Bei der feierlichen Eröffnung des Unterrichts- und Konzertsaals in Haus Marteau in Lichtenberg (27. August) zeigte sich der Bayerische Staatsminister für Wissenschaft und Kunst Bernd Sibler begeistert von dem neuen unterirdischen Saal.
„Dank des leidenschaftlichen Einsatzes Vieler ist Haus Marteau ein Aushängeschild unseres bayerischen Kulturstaates!“, betonte der Minister. Der bis zu 100 Besucher fassende Raum besticht durch seine spektakuläre Gestaltung und seine herausragende Akustik. Dort werden künftig Unterrichtsstunden der Meisterkurse und deren Abschlusskonzerte sowie der Internationale Violinwettbewerb Henri Marteau stattfinden. „Unsere Meisterkurse für die Künstlergeneration von morgen erhalten damit einen gebührenden, exzellenten Rahmen. In den letzten Jahren war es dem Bezirk als Träger dieser einzigartigen Einrichtung ein Anliegen, das Haus zu öffnen, ohne die intensive künstlerische Arbeit zu beeinträchtigen“, sagte Bezirkstagspräsident Henry Schramm in seiner Begrüßung. Gerne hätte man den Konzertsaal als „volles Haus“ eröffnet, bedauerte der Bezirkstagspräsident die Beschränkungen durch die Corona-Pandemie, die nur eine kleinere Gästezahl zuließ.
Wände und Decken des 122 m2 großen Raums sind mit imposanten Granitspitzen versehen – eine Weltneuheit. Deren gebrochene Oberfläche generiert eine optimale Streuung des Schalls und eine akkurate Akustik und schafft gleichzeitig einen eindrucksvollen Raum. Die bis zu 13 Meter langen, ineinanderlaufenden Granitspitzen an Wänden und Decke fächern den Raum auf und beeindrucken Besucherinnen und Besucher mit dem imposanten Spiel von Licht und Schatten. Die schwerste Granitspitze wiegt knapp sieben Tonnen. 330 Granitplatten wurden im Werk der Firma Kusser in Aicha vorm Wald mit Stahl zu 33 Granitkörpern verbaut.
„Mitten im Frankenwald darf man sich auf Konzertaufführungen auf Weltklasseniveau freuen. Architektonisch ist der neue Konzertsaal (…) eine echte Attraktion.“
Der seitlich unterhalb der Künstlervilla gelegene Unterrichts- und Konzertsaal misst 13x13 Meter. Die rund 66 m2 große Bühnenfläche befindet sich etwa viereinhalb Meter unter der Geländeoberfläche.
Mit der von der Oberfrankenstiftung und dem Bayerischen Kulturfonds unterstützten Doppel-Baumaßnahme wurde im Herbst 2017 begonnen. Die Kosten für den Umbau des Gartengeschosses, den Bau des Unterrichts- und Konzertsaals sowie die barrierefreie Erschließung des Hauses liegen bei 5,2 Millionen Euro. Der Kulturfonds Bayern bewilligte eine Förderung in Höhe von 852.600 Euro, die Oberfrankenstiftung bezuschusste den Bau mit 668.000 Euro.
Die bergbauliche Geschichte Lichtenbergs inspirierte Architekt Peter Haimerl, die Stimmung in einem Bergwerk einzufangen. Haimerl blickte in seiner Rede auf Geschichte und Gegenwart von Haus Marteau: „Wir wären nicht hier, wenn nicht Marteaus Frau Blanche bis zu ihrem Tod die Erinnerung an Henri Marteau wachgehalten hätte, indem sie das Haus in unverändertem Zustand ließ und über 50 Jahre lang so gut es ging am Leben hielt. Alles wäre mit ihrem Tod vorbei gewesen. Wir wären nicht hier (…), wenn nicht zu Beginn der 80er Jahre des letzten Jahrhunderts der Bezirk Oberfranken die Villa übernommen hätte, um sie als Musikbegegnungsstätte im Sinne Henri Marteaus weiterzuführen. Wir wären nicht hier, wenn nicht der Bezirk Oberfranken erkannt hätte, dass es sich hier um ein wichtiges soziales Vorhaben handelt, dass Gemeinsinn auch bedeutet, Kulturgüter zu schützen und breiten Schichten der Gesellschaft zugänglich zu machen“, sagte Haimerl mit Blick auf die Internationale Musikbegegnungsstätte.
Die Eröffnungsfeier wurde musikalisch hochkarätig umrahmt von dem international erfolgreichen Pianisten Prof. Bernd Glemser, der Haus Marteau seit vielen Jahren als Dozent für Klavier verbunden ist. An seiner Seite als Geigensolist brillierte der junge Tassilo Probst, der bereits mehrmals als Meisterschüler bei Kursen in Haus Marteau war.
„Dieser Saal macht dankbar und er macht Mut, mit Freude Menschen miteinander zu verbinden durch Musik“, so der Künstlerische Leiter des Hauses, Prof. Christoph Adt, in seiner Ansprache. Neben dem atemberaubenden Unterrichts- und Konzertsaal sei vor allem die Erneuerung des kompletten Untergeschosses ein großer Gewinn für den Kursbetrieb: „Durch Absenken des Fundamentes ist quasi ein ganz neues Gartengeschoss mit hohen und hellen Räumen entstanden; das sind ideale Arbeitsräume. Dass unser Betrieb barrierefrei geschieht, bedarf eigentlich gar nicht der Erwähnung, obwohl uns dies bei Planung und Durchführung der Baumaßnahme unbedingt wichtig war“, ergänzte Adt.
Haus Marteau wurde von Marteaus Witwe Blanche bis zu ihrem Tod 1977 gehütet. Sie war ebenso wie ihre älteste Tochter Mona Linsmayer-Marteau darauf bedacht, das Anwesen im Sinne des großen Geigers zu erhalten und weiterzuentwickeln, erinnerte Lichtenbergs Bürgermeister Kristan von Waldenfels mit dem Ausschnitt einer Radiosendung an die Familie Marteau.
Er freue sich sehr über die Weiterentwicklung von Haus Marteau: „Wir, die Lichtenberger Bürgerschaft, sowie natürlich die gesamte Musikwelt, sind hier dem Bezirk Oberfranken zu großem Dank verpflichtet. Ohne ihn wäre dieses Kleinod, das weltweit einzigartig ist, nicht verwirklicht worden.“
Haus Marteau fördert mit jährlich etwa 40 Meisterkursen für klassische Instrumente und Gesang den Austausch zwischen jungen Künstlerinnen und Künstlern und ermöglicht konzentriertes Arbeiten, angeleitet von international renommierten Dozentinnen und Dozenten. Die Kursteilnehmer präsentieren im Abschlusskonzert im neuen Unterrichts- und Konzertsaal die Ergebnisse der intensiven Unterrichts- und Probentage öffentlich.
Mit dem Kursprogramm 2021 begrüßt der Künstlerische Leiter, Prof. Christoph Adt, in der Künstlervilla fünf neue Dozenten: Christiane Iven, Andreas Langenbuch, Henrik Wiese, Michail-Pavlos Semsis und Hannes Läubin.
Hannes Läubin, seit 1996 als Professor an der Münchner Musikhochschule, formuliert, was die Maxime für die Meisterkurse ist: „Mir ist es äußerst wichtig, dass wir gemeinsam auf einer menschlichen, respektvollen Zusammenarbeit das beste Ergebnis für jeden erzielen können.“ Von aktiven Künstlern wie Läubin, die auf eine umfangreiche Discographie, zahlreiche solistische Engagements sowie eine erfolgreiche Lehrtätigkeit verweisen können, profitieren die jungen Meisterschülerinnen und Meisterschüler ungemein.
Die Sopranistin Christiane Iven war eine international gefragte Konzert-, Lied- und Opernsängerin. Für ihre künstlerischen Leistungen wurde sie mit bedeutenden Preisen ausgezeichnet und zur Kammersängerin ernannt. Von 2001–2007 hatte sie eine Professur für Gesang an der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover inne und lehrt seit 2013 an der Hochschule für Musik und Theater München. Sie gibt zahlreiche Meisterkurse und ist Jurymitglied bei internationalen Gesangswettbewerben.
Andreas Langenbuch ist Professor für Klarinette an der Robert-Schumann-Hochschule für Musik Düsseldorf sowie Soloklarinettist im Kammerorchester Köln. Er wird im September im Haus einen Meisterkurs für Klarinette leiten. Als Solist und Kammermusiker tritt er im europäischen In- und Ausland auf, ferner regelmäßig in Seoul wie auch in Peking.
Zur langjährigen Dozentin im Fach Flöte, Prof. Andrea Lieberknecht, gesellt sich jetzt als neuer Lehrer Prof. Henrik Wiese, seit 2006 Soloflötist im Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks. Er erhielt 2018 einen Ruf an die Hochschule für Künste in Bremen, 2020 folgte ein weiterer Ruf an die Hochschule für Musik Nürnberg. Haus Marteau-Verwaltungsleiter Dr. Ulrich Wirz: „Prof. Wiese ist zudem als Herausgeber und Bearbeiter für namhafte Verlage tätig. In Haus Marteau wird er erstmals im März 2022 junge Flötistinnen und Flötisten unterrichten.“
Auch im Fach Kontrabass gibt es mit Michail-Pavlos Semsis eine Neuverpflichtung. Seit 2018 ist er Solobassist im Gewandhaus Orchester Leipzig und wird von August 2021 an als Solobassist im WDR-Sinfonieorchester tätig sein. Daneben arbeitet er als Lehrbeauftragter an der Gutenberg Universität Mainz und der Hochschule für Musik Nürnberg. Der 1993 in Athen geborene Semsis war bereits 2016 als Orchestercoach für das Jugendsymphonieorchester Oberfranken engagiert. Im Juni 2022 kehrt er als Dozent ins Haus zurück und tritt die Nachfolge von Prof. Michinori Bunya an.
Das neue Kursprogramm 2021/22, das im September begann, umfasst 37 Meisterkurse, darunter neun Kurse für Klavier, sechs Meisterkurse für Violine sowie sieben Meisterkurse für Gesang. Angebote für Cello, Kontrabass, Viola, Fagott, Flöte, Oboe, Klarinette, Percussion und Trompete sowie Horn/Posaune/Tuba ergänzen das breitgefächerte Programm in der Künstlervilla.
„Wir möchten ausdrücklich allen unseren Dozentinnen und Dozenten danken, die uns zum Teil seit über 20 Jahren die Treue halten und jedes Jahr wieder ihr Wissen, ihre technischen Tricks und ihre Erfahrungen an die nachrückende Künstlergeneration weitergeben. Sie alle genießen das Flair des Hauses, die idealen Unterrichtsbedingungen im einstigen Domizil des Violinvirtuosen Henri Marteau und bereichern Jahr für Jahr das oberfränkische Kulturleben“, betont Verwaltungsleiter Dr. Ulrich Wirz. Weitere Infos und tägliche News finden Sie auch auf den Social-Media-Kanälen des Bezirks Oberfranken bei Facebook, Instagram und YouTube.
Monika Hopf