Neulich haben wir uns die wunderliche Welt der Grußadressen, Vorworte und Editorials angeschaut und waren bezüglich der Redundanz und Floskelhaftigkeit solcher Textsorten fündig geworden (ART. 5|III Nr. 22, S. 28). Was allerdings auch Anlass für einen selbstkritischen Blick auf das gab, was einem selbst so aus der Feder fließt… Diesmal wollen wir das Vokabular einer anderen Textgattung näher betrachten, nämlich jenes der Presseverlautbarungen zu Kulturveranstaltungen. Ob es auch dort ein Ranking der meistgebrauchten Floskeln gibt, wenn es gilt, die engagierten Künstler in möglichst favorablem Licht zu präsentieren? Bei der Vorsilbe „in-“ sind wir nahe an den Favoriten dran, zumindest wenn man die Hitliste quantitativ aufzieht.
„Innovativ“ beispielsweise ist heutzutage so gut wie alles, auch wenn nur einmal mehr alter Wein in neuen Schläuchen verkauft wird, aber das bezieht sich eher auf Inhalte, weniger auf Künstlerpersönlichkeiten. Die besitzen dafür fast ausnahmslos „internationales Renommee“ und damit die häufigste Eigenschaft, die man in derlei Texten finden kann. Man reibt sich die Augen angesichts der Künstlergesellschaft, die samt und sonders von „internationalem Renommee“ sein soll. Aber das muss wohl so sein, denn man stelle sich nur vor, wie es wirken würde, bewürbe man eine Sängerin, ein Ensemble oder einen Schauspieler mit dem Etikett „von lokaler Bedeutung“ (was ja auch schon viel sein kann). Vernichtend!
Beim Blick auf die eigene Existenz wäre manch einer schon froh, es zu einer lokalen Größe gebracht zu haben. Nicht auszudenken, wenn es für einen regionalen Bekanntheitsgrad reichte. Aber damit ist ja das Ende der prominenzspezifischen Fahnenstange noch lange nicht in Sicht, denn es bleiben allerlei Zwischenstufen bis zum „internationalen“ Olymp übrig. „Föderale“ Reputation beispielsweise wäre denkbar, die man dann wohl mit „bundesländisch“ übersetzen müsste. Begeben wir uns gar auf die staatliche Ebene, so müsste schon von „nationalem Renommee“ die Rede sein. Whow!
Doch wir starteten ja bei denen, deren unterster Level das vorgeblich „internationale“ sein soll. Unerreichbar für uns Normalos? Nein, mitnichten, denn in postfaktischen Zeiten muss man nur etwas behaupten, dann stimmt’s auch. Trotzdem bleiben noch Steigerungsmöglichkeiten, die wir ins Visier nehmen sollten, damit sich das langweilige „international“ nicht zu sehr abnutzt. Mein Tipp an die wackeren Pressetextler: wenn ihr das noch toppen wollt, dann muss es mindestens „galaktisch“ sein. Wer bietet mehr?
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