Es gibt grundsätzlich zwei Möglichkeiten, das Klassikpublikum anzuziehen. Entweder man setzt auf prominente Stars, oder man… – ja was? Die Alternative ist mühsamer, aber sie ist im wahrsten Sinne des Wortes nachhaltiger und zahlt sich auf Dauer aus. Die Universitätsmusik beschreitet diesen alternativen Weg seit Jahren, der ganz einfach darin besteht, verlässlich Qualität und interessante Programme zu bieten. Der stetig steigende Publikumszuspruch ist eine eindrucksvolle Bestätigung, und so konnte man sich auch beim diesjährigen Schlusskonzert des Wintersemesters trotz der hinderlichen Coronabedingungen auf einen Abend freuen, der programmatisch viel versprach und interpretatorisch viele Versprechungen hielt.
Beim Blick auf das Programm neigte man zunächst zum Stirnrunzeln: Eine orgelbegleitete Messvertonung für Chor vor der Pause, dafür nach der Pause rein orchestrale Werke, warum so disparate Teile? Die Antwort ist einfach, denn wegen der pandemischen Umstände war ein gemeinsames Musizieren von Chor und Orchester ausgeschlossen. So machte es Sinn, den Universitätschor nur von der großen Jann-Orgel der Konzerthalle begleiten zu lassen. An deren Tasten wirkte mit Martin Gál ein Organist aus Bratislava. Dessen Rolle bestand nicht nur in der Begleitung des Chorgesangs, sondern auch in der Interpretation der wie Prä- und Postludium umrahmenden Orgel-solo-Partien.
Das ausgewählte Werk, die Missa Brevis von Zoltán Kodály aus dem Jahre 1944, bestätigte den Anspruch von Universitätsmusikdirektor Wilhelm Schmidts, die Unimusik nicht auf ausgetretenen Pfaden wandeln zu lassen. Recht unbekannt ist das Werk, nicht vergleichbar mit Kodálys berühmtem „Te Deum“, stilistisch sehr zurückhaltend, spätromantisch nachklingend, sich jeglicher Schärfungen enthaltend. Und doch überrascht der Anfang, denn nach der in dunklen Farben gehaltenen Einleitung werden die Solistinnen durch einen schwierigen, weil extrem hohen Einsatz gefordert. Der Universitätschor folgt unfehlbar.
So gefällig Kodálys Musik wirkt, stellt sie doch genügend Ansprüche, zumal auch an den Chor, der mit großer Einsatzsicherheit und einem wunderbar runden Klang durch die einzelnen Messteile führte. Eine geglückte vokale Auswahl vorwiegend Würzburger Provenienz (Anna Feith, Sopran; Christine Mittermair, Alt; Johann Jakob Winter, Tenor; Jakob Mack, Bass) komplettierte den sehr favorablen Gesamteindruck, den diese Aufführung hinterließ, nicht zuletzt natürlich auch aufgrund des souveränen Dirigats von Wilhelm Schmidts, dem chorpädagogisch sowieso der beste Ruf vorausgeht. Großer Applaus seitens der dicht geschlossenen studentischen Reihen nach diesem Auftritt!
Carl Maria von Webers „Oberon“-Ouvertüre gehört zu den Schlagern des Repertoires seiner Gattung. Aber das muss man erst einmal können, denn wenn die Einleitung mit ihrem feinen Hornauftakt und dem warmen Streicherklang vorüber ist und der große Tuttischlag des Orchesters kommt, geht es los mit den virtuosen Passagen der Violinen. Das kriegen Laien nicht hin, dazu ist mindestens semiprofessionelles Niveau vonnöten. Massive Unterstützung von ganz hinten tritt hinzu durch das vereinte Blech – imposant. Auch das Soloinstrument kam aus der Reihe der Blechbläser und sollte anschließend noch die Hauptrolle spielen.
Für die solistische Besetzung des Instrumentalkonzertes nach der Pause, Richard Strauss’ Waldhornkonzert Nr.1 Es-Dur, konnte es nur eine Wahl geben, und das aus gleich drei naheliegenden Gründen. Der Hornvirtuose Christoph Eß ist nämlich nicht nur Solohornist bei den Bamberger Symphonikern, sondern zudem Professor für dieses Instrument an der Musikhochschule Würzburg – und einer der besten Hornisten Deutschlands sowieso. Da war ein glanzvoller Auftritt quasi vorprogrammiert, und dem Universitätsorchester schien die Prominenz des Solisten ein zusätzlicher Ansporn zum hellwachen Begleiten zu sein. Die Solopartie wurde zu einem puren Genuss, der Hornklang ist einfach betörend!
Zum glanzvollen Schluss eines gehaltvollen Konzertes erklang abermals Musik aus den vierziger Jahren, Paul Hindemiths „Symphonische Metamorphosen über Themen von Carl Maria von Weber“. Dieses Werk stand also gleich zweifach für Bezüge zum (intelligent disponierten!) Programm. Der Kopfsatz geriet noch eine Spur zu grob, doch im „Turandot“-Scherzo durfte man sich über die zahlreichen Qualitäten im Reich der Holzbläser freuen, zu denen das Hornquartett ebenso verlässlich hinzutrat wie die reich besetzte Perkussion. Wenn diese dann mit den Posaunen, Trompeten und der Tuba ein rhythmisch ausgefeiltes Fugato anstimmen, ist das die reine Hörfreude.Der Finalsatz mit dem Marsch durfte als fulminanter Rausschmeißer dienen. Mitreißender Drive als Ausklang, von einem inspirierenden Dirigenten als Impulsgeber in sichere Bahnen gelenkt, was will man mehr? Das Echo im jungen Publikum war von sichtlicher Begeisterung geprägt. Fazit: Um den Nachwuchs bei der Klassik-Zuhörerschaft braucht man sich genauso wenig Sorgen machen wie um die Bereitschaft junger Menschen zur Vervollkommnung des eigenen instrumentalen oder vokalen Könnens. Das Semesterabschlusskonzert hat davon einmal mehr ein beeindruckendes Zeugnis abgelegt.