Die Vorfreude auf das 27. Jazz & Blues OPEN-Festival in Wendelstein hat auch die prekäre Lage im gesundheitlichen Bereich nicht getrübt. Festivalleiterin Andrea Söllner und ihre Mitstreiter übten sich in angenehmer Zurückhaltung. Und so soll, so der Stand zum Redaktionsschluss dieser Ausgabe, in der Zeit von 24. April bis zum 1. Mai die schmucke Marktgemeinde wieder für einige Tage im Mittelpunkt der Blues- und Jazzwelt stehen.
Die Macher haben sich dabei einmal mehr nicht in Zurückhaltung geübt. Ganz im Gegenteil. Am 27. April wartet ein absoluter Hochkaräter in der umgebauten Wendelsteiner Eventarena auf die Zuhörer. Der britische Sänger, Entertainer und Komponist Jamie Cullum gibt sich die Ehre. Man kann es getrost als Sensation bezeichnen, dass der 40-Jährige seine Zusage gegeben hat. Schließlich gilt er nicht umsonst als der aktuell populärste Künstler im poplastigen Jazzgenre. Millionenfach verkaufen sich seine Alben, mit seiner Sammlung von Preisen könnte er das Wohnzimmer eines normalsterblichen Menschen mühelos füllen. Der aus Essex stammende musikalische Grenzgänger, längst in der Millionenstadt London lebend, ist was das Songwriting betrifft längst am Popolymp angekommen. „Das kann ich am Besten“, sagt er und schafft es dabei, seine eigenen Texte auch noch in das entsprechende musikalisch Gewand zu stecken. So schmückte er sein neuesten Machwerk ganz ungewohnt mit eher funkigen Klängen aus, erinnert nicht nur in einer Spielsequenz außerordentlich dem großen und musikalisch unsterblich gewordenen Prince – das Schönste daran: Live versteht es der Brite, seinen Songs mitunter eine ganz eigene Dynamik zu verleihen. Spielfreude pur, gepaart mit guter Laune. Das ist garantiert bei Jamie Cullum.
Cullum ist beileibe nicht der einzige Hochkaräter während der fünften Jahreszeit in Wendelstein. Gleich zum Auftakt am 24. April gibt es Swing vom Allerfeinsten: Das Pasadena Roof Orchestra ist anlässlich seines 50-jährigen Bühnenjubiläums unterwegs. Die elf Musiker sind auf allen Bühnen der Welt unterwegs, durften – ganz britisch – sogar schon bei der Queen persönlich vorsprechen. Eingeleitet wird der Eröffnungsabend in der Eventarena von Cyrille Aimée. Ihr neues Album ist eine Hommage an den großen Musical Komponisten Stephen Sondheim. Cyrille Aimée, Tochter eines französischen Vaters und einer dominikanischen Mutter machte Straßenmusik in Europa und überzeugte das Publikum im New Yorker Apollo Theatre. Erst kürzlich wurde Sie für einen Grammy nominiert. Manchmal erinnert die bezaubernde Sängerin mit ihrer nicht minder schön anzuhörenden Stimme dabei fast ein wenig an Barbara Streisand. Es wäre kaum verwunderlich, würde die 35-Jährige ihren Status als Geheimtipp endgültig ablegen können und den Weg in Richtung mainstreamig und radiokompatibel schaffen.
Der 25. April steht schließlich ganz im Zeichen der Jazzgitarristen. Mit Al Di Meola und Okan Ersan & Noise Adventures kommen zwei Ausnahmegitarristen auf die Bühne in Wendelstein. Mit der Deutschlandtour zu Across the Universe lädt Al Di Meola seine Fans ein eine sehr persönliche Musiktour durch sein Leben beginnend als musikalisches Wunderkind bin hin zu seinem Leben als Vater, Ehemann, guter Freund mit allen Erkenntnissen und Verlusten bis hin zu seiner Beatles-Leidenschaft nachzuempfinden. Mit dieser musikalischen Retroperspektive seines Lebens, seiner Musik und seiner einzigartigen 50 jährigen Karriere wird ein Blick in die neuen Musik-Abenteuer gewährt, mit denen er seine Zukunft pflastern will.
Früher, da standen sie noch auf verschiedenen Seiten: Eckhard Meszelinsky war derjenige, der zuhörte und sein Gegenüber, den Musiker Okan Ersan, einlud, bei seinem international renommierten Festival aufzutreten. Also kam der Ausnahmegitarrist aus Zypern zu den Leverkusener Jazztagen. Verquickte dort Jazz, Rock und die Klänge seiner südeuropäischen Heimat zu einer wunderbar dahingleitenden und den Hörer umschmeichelnden Neo-Folk-Version des Fusion. Und Eckhard Meszelinsky, der Festivalchef mit Hut, freute sich über einen weiteren Künstler, der die Relevanz der Jazztage inmitten eines heutzutage immer unübersichtlicher wuchernden Musikzirkus bestätigte. Der Grundstein war gelegt. Nach und nach entstand eine Freundschaft zwischen den beiden Männern. Die Musik als verbindende Leidenschaft tat ihr magisches Werk. Und heute stehen Eckhard Meszelinsky und Okan Ersan folgerichtig zusammen da. Eckhard Meszelinsky brachte seine neue Formation Noise Adventures um ihn selber als Mastermind und Saxofonisten, Christian Dellacher als Arrangeur und Pianisten sowie Jan Niemeyer als Schlagzeuger in diese Verbindung hinein. Okan Ersan wiederum holte seinen Bruder Oytun Ersan am Bass hinzu.
Am 29. April ist das traditionelle Kirchenkonzert in St. Nikolaus. Mit Accent dürfen sich A Cappella Musik–Freunde auf einen besonderen Abend freuen. Accent ist wohl die spektakulärste Jazz-Gesangsgruppe seit Take 6. Am 1. Mai lädt der Markt zum Open Air in den Altort ein. Wie auch in den vergangenen Jahren wird auch an diesem Tag wieder ein hochkarätig besetztes Line up geboten – bei freiem Eintritt. Den Abend beschließen in der Jegelscheune Lutz Häfner & Rainer Böhm.