Immer auf der Suche nach neuen, oft auch ungewöhnlichen Spielstätten sind sie beide, Martin Neubauers Bamberger Brentano-Theater wie das Theater im Gärtnerviertel. So geht Letzteres im Januar in das Atelier von Bernd Wagenhäuser, zu finden im Rückgebäude in der Gertraudenstraße 10. Dort wird es am 14., am 15. und am 16. Januar zur Wiederaufnahme von „König Ödipus“ kommen, und zwar in einer Neudichtung von Bodo Wartke. Spielort und aufgeführtes Stück werden hier aufs Schönste zusammenfinden, denn Bernd Wagenhäusers überwiegend in COR-TEN-Stahl gefertigte Plastiken lassen an die archaischen Kräfte antiker Mythen denken. Und so passt die griechische Tragödie von Sophokles ganz wunderbar in Wagenhäusers großzügigen Ausstellungsloft.
Es spielen Olga Seehafer und Stephan Bach, der zusammen mit Nina Lorenz das freie Theater im Gärtnerviertel im Herbst letzten Jahres ins Leben gerufen hat. Lorenz ist es auch, die Regie führt, während der gebürtige Bamberger Schlagzeuger Johannes Klütsch die Musik beisteuert. Nikola Voit hat die Kostüme entworfen, und als Bühnenbild dienen eben Objekte und Bilder von Bernd Wagenhäuser. Bodo Wartke hat den Klassiker in ein freches, kurzweiliges Gewand gepackt, das sich, obgleich in Reimform, der zeitgenössischen Sprache bedient. Dergleichen kommt beim Publikum gut an, so gut, dass sich das Theater im Gärtnerviertel nach dem großen Erfolg im vergangenen März zu einer Wiederaufnahme des „König Ödipus“ entschlossen hat.
Eine Bamberger Erstaufführung ist hingegen Thomas Paulmanns Tragikomödie „Die Unzertrennlichen“, die im zurückliegenden Sommer von der Theaterwerkstatt Haßfurt zur Uraufführung gebracht worden ist. Geboten wird ein flottes Improvisationsschauspiel mit Musik, die nicht aus der Konserve kommt, sondern vielmehr von dem Gitarristen Jakob Fischer. Bisweilen kommen in dieser ungewöhnlichen Mischung von mal improvisierten, mal inszenierten Szenen die Vorgaben von den Zuschauern. In der Rolle des scheinbar glücklichen, im Beruf erfolgreichen Ehepaares Marina und Günther sind Olga Seehafer und Thomas Paulmann zu erleben. Die Regie liegt in den Händen von Nina Lorenz. Vom 2. Dezember bis zum 18. Dezember stehen insgesamt neun Aufführungen an. Ein Spielort wird noch bekanntgegeben werden.
Verbindungen zwischen dem Theater im Gärtnerviertel und dem in der Gartenstraße 7 gelegenen Brentano-Theater gibt es insofern, als sowohl Stephan Bach als auch Heidi Lehnert und Ursula Gumbsch mit dessen Betreiber Martin Neubauer zusammengearbeitet haben. Neubauer ist bekannt für seine erfrischend ungewöhnlichen Programme. Ein um das andere Mal gelingt es ihm, Vergessenes und (nahezu) Unbekanntes auszugraben. Häufig sind es die stillen oder doch leisen Töne, die in dem fast winzigen Theater in der Gartenstraße angeschlagen werden. Den Auftakt des Dezember- und Januar-Programmes macht am Vorabend des 2. Advent um 20 Uhr ein literarischer Nikolausabend, der der Gestalt des Heiligen und Schutzpatrons quer durch die Literaturgeschichte nachspürt.
Sodann werden unter dem Titel „Die Flucht nach Ägypten“ zwischen dem 17. Dezember und dem Heiligen Abend (dann ist der Beginn auf 15 Uhr angesetzt) insgesamt fünfmal nostalgische, märchenhafte, heitere, aber auch kritische Erzählungen und Gedichte rezitiert, die um das Flüchtlingskind Jesus kreisen. „Es wird nicht moralisiert, es wird nicht penetrant tagesaktuell“, verspricht Neubauer, der damit daran erinnern will, dass man an Weihnachten immer auch „die Geburt eines jüdischen Flüchtlingskindes feiert“. Immer für einen Knaller gut ist Neubauers Silvesterprogramm, das in diesem Jahr zweimal zu erleben sein wird, an dessen finalem Tag, jeweils um 17 Uhr und um 19 Uhr. Und zwar in der Kapelle St. Johannis auf dem Oberen Stephansberg – ein bunter Reigen mit Jahresrückblicken und literarischen Ausgrabungen. Tradition hat die Dreikönigs-Lesung, zu welcher Neubauer am 6. Januar um 17 Uhr in sein Domizil in der Gartenstraße bittet. Einmal noch wird es im Dezember, nämlich am 3., kommt es zur Aufführung von Goethes Märchen um „Die neue Melusine“, das sich ursprünglich im dritten Buch von „Wilhelm Meisters Wanderjahren“ findet. Die romantisch-phantastische Liebesgeschichte, die in ihrer üppigen Bildersprache durchaus an E. T. A. Hoffmann erinnert, werden Martin Neubauer und Victoria Heinz in einen szenischen Theaterabend verwandeln.
Nur am Rande sei noch erwähnt, dass Neubauer, der mehr als passabel zu singen (und auch Gitarre zu spielen) vermag, immer wieder auch die Musik in seine Programme mit einbindet. Schon seit Jahren tut er das in der Karmelitenkirche, wo er gemeinsam mit dem ehemaligen Cellisten der Bamberger Symphoniker – Bayerische Staatsphilharmonie, Karlheinz Busch, die Reihe „Kultur der Stille“ etabliert hat. Man merke sich den Mittwoch, 16. Dezember (18.30 Uhr) vor. Legendär sind lägst auch Neubauers Zusammentreffen mit dem Tubisten der Staatsphilharmoniker, Heiko Triebener, von denen es 2016 gewiss eine Fortsetzung geben dürfte.
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Die Unzertrennlichen, Foto © Werner Lorenz
Goedipus, Foto © Werner Lorenz