Denkt man an feinsten, internationalen Blues, haben die wenigsten wohl das kleine Städtchen Haßfurt auf dem Schirm. Dabei kann die Haßfurter Bluesnacht, die dieses Jahr ihr 15-jähriges Bestehen feiert, genau das bieten. Besonders ist dieses Jahr die Kombination aus Lokalität und Internationalität, welche die Genrevielfalt des Blues vollkommen abdeckt. Neben dem lokal etablierten Gitarristen Jochen Volpert, der von seiner Ehefrau Carola Thieme mit ihrem Gesang begleitet wird, gibt auch der italienische Bluesman Andrea De Luca sein Können zum Besten. Dieser durfte sein Heimatland bei der International Blues Challenge 2024 in den USA vertreten und hat extra für Haßfurt sogar noch einen hochinteressanten Special Guest im Schlepptau. Jörg Himmrich ist sich sicher: Dieser musikalische Teppich wird begeistern. Zum zweiten Mal ist seine Blues Vibrations Agency nun in Kooperation mit dem Kulturamt Haßfurt, allen voran Stefanie Schleicher, an der Organisation der Bluesnacht beteiligt. Als „Brücke“ zwischen Künstler:innen und Veranstaltern in ganz Europa ist Himmrich so etwas wie der Garant für einen internationalen und musikalisch diversen Abend. Wir haben mit ihm über das Konzept der Veranstaltung, die stilistischen Eigenheiten und die Entwicklung des europäischen Blues gesprochen.
Leicht verändert hat sich die Struktur des Abends. Letztes Jahr hatten wir zwei Headliner, die jeweils rund 90 Minuten gespielt haben. Dazwischen war eine kurze Pause, mit der Möglichkeit, Merchandise der Künstler:innen zu erwerben. Dieses Jahr haben wir zusätzlich zu den Konzerten am Ende des Abends noch eine Jam Session geplant, in der die verschiedenen Musiker:innen zusammenkommen. Das scheint in den Jahren zuvor immer gut angekommen sein. Zeit für Merchandise wird auf jeden Fall auch noch bleiben. Da arbeiten wir immer sehr eng mit den Musiker:innen zusammen, die leben schließlich davon.
Bei uns steht erstmal im Fokus, die Leute erfolgreich zu bespaßen, wie man bei mir im Rheinland sagt, und etwas Anderes zu präsentieren. Beim Blues denken die meisten entweder an die Blues Brothers oder an traurigen, bluesigen Sound. Die Blues-Musik hat sich aber in den letzten Jahren enorm gewandelt. Wir haben den Anspruch, mit der Bluesnacht im Laufe der Zeit alles an Möglichkeiten des Blues zu zeigen, die intuitiv wahrscheinlich den wenigsten in den Sinn kommen. Und mit Stefanie Schleicher vom Kulturamt Haßfurt und der Blues Vibrations Agency hat sich hier etwas zusammengetan, was versucht internationale Blues Musiker:innen für einen vergleichsweise moderaten Preis einem breiten Publikum zu präsentieren, die man sonst nur auf größeren Festivals erleben kann. Wie genau dann der Abend abläuft, ist eher zweitrangig. Oberste Priorität ist die musikalische Qualität.
Der Auswahlprozess besteht vor allem aus sehr viel Anschauen und Anhören potenzieller Musik. Wir sind dabei völlig offen und orientieren uns über Grenzen hinweg europaweit, eigentlich sogar weltweit. Denn gute Musiker:innen gibt es überall. Und gute Musik ist für uns wie gesagt die Hauptsache. Oft existiert ein reines Schubladendenken nach dem Motto, wenn ein Konzept 100-mal funktioniert, funktioniert es auch ein weiteres Mal. Wir wollen das ablegen.
Der Blues ist und bleibt letztendlich eine Liebhabermusik mit einer bestimmten Fangemeinde. Und Fans sterben leider irgendwann aus. Das schadet dann allen Beteiligten. Deshalb ist es wichtig, flexibel zu bleiben und Konzepte anzupassen. Gleiches gilt für sture Genre Zuschreibungen, die wir zu ignorieren versuchen. Ob jetzt jemand eher dem modernen oder dem traditionellen Blues zugehörig ist, spielt keine Rolle. Es ist egal, wie lange jemand schon im Business ist oder wie viele Preise er oder sie abgeräumt hat. Bei uns gilt nur Leistung. Letztes Jahr zum Beispiel stand Özgur Hazar’s Blues Syndicate aus Belgien auf der Bühne. Auf die bin ich durch Zufall beim Recherchieren gestoßen. Ich kannte die nicht. Niemand kannte die in Deutschland. Und die sind super angekommen und konnten seitdem auf einigen großen Festivals spielen wie dem Tollwood München oder dem 20 Jahre Jubiläum der Harley Days in Hamburg. Gleiches gilt übrigens für die Band „The Chilkats“ aus Hamburg, die letztes Jahr mit dabei waren und das Publikum begeistern konnten.
Modern Blues Guitar ist sein komplett eigener Stil, bei dem verschiedene musikalische Richtungen adaptiert werden. Bei ihm kommt vor allem Blues, Country, Funkblues, Bluesrock, Jazz, aber auch Experimentelles zusammen. Seine Musik ist also zeitgenössisch und modern zugleich. Musikalisch ist das äußerst hochwertig. Auch der Gesang seiner Ehefrau Carola Thieme, die selbst schon mehrere Platten herausgebracht hat, trägt dazu einen großen Teil bei.
Andrea De Luca ist ein italienischer Bluesgitarrist, Sänger und Songwriter, der sich jetzt schon mehr als 20 Jahre ganz dem Electric Blues verschrieben hat. Er hat mir persönlich einen Pressetext, speziell für die Haßfurter Bluesnacht geschrieben. Das ist mir so auch noch nicht untergekommen. Man merkt ihm seine Ambition an, außerhalb Italiens Fuß fassen zu wollen. Musikalisch auffällig ist vor allem sein meisterhaftes Lap-Steel Gitarrenspiel. Mittlerweile hat er sogar eine eigene Musikschule, die sich ganz diesem Instrument widmet. Er beherrscht es, wie kein anderer.
Zunächst einmal ist die Lap Steel Gitarre hier in Europa nicht das große, oft bespielte Instrument. Das ist eher eine Erscheinung aus den Staaten. Die Lap Steel Gitarre überzeugt durch einen deutlich wärmeren und weicheren Sound, womit sie sich zum Beispiel von einer Telecaster abhebt. Gespielt wird mit Hand und Stahlstab, weshalb die Melodien meist nicht so schnell gespielt werden wie auf einer klassischen Lead Gitarre, sondern eher wie damals in der Country Musik. Einsetzbar ist die Gitarre aber zum einen begleitend, aber auch als Soloinstrument.
Wir haben mit Angel Ocasio Jr. noch einen jungen Künstler aus den Staaten für den Abend gewinnen können. Ich selbst kannte ihn zuvor nicht, muss ich zugeben. Letztlich ist er durch einen günstigen Zufall mit am Start. Andrea De Luca ist nämlich selbst auf mich zugekommen und hat ihn mir präsentiert. Die beiden kennen sich aus den USA. Stefanie Schleicher vom Kulturamt und ich haben uns dann sehr schnell dafür entschieden, ihn mit in unser Line Up aufzunehmen. Denn das passt wirklich perfekt zu unserem Jubiläum. Drei verschiedenen Bands aus drei unterschiedlichen Ländern - Was kann man sich Besseres wünschen?
Ja, das darf man. Erstmal präsentieren die Headliner getrennt ihre eigene Musik. Andrea de Luca bringt pünktlich zur Bluesnacht sogar noch eine neue Platte heraus. In der Jam Session kommen dann alle zusammen und spielen Cover Versions, Klassiker des Blues mit Wiedererkennungswert. Eben Songs, die die Leute kennen. Sowas wie „Everybody likes the Blues“. Aber auch hier fließen natürlich die Eigenheiten der Musiker mit ein. Ich bin sehr gespannt, wie das klingen wird.
Leider ist zu beobachten, dass viele Agencys versuchen, dem amerikanischen Konzept nachzueifern. Wir versuchen hingegen Musiker:innen, die Besonderes leisten, auch fair mit einzubinden und zu bezahlen. Letztendlich sollen sich alle wohlfühlen, also Künstler:innen und Veranstalter:innen. Musikalisch nehme ich wahr, dass immer mehr versucht wird, hier und da mal einen Touch Blues in die Musik einfließen zu lassen. Andererseits gibt es viele, die sich immer weiter vom traditionellen Blues entfernen. Das öffnet den Blues ein wenig in Richtung des Mainstreams und erweitert somit auch die Zuhörerschaft. Es gibt aber auch immer noch Puristen, die ihrer ursprünglichen Musik treu bleiben und weiter auf ihre eingeschworenen Fans setzen. Letztendlich bleibt der Blues aber Liebhabermusik. Seine spannende Entwicklung muss man aber auf jeden Fall im Blick behalten.
Danke auch! Ich freue mich auf einen musikalisch hochwertigen Abend und bin jederzeit offen für Gespräche.
Die 15. Haßfurter Bluesnacht findet am 25.10.2024 im Alten Rathaus Haßfurt statt. Mehr Infos und Tickets gibt es online unter www.kulturamt-hassfurt.de/.