
Gleich mit einer Uraufführung startet die Tanzcompagnie des Mainfranken Theaters in die neue Spielzeit. Unter dem Titel „Classic Soul“, verbindet die Produktion Lieder der afroamerikanischen Soul- und Jazzsängerin Nina Simone mit Klaviermusik von Johann Sebastian Bach. Die Stimme Simones, erzählt Dominique Dumais, die Ballettdirektorin des Mainfranken Theaters in Würzburg, habe sie schon immer fasziniert. So sehr, dass sie daraus ihr neues Tanzprojekt entwickelt hat, das erst am 2. November in der Theaterfabrik Blaue Halle, einer Spielstätte des Würzburger Theaters, uraufgeführt wurde. Aber es war nicht nur die Stimme Simones, die die Choreografin begeisterte, sondern auch ihr außergewöhnliches Klavierspiel und ihre Fähigkeit zu performen. So sei die Idee zu diesem Projekt dann in Bewegung gekommen, sagt Dumais rückblickend.
Nina Simone (1933 bis 2003), mit bürgerlichem Namen Eunice Kathleen Waymon, wurde in Tryon, North Carolina/USA geboren. Schon früh war sie mit Musik, besonders Gospel- und Kirchenmusik in Berührung gekommen. Sie begeisterte sich für das Klavierspiel sowie auch für die Musik Bachs, die sie ihr ganzes Leben begleiten sollte. „Bach made me dedicate my life to music“, beschrieb Simone einmal ihre Entscheidung, sich der Musik zu widmen und Konzertpianistin zu werden. Aufgrund ihrer familiären Herkunft blieb ihr damals ein klassisches Musikstudium verwehrt. Allmählich schaffte sie es doch, als Sängerin und Pianistin arbeiten zu können, so dann auch bekannt zu werden. Ihre Lieder, die bis heute gespielt werden, spiegeln ihre Lebensgeschichte, ihren persönlichen Kampf mit dem Leben und ihren eigenen Dämonen sowie die gesellschaftlichen Bedingungen und ihre Überzeugungen wider.
All das möchte die Choreografin in die Sprache des Tanzes in vielfältige Körperbewegungen übersetzen, gleichzeitig die Seelenverwandtschaft zwischen der facettenreichen Musik Simones und der Vielfalt von Bachs Werken zumindest auszugsweise aufzeigen. Bei Konzerten habe die Sängerin, betont die Choreografin, immer wieder Improvisationen über Bach in ihre Lieder einfließen lassen, kurz: Bach meets Jazz. Improvisation als Element der Gestaltung, findet sich bei Bach und im Barock ebenso, wie im Jazz oder auch dem Tanz. Klaviermusik eignet sich sehr gut, da es mit seiner großen tonalen Spannbreite wie ein kleines Orchester die Bewegungen begleitet, gleichzeitig auch rhythmisch vielfältig ist.
Zunächst habe sie viel Musik der Künstlerin gehört, so Dumais, um nach und nach überhaupt eine Songauswahl treffen zu können, diese dann aber mehrmals abgeändert, bis die endgültige Auswahl feststand. „Dabei wurde bald klar“, sagt sie, „dass die Musik zur Choreografie unbedingt Live-Mitschnitte von Konzerten enthalten müsse.“ Nur so sei es möglich, Simones Persönlichkeit, den Spirit sowie ihre besondere Art der Performance erlebbar zu machen. In Verbindung mit den Choreografien, die nach den jeweiligen Songs beziehungsweise Texten entwickelt wurden, sei die Wirkung dann noch intensiver. Elemente des Contemporary Dance, aber stellenweise durchaus auch Anleihen aus dem klassischen Tanz, fließen mit ein.
Lieder und Tanz seien eng miteinander verwoben. Eine stringent durchgezogene Biographie soll „Classic Soul“ aber nicht liefern. Gestreift werden neben anderem ausgewählte Wegmarken, die ihre Vielschichtigkeit, Einflüsse auf die Musik oder auch ihr Engagement als Bürgerrechtlerin nachzeichnen. Ausgewählten Liedern, darunter etwa „Feeling Good“, „Love Me Or Leave Me“, „I Put A Spell On You“ oder auch „Someone To Watch Over Me“, stellt Dominique Dumais Auszüge aus Bachs Wohltemperiertem Klavier oder auch den Goldberg Variationen gegenüber, interpretiert von Glenn Gould.
Mit ihrem Konzept zum Bühnenbild lässt Kerstin Laube dem Ensemble ausreichend Raum für die tänzerische Präsentation. Nur ein in Umrissen angedeuteter, von oben einsehbarer Flügel am Rand des Tanzbereichs durchbricht die weiträumige Fläche, lässt einen Innenblick erahnen. Die Kostüme, hier orientiert sich Laube am Stil der Sängerin, variieren zwischen Schwarz und seidig warmen Farbtönen. Sie sollen „cool“ rüberkommen, gleichzeitig eine gewisse Eleganz spiegeln.
Um das alles aussagekräftig auf die Bühne bringen zu können, braucht es Tänzer:innen, die sich auch auf so eine Herausforderung einlassen. „Ich habe hier so ein tolles Ensemble“, schwärmt die Ballettdirektorin, „das offen und ganz dabei ist, aber auch eigene Ideen mit einbringt. So konnten wir alle gemeinsam, auf Basis des choreografischen Grundkonzeptes, die fertige Fassung entwickeln, bei der alle in Solopassagen auch improvisieren und eigene Ideen zeigen können.“ „Wir arbeiten schon länger zusammen“, betont die Tanzchefin, „man kennt und versteht sich, muss also nicht alles von neuem erklären, das erleichtert die Arbeit immens.“
Näheres zur Produktion, die über die gesamte Spielzeit in der Theaterfabrik Blaue Halle zu sehen ist, gibt es unter www.mainfrankentheater.de.