Ich sage es gleich vorab. Mir würde es gerade besser gehen, wenn ich dieses Buch nicht gelesen hätte. Das klingt grob, fast schon anmaßend, aber anders lässt sich das Gefühl nicht beschreiben, das ich gerade empfinde, nachdem ich meine Lektüre beendet habe. Und daran sind dieser Roman und seine unbarmherzige Diktion schuld.
Die Geschichte selbst ist eigentlich schnell erzählt. Niklas, der männliche Teil eines jungen Geschwisterpaares, das seine Eltern bei einem Autounfall verloren hat, kümmert sich liebevoll um seine demenzkranke Großmutter. Nora, seine scheinbar von Magersucht gequälte Schwester, lebt in einer anderen Stadt. Niklas ist an der Uni eingeschrieben, lässt das Studium aber wegen der Pflege seiner Großmutter und aufgrund seines labilen psychischen Zustands, schleifen. Er lernt Lou, eine junge Frau, kennen, die allerdings auch ein Geheimnis zu haben scheint, welches sie nachhaltig negativ beeinflusst. Unterbrochen von familiären Problemen und ganz wenigen Momenten echter Zweisamkeit, steuern Niklas und Lou, gemeinsam oder unabhängig voneinander, so genau weiß man es nicht, ihrem persönlichen Ende entgegen.
Auf 260 Seiten verteilte Hoffnungslosigkeit, die man schlimmer, und das ist das faszinierenden an diesem Buch, fast nicht beschreiben kann. Selbst der Schreibstil drückt einem aufs Gemüt, wobei damit nicht gesagt sein soll, dass sich das Buch nicht flüssig lesen würde. Es ist diese Fatalität, die fast wie zäher Schleim zwischen allen Zeilen hervortritt und bei der man aufpassen muss, dass sie einen nicht irgendwann in ihren Bann zieht.
Die 1986 geborene Berthe Obermanns legt mit „Gleich unter der Haut“ einen Debütroman vor, der einerseits Lust auf mehr macht, andererseits jedoch auch sehr verstörend wirkt. Bleibt zu hoffen, dass ihre Vergangenheit als Rechtsanwältin im Straf- und Migrationsrecht, sie zukünftig auch mal ein etwas „leichteres Thema“ zur Grundlage eines Romans machen lässt. Wir empfehlen „Gleich unter der Haut“ nur wirklich starken Gemütern als Lektüre. Großartig ja, lesenswert ja, aber auch sehr verstörend.
Berthe Obermanns: Gleich unter der Haut, Roman, Osburg Verlag, Hamburg, 2022, 260 Seiten, 24 Euro, ISBN: 978-3-95510-291-3