Gleichzeitig in fünf Städten - Berlin, Dresden, Heidelberg, Mainz und München - ist seit einigen Wochen „Banksy – A Genius Mind“ zu sehen. Die „brandneue Schau zu Ehren der Graffiti- und Kunst-Ikone Banksy!“, die sich des Künstlers Konzept des Nicht-Autorisierten zu eigen macht. Art5drei hat die Ausstellung in Berlin besucht und sich ein Bild von der pop-up-Show im reminiszenten Werkstattstil gemacht. Im Grundrauschen einer unangenehmen Lautkulisse an überbordender, sich überlagernder Fabrik-Akustik erschließt sich der interessierte Rundgänger Arbeiten des Künstlers wie beim schnellen Durchblättern eines Ausstellungskataloges. Überblättern hier und da eingeschlossen.
Abandon Hope 2006, Gorilla in A Pink Mask 2002, Game Changer 2020, Applause 2006, Palestine 2017, Clutch Bag 2019, Bombing Middle England 2000, Girl With Balloon 2002, Heart Balloon 2013, Festival (Destroy Capitalism) 2006, Grannies 2006, HMV 2003, Police Helmet 2019, Free Zhera Dogan 2018 usw..
Es sind die großen, plakativen Politthemen unserer Welt, denen Banksy noch mehr Aufmerksamkeit verleiht, deren Popularität er aber auch nutzt. Sein Kommentar zu diesen zeitgenössisch großen Erzählungen fällt unausweichlich auf fruchtbaren Boden. Denn die Massen sind längst dafür sensibilisiert. Er kommentiert und kritisiert die Missstände. Und wird er zum teuersten Künstler der Gegenwart. Zu einem der Spender, die es sich augenzwinkernd leisten können, sich und der Welt etwas Gutes zu tun.
Während die Werkschau die Blicke synchron und polylokal auf Banksy-Werk-Duplikate - man könnte („unauthorized“ und frei nach Banksys „Copyright is for losers ©TM“) beinahe Plagiate vermuten, lenkt. Mal gut, mal schlecht aufbereitet. Gehängt, installiert, multimedialisiert. Stets laut und ins Lichte gerückt. Viel Bekanntes steht neben rar empfundenen, aus dem Gedächtnis verlorenen Arbeiten. Der sozialkritische Ductus mit erhobenem Zeigefinger trägt nur partiell mit Witz und Charme und muss angesichts der Präsentation neu bewertet werden. Banksy hat zweifelsohne tolle politcal-correctness-Botschaften in die Welt geschickt. Sie ihr sozusagen auf ihre Wunden gesprüht, wie Eisspray auf das Fußballerknie. Er hat politisches Mahnen zelebriert, sich mit dessen Verfechtern solidarisiert und schließlich an Lösungsansätzen partizipiert. Das droht sich in einer solchen Show jedoch unausweichlich zu dem zu verkehren, was bislang Gegenstand seiner Kritik war und rückt gleichzeitig das Werk in den Hintergrund – die Ausstellung in Zentrum des Geschehens, was vermutlich ihr weit größerer Verdienst ist:
Worum geht es in der Ausstellung wirklich?
Ist sie tatsächlich eine Hommage an einen engagierten, genialen Künstler? Eine Gelegenheit noch mehr zu mahnen? Gesellschaft wieder und wieder auf Dinge zu stoßen? Oder ist es eine finanziell ausgeschlachtete Werkschau mit Lücken und Tücken, die das Urheberrecht verspottet und der Sozialkritik den Wind aus den Segeln nimmt? Diesem Spagat zu antworten, wird dem Besucher aufgezwungen. Und der ein oder andere wird bei dem Versuch sich zu beugen, starke Schmerzen verspüren. Ob der Zweck hierin die Mittel heilte, muss jeder für sich entscheiden. Irgendwo zwischen Hommage und Potential zur Blamage ist die Ausstellung schließlich zu verorten. Die Demontage droht – doch genau diese ist sein jüngstes, auffällig inszeniertes Konzept. Braucht es systemimmanente Waffen zur Bekämpfung des Systems? Damit schließt sich der Kreis eines weltberühmten Unbekannten, der Opfer seines eigenen Erfolges zu werden droht, so er diesen nicht nach vorne blickend korrigiert.
Die Ausstellungen laufen wie folgt:
Isarforum München bis 3.10.2021
STATION-Berlin (Gleisdreieck) bis 1.08.2021
halle02 Heidelberg bis 12.09.2021
Zeitenströmung Dresden bis 9.1.2022
Lulu (ehem. Karstadt), Mainz bis 16.01.2022
In Vorbereitung: Linz 19.11.2021 bis 20.02.2022
Weitere Informationen gibt es im Netz unter https://mystery-banksy.com/.