Für eine Zeitreise in die religiös wie kulturell wirkmächtigen Dekaden der Reformation bedarf es in Rothenburg ob der Tauber keiner aufwendigen Inszenierungen. Hier ist die Stadt selbst schon die beste Bühne, um die bahnbrechenden Ideen, die Kriegswirren und wirtschaftliche Blütezeit des 15. und 16. Jahrhunderts auferstehen zu lassen. Zur Lutherdekade widmen sich zwei Sonderausstellungen der Reformation und ihrer Auswirkungen rund um die Person Martin Luthers. „Mit dem Schwert oder festem Glauben – Luther und die Hexen“ im Mittelalterlichen Kriminalmuseum nimmt den Besucher vom 1. Mai 2016 bis 31. Dezember 2018 mit auf eine Reise durch mehrere tausend Jahre Zauber- und Aberglauben. Wie dachte der große Reformator über Zauberer oder Hexen? Aus wertvollsten Schriften bedeutender Kleriker lässt sich erfahren, wie man es früher mit Teufeln und Dämonen hielt. Stiche von Holbein, Dürer, Grien und Breughel erwecken die Welt des Mittelalters und der frühen Neuzeit zum Leben.
Die vom 2. Oktober 2016 bis 30. September 2017 anberaumte Ausstellung „Medien der Reformation – Kampf der Konfessionen“ beleuchtet die Konflikte jener Zeit und zeigt, welche Rolle gerade dem gedruckten Wort zukommt, denn die Reformation wäre wohl niemals zu einem so umwälzenden Ereignis für Europa, ja für die ganze Welt geworden, hätte es die Fortschritte im Buchdruck nicht gegeben. Luthers Schriften machten in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts ein Drittel der deutschen Buchproduktion aus. Daneben wurden Flugschriften gedruckt, die reißenden Absatz fanden. Der Ansbacher Kanzler Georg Vogler hinterließ der Stadt Rothenburg nach seinem Tod 1550 eine umfangreiche Sammlung solcher reformatorischer Flugschriften. In diesem Fundus wird der erbittert geführte Glaubens- und Kulturkampf, der während der Reformation tobte, auf drastische Art deutlich und die Ausstellung macht anschaulich, dass Hasspredigten und Schmähungen – also die Verführung bzw. der Aufruf zu Terror und Zerstörung – keine Erfindung der modernen Medien sind.