Blue Note zum Zweiten. Der Ausnahmeschlagzeuger Jonathan Blake setzt sein Blue Note Debüt aus 2021 fort und knüpft nahtlos an den Erstling „Homeward Bound“ an. Es ist, zahlreiche gemeinsame Shows später, die gleiche Besetzung, die „Passage“ aufnimmt: Dezron Douglas (Kontrabass), Joel Ross (Vibraphon), David Virelles (Klavier) und Immanuel Wilkins (Altsaxophon). Entsprechend feinfühlig und abgeklärt sind die „Passagen“ des außergewöhnlichen Quintetts, das moderner nicht klingen könnte. Mit viel Mut für rote Bereiche holen die Musiker Komposition wie Hörer stets wieder in die Komfortzone zurück und deklinieren rhythmisch wie melodisch alles, was die Klaviatur des modernen Jazz zu bieten hat. Mit einem Tom-Tom-Solo läutet Blake das Album mutig ein und setzt Maßstäbe im Anspruch sich selbst, seinen Musikerkollegen, aber auch dem Hörer gegenüber. Beim Spiel dominieren immer wieder raffinierte Nuancen, ausgefeilte Rhythmik und versöhnliche Hooks. Fahrstuhlmusik im modernsten Aufzug der Welt. Dabei sitzt der Drummer dem Solisten stets auf Augenhöhe im Genick. Und lädt ihn mit der Band hier und da zum Boxenstopp, um schnell wieder neue Höchstgeschwindigkeiten auszufahren. Saxophon und Drumset spielen sich durch Berg und Tal, von Marathon bis Sprint. Mehr ist mehr und doch finden sich die nötigen Lücken. Für die alle scheinbaren Regeln gerne gebrochen werden. Klavier und Vibraphon, Sax und Schlagzeug, sie treten offensiv in Dialoge ein, diskutieren und streiten und finden nach These und Antithese zur Synthese. Immer. Und immer wieder. Das musikalische Gespräch auf höchstem Niveau basiert auf Kompositionen von Blake, Douglas und Virelles, neben älteren von Blake’s Vater John Blake, Jr. (Violine) und Ralph Peterson, Jr., denen das Set gewidmet ist. Und dauert auch eben mal knappe 10 Minuten, die nicht nur der Titeltrack des Albums, aus der Feder von John Blake, erreicht.