Bald 100 Jahre kann das Würzburger Mozartfest seine Wirkung entfalten und fragt ausgerechnet in diesem reifen Alter, warum Komponisten wie Mendelssohn, Schubert, Chopin und natürlich auch Mozart unerhörte Meisterwerke schaffen konnten, obwohl es ihnen gar nicht vergönnt war, wirklich „reif“ zu werden. Frühe Reife und trotzdem Vollendung – ein rätselhaftes Phänomen. Dazu passt sicherlich die diesjährige Auswahl der Potraitkünstlerin, in Würzburg „artiste étoile“ genannt. Die Sängerin Christiane Karg, die von sich selbst sagt, sie habe eine „Mozart-Basis“, ist nämlich in den letzten Jahren zwischen Städten wie Salzburg, Amsterdam, Berlin und Chicago „gereift“ und in der Weltspitze angekommen. Sie wird in nicht weniger als sechs Konzerten zu erleben sein und außerdem beim „MozartLabor“ mitwirken.
Nach dem Verhältnis von Lebensalter und Reife könnte man auch bei Herbert Blomstedt fragen, dem Grandseigneur unter den Weltklasse-Dirigenten, der erst kürzlich seinen 90. Geburtstag feiern konnte und Würzburg die Ehre geben wird. Er setzt am 20. Juli seinen Zyklus „Bruckner im Dom“ mit der Aufführung der 5. Symphonie fort. Den Kontrast dazu bildet wiederum Jörg Widmann, der früh gereifte Ausnahme-Klarinettist und Komponist, der selbstverständlich in beiden Rollen auftreten wird. Konsequent in zeitgenössischer Tonsprache gereift ist schließlich Wolfgang Rihm, dessen Schaffen ein weiterer Schwerpunkt gewidmet ist. Seinen Werken, die in fünf Konzerten vorgestellt werden, gilt das diesjährige Komponistenportrait.
Das Mozartfest 2017 beginnt am 2./3. Juni mit Konzerten des Freiburger Barockorchesters im Kaisersaal der Würzburger Residenz. Andere Klangkörper sind die Bamberger Symphoniker – quasi das „Stammorchester“ des Festivals – mit mehreren Auftritten in der Residenz und im Kiliansdom, das flämische B’Rock Orchestra, die Amsterdam Sinfonietta, das französische Originalklang-Ensemble Les Arts Florissants, die Festival Strings Lucerne, die London Mozart Players, das Württembergische Kammerorchester und das heimische Philharmonische Orchester Würzburg. Die Bamberger werden u.a. die Portraitkünstlerin Christine Karg begleiten (14./15. Juni), Mozarts Requiem im Dom aufführen (21. Juni) und für Herbert Blomstedts Interpretation von Bruckners „Fünfter“ zur Verfügung stehen.
Die Kammermusik darf bei Mozart selbstredend nicht zu kurz kommen, und so finden sich prominente Namen unter den eingeladenen Ensembles. Nennen wir nur das Fauré-Quartett, das Cuarteto Casals, das Armida Quartett, das vision string quartet, das Azahar Ensemble und das Salagon Quartett. Für Open-Air-Aura sorgt die Bavarian Brass Connection am 11. Juni im Hofgarten Veitshöchheim. Originelle Ideen für neue Formate verbergen sich hinter Namen wie „Wildes Holz“, „Lounge Amadé“ (mit Julian Prégardien), „Mensch Mozart“, „Eine kleine Lachmusik“ oder „Mozart am Grün“ (wo die „quattrocelli“ sich auf den Golfplatz begeben!). Eher amüsant zugehen dürfte es auch am 26. Juni, wenn die „Wellküren“ in der Abfüllhalle der Würzburger Hofbräu auftreten.
Unter den Solisten sind neben Christine Karg und Jörg Widmann solche renommierten Künstlerpersönlichkeiten wie Sabine Meyer, René Jacobs, Olga Scheps, Andreas Staier, Tabea Zimmermann, Isabelle Faust, Alexander Melnikov, Renaud Capucon oder der kometenhaft aufgestiegene Pianist Kit Armstrong zu nennen. Keinesfalls versäumen sollte man das Konzert der stets umjubelten „King’s Singers“, dieser unbestrittenen A-capella-Könige, die am 27. Juni mit dem Organisten Hans-Bernhard Ruß in der Augustinerkirche auftreten werden. Das Mozartfest Würzburg endet heuer am 2. Juli ganz feminin mit einer „Jupiternacht“ im Vogel Convention Center, wo die vier „medlz“ zusammen mit dem Philharmonischen Orchester Würzburg eine Zeitreise durch die Musikgeschichte unter der Devise „Von Mozart bis Mercury“ anbieten werden.
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Evelyn Meining, Foto © Norbert Schmelz