das ZENTRUM FÜR POLITISCHE SCHÖNHEIT eingeladen. Aggressiven Humanismus hat sich die Berliner Sturmtruppe zur Errichtung moralischer Schönheit, irgendwo zwischen kategorischem Imperativ und Urteilskraft, auf die Faust geschrieben: „Widerstand ist eine Kunst, die weh tun, reizen und verstören muss.“ Im Anschluss daran wird zum Bühnenprogramm mit MONSTERFRAU PJ BUTTONPUSHER der Tanzboden eröffnet. Als Mix von Performance-Jockey, Musiker, Animateur und Aerobic-Tänzern gestaltet sich das partizipative Gesamtkunstwerk mit dem Hang zur Ekstase, viel Punk und Elektro.
Am Donnerstag kommt dann das Kasperltheater – in neuem Gewand, nicht wie landläufig bekannt: Marc Becker hat dem begnadeten Nürnberger Puppenspieler Tristan Vogt das bitterböse Stück „Kaspar in Teufels Küche“ geschrieben, in dem das Kasperle, dieser harmlose Kinderbespaßer, knallhart in eine sehr erwachsene Identitätskrise schlittert. Regie und Ausstattung für die Uraufführung von THALIAS KOMPAGNONS (Nürnberg) besorgt Joachim Torbahn. Mit BLUTEN. EIN ABENDMAHLSRITUAL von LIMITED BLINDNESS (Berlin) wird der Donnerstag fortgesetzt: Drei Weine wollen mit dem Publikum ein Frühlingsritual feiern? Vor uns stehen ein „heiliger“ Roter, ein snobistisch-intellektueller Weißer und ein alltäglicher „Sauf-Wein“. Und natürlich vertreten solche Weine ganz andere Vorstellungen von Ritual und Fest. Die von Heiko Michels und Fabian Larsson 2002 in Berlin gegründete Theatergruppe arbeitet interdisziplinär und site-specific. Die Gruppe kultiviert eine sehr eigene, performativ-expressive Schauspielästhetik und verbindet diese mit der experimentellen Erprobung von Wahrnehmungsgewohnheiten und kulturellen Aufmerksamkeitsmaschinen. Ab 23 Uhr lädt das Festival zusammen mit der Bayerischen Zentrale für politische Bildungsarbeit zur ZIGARETTE DANACH und gemeinsamen Reflexion des Abendprogramms.
Das Vorspiel JETZT eröffnet den Freitag. Die Autorin und Philosophin M.A. Amani Abuzahra aus Wien und ihre aktuelle Publikation “Mehr Kopf als Tuch. Muslimische Frauen am Wort” sind zu Gast. Im Wintersemester 2018/19 erarbeiten Studierende des Seminars Transmediale Räume unter der Leitung von Peter Wendl in wöchentlichen Kurseinheiten Performances zum Thema Jetzt. Die Präsentationen der Arbeiten werden unter dem Titel AUCH EIN BLINDES HUHN FINDET MAL NACH ROM | ELPELT/FROELIG/SCHÄFER/SKALA/SOGL – AKADEMIE DER BILDENDEN KÜNSTE (Nürnberg) als Uraufführungen auf der Liminale stattfinden. Im Anschluss performt ARTHUR ROMANOWSKI (Gießen) IRGENDWAS FÜR IRGENDWEN AN IRGENDEINEM TAG IM APRIL. Er versucht in der augenscheinlichen Bedeutungsebene sein psychosomatisches Sodbrennen zu kurieren: Er versucht sich mit einem Anruf abzulenken, befragt die Ideen des 20. Jahrhundert, holt sich Rat von der Kanzlerin. Unter diesen persönlichen Strategien zum Glücklich-Werden verbergen sich jedoch zahlreiche gesellschaftliche Fragen, die das Streben nach Glück als eine soziale Frage verstehen. Und nach der obligatorischen Zigarette danach, stehen VIECH auf der Bühne. Gitarren-
lastiger, musikalischer Humor aus Österreich mit mehr oder weniger Kopf im Wort.
Am Samstag kommt das KOLLEG ZUR WIEDERENTDECKUNG DES KLASSENBEWUSSTSEINS – ONGOING PROJEKT (Berlin/Leipzig) mit einem partizipativen Theaterstück. Das Publikum trägt während des Stückes Funkkopfhörer, über welche es Texte, Sounds und Handlungsanweisungen empfängt. Das gesamte Stück wird aus der Perspektive des Bewusstseins erzählt und moderiert. Bewusstsein können die Zuschauer*innen durch Übungen in verschiedenen Situationen aber auch die Reflexion von gemeinsamen Entscheidungsmomenten erlangen. Das Stück ist als eine Art Workshop erzählt, in welchem Teilnehmer*innen ein tieferes Bewusstsein über die Zusammenhänge der Welt gewinnen können.
Mit der ZIGARETTE DANACH und DJ SHIRONEKO schließt das Festival schließlich.
Donnerstag und Freitag ab 18:30, Samstag ab 18:00 Uhr probiert sich das KOLLEKTIV NAIV (Nürnberg) mit seiner Ritual-Maß-Schmiede und zusammen mit den Gästen an kollektiven Ritualversuchen bei Feuer und Zelt vor dem Z-Bau.
Wo? Z-Bau – Haus für Gegenwartskultur, Frankenstraße 200, 90461 Nürnberg
Copyright Fotos:
Plakatmotiv LIMINALE - Festival der freien Theater im Z-Bau © Susanne Wohlfahrt
Limited Blindness © Fabian Larsson
Plakatmotiv Eröffnungsabend © Zentrum für politische Schönheit