Am Würzburger Mainfranken Theater wurden die Karten neu gemischt: Ab sofort übernimmt Markus Trabusch das Intendantenzepter und tritt mit Beginn der neuen Spielzeit die Nachfolge seines Vorgängers Hermann Schneider an, der das Haus bereits Ende 2015 verließ. Er hinterlässt Markus Trabusch, der bis 2014 als Schauspieldirektor und stellvertretender Intendant in Augsburg tätig war, ein großes Sanierungsprojekt, das schon seit Jahren gärt und nun in die Wege geleitet werden soll.
Auch wenn für den Start der Sanierung noch nicht alle Ampeln auf Grün stehen, ist der neue Chef des Würzburger Dreispartenhauses zuversichtlich, kann er doch auf reichlich Erfahrung in Sachen Theaterumbau zurückgreifen. Bereits in Augsburg zeichnete er für den Bau der neuen mittleren Spielstätte (Brechtbühne) verantwortlich. Überhaupt macht der studierte Germanist, Literatur- und Geschichtswissenschaftler, der gebürtig aus Trier stammt, einen erfahrenen Eindruck.
Trotzdem: Ein solches Mammutprojekt, das u. a. den Bau eines neuen Kopfbaus und Umbau des Großen Hauses umfassen soll, zu stemmen, erfordert vor allem großen Visionärsgeist und einen gewissen Hang zu Herausforderungen. Daran scheint es Markus Trabusch aber nicht zu mangeln.
Im Gespräch mit ART. 5|III erzählt uns der Theatermacher von seinen Plänen und Zielen für die neue Amtszeit.
ART. 5|III: Herr Trabusch, nach Ihrem Weggang aus Augsburg sind zwei Jahre vergangen. Was haben Sie seitdem gemacht?
Markus Trabusch: Seit letztem August war ich unentwegt mit den Vorbereitungen fürs Mainfranken Theater beschäftigt. Da mussten Schauspieler, Sänger, Regisseure, eine erste Kapellmeisterin und Dramaturgen gesucht und engagiert werden. Außerdem habe ich den Spielplan entwickelt. Und davor war ich als freier Regisseur in Bregenz tätig, habe viel dramaturgisch gearbeitet, Workshops gegeben usw..
ART. 5|III: Hatten Sie Würzburg bei Ihrem Weggang aus Augsburg schon auf dem Schirm? Gab es vorher schon irgendwelche Kontakte?
Markus Trabusch: Weder noch. Ich wollte bewusst eine Pause. Ich hatte zuvor 15 Jahre ununterbrochen in Leitungspositionen gearbeitet und habe gemerkt, dass man irgendwann in eine Routine gerät, die der Kunst nicht mehr besonders zuträglich ist. Es blieb kaum noch Zeit zum Nachdenken. Und die brauchte ich mal. Die Zeit, die ich dann hatte, war letztlich auch zu kurz. Eigentlich hätte ich gerne noch ein Jahr länger gehabt, um den Akku mal wieder richtig mit Inhalten zu füllen. Aber wenn sich einem eine solche Chance wie hier in Würzburg bietet, muss man sie auch ergreifen.
ART. 5|III: Arbeiten Sie jetzt zum ersten Mal in der Konstellation, noch andere Führungspersönlichkeiten – also in diesem Fall einen Generalmusikdirektor, einen Operndirektor und eine Ballettdirektorin – unter sich zu haben?
Markus Trabusch: Ich war ja selbst eine dieser Führungspersönlichkeiten in Augsburg…
ART. 5|III: …aber nicht der Intendant.
Markus Trabusch: Ja, da war ich nur der stellvertretende Intendant. Aber durch eine Erkrankung der Intendantin hatte ich diesen Aufgabenbereich ein Dreivierteljahr inne. Insofern ist das sehr vertraut für mich.
ART. 5|III: In welcher Rolle sehen Sie sich – als Erster unter Gleichen oder haben Sie einen ganz klaren Führungsanspruch?
Markus Trabusch: Ich würde schon sagen, dass ich einen klaren Führungsanspruch habe, aber letztlich versuche ich eine Basis zu finden, auf der alle Spartenleiter ihre eigenen Entscheidungen treffen können. Ich begleite sie lediglich dabei und verfahre nach dem Vier-Augen-Prinzip: Jemand macht Vorschläge, über die ich dann noch einmal drüber schaue. Im besten Fall muss man gar nicht viel diskutieren, sondern sucht, beschließt und vertritt eine Idee gemeinsam.
ART. 5|III: Und wie ist die Zusammenarbeit mit den beiden „Übriggebliebenen“, Generalmusikdirektor Enrico Calesso und Ballettdirektorin Anna Vita?
Markus Trabusch: Das lief im Grunde genauso reibungslos. Da habe ich, für mich gesprochen, keine Umstellungsschwierigkeiten bemerken können. Ganz im Gegenteil: Zusammen mit Enrico Calesso und Operndirektor Dr. Berthold Warnecke, der ja neu ist, bilden wir fürs Musiktheater ein gutes Triumvirat. In dieser Konstellation lässt sich meines Erachtens fruchtbar arbeiten. Zu dritt gerät man seltener in Pattsituationen, sondern bildet wechselnde Allianzen im besten Sinne.
ART. 5|III: Waren Sie bei der Auswahl von Dr. Warnecke direkt beteiligt?
Markus Trabusch: Sagen wir mal so: Ich war nicht nur beteiligt oder involviert, sondern habe die Auswahl getroffen. Es musste jemand sein, zu dem ich großes Vertrauen habe und bei dem die künstlerische Ausrichtung mit meiner harmoniert.
ART. 5|III: Wie viele Ensemblemitglieder haben denn gewechselt bzw. sind neu dazu gekommen?
Markus Trabusch: Das ist sehr unterschiedlich. Der Bereich Tanz ist konstant geblieben. Im Musiktheater haben wir das Ensemble etwas vergrößert und ein paar feste Stellen mehr besetzt. Im Schauspiel gab es den bislang größten Wechsel, in diesem Fall sind nur zwei aus dem alten Ensemble geblieben.
ART. 5|III: Ist das Ensemble jetzt insgesamt größer oder kleiner? Müssen evtl. wieder Stellen abgebaut werden?
Markus Trabusch: Also Stellen abzubauen wäre wohl gerade nicht das richtige. Jedenfalls nicht, wenn man wie wir versucht, das Angebot zu erweitern. Es sind ungefähr genauso viele Mitarbeiter wie vorher. Ich habe ein bisschen umgestellt und umstrukturiert, sodass es de facto eine Theaterpädagogin mehr gibt.
ART. 5|III: Das sind dann bei den Theaterpädagogen insgesamt wie viele?
Markus Trabusch: Zwei. Die inszenieren aber nicht selbst, dafür beauftragen wir Gastregisseure, sodass die Pädagogen wirklich alle Kraft und Zeit auf die Vermittlungsarbeit verwenden können.
ART. 5|III: Was übernehmen Sie in Ihrer Arbeit als Intendant von Ihrem Vorgänger Hermann Schneider?
Markus Trabusch: So ein Theater ist ja gar nicht nur der Intendant. Das Haus blieb vom Wechsel beinahe unberührt, die Fluktuation ist relativ gering. Als Intendant übernimmt man ohnehin ein Haus mit eigener, bereits vorhandener Geschichte.
ART. 5|III: Aber gibt es nicht eine Art Reibungswiderstand, den man als Intendant vielleicht abschleifen muss, bis man seinen eigenen Takt in die Mannschaft gebracht hat? – Auch wenn Sie sagen, das Theater sei nicht nur der Intendant.
Markus Trabusch: Es ist natürlich nicht ganz unwichtig, dass die eigenen Vorstellungen mit den Vorstellungen des Ensembles harmonieren. Das ist ein Prozess, der Zeit und Kraft bedarf.
ART. 5|III: Lief der Wechsel geräuschlos ab? Man hört ja immer wieder von Intendantenwechseln, die nicht ganz reibungslos vonstattengehen. In Würzburg hat man davon allerdings nichts gehört…
Markus Trabusch: Es war ja keine feindliche Übernahme. Die Stadt suchte einen Intendanten, weil Herr Schneider eine neue Intendanz in Linz angetreten hat. Aber ich habe das auch schon anders erlebt. In Augsburg hatte ich diesbezüglich viel mit der Presse zu tun, weil ich das Ensemble nicht vollständig übernommen habe. Im Schauspiel besteht allerdings immer die Schwierigkeit, dass es erst noch eine Partitur zu erarbeiten gilt. Im Gegensatz zum Musiktheater. Das heißt, die eigenen grundlegenden Vorstellungen sollten mit denen der Schauspieler einigermaßen übereinstimmen. Die Ziele und Ideale sollten in etwa die gleichen sein.
ART. 5|III: Ihr Markenauftritt ist neu – gibt es dafür Gründe? Haben sie das neue Corporate Design selbst initiiert?
Markus Trabusch: Ja, ich kenne den Künstler und habe bereits mit ihm zusammengearbeitet. Ich glaube, dass künstlerische Institutionen einen allzu langen Stillstand nicht verkraften, d. h. es muss immer Veränderungen geben, damit eine erneute Wahrnehmung stattfindet. Das alte Logo war nun schon zwölf Jahre alt, eine Auffrischung also im Grunde genommen längst überfällig. Irgendwann geht die Zeit über die Dinge hinweg.
ART. 5|III: Eine Entscheidung des Intendanten also?
Markus Trabusch: Letztendlich ist das so üblich, ja. Darüber, ob das Design alle fünf Jahre bzw. nach jedem Intendantenwechsel erneuert werden muss, kann man sich vielleicht streiten. Letztendlich muss man sich mit dem Design aber identifizieren können.
ART. 5|III: Beim Durchsehen des aktuellen Spielzeitprogramms sind uns die Baby-Konzerte aufgefallen. Was kann man sich darunter vorstellen?
Markus Trabusch: Das ist ein Format, dass an vielen Theatern und Orchestern angeboten wird. Damit wollen wir auch den Kleinsten, also Säuglingen und Kleinkindern, klassische Musik vermitteln. Die Nachfrage ist groß und die Karten sind rar, weil wir die Baby-Konzerte logischerweise nur in geschmälertem Rahmen und kleinerer Orchesterbesetzung durchführen können. Dazu nutzen wir das Foyer. Klassikbegeisterte Eltern oder Großeltern kommen dann mit dem Nachwuchs, liegen auf dem Boden, sitzen auf Kissen und lauschen der Musik.
ART. 5|III: Ist die Zielgruppe, die Sie damit ansprechen, nicht sehr klein?
Markus Trabusch: Ja, wobei es traumhaft wäre, wenn es alle Mütter ansprechen würde. Dann hätten wir den Querschnitt durch die Gesellschaft. Und das wäre das Beste, was uns passieren kann. Zu den Babykonzerten kommen meist Eltern, die sonst gar keine Zeit finden, ins Theater zu gehen und es als optimal empfinden, die Kinder mitbringen zu können. Denn dann müssen sie keinen Babysitter organisieren oder ähnliches. Aus diesem Grund trifft dieses Konzept auf großen Zuspruch.
ART. 5|III: Wie kann man sich das vorstellen? Darf man sich unterhalten?
Markus Trabusch: Unterhalten ist, glaube ich, nicht so richtig gern gesehen [lacht]. Es geht wirklich um das miteinander Hören. Noch ein Vorteil: Bei entsprechender klassischer Musik kann man auch mal zur Ruhe kommen.
ART. 5|III: Klingt nach Krabbelgruppe 2.0.
Markus Trabusch: Da ist meinerseits nichts gegen einzuwenden. Es entspricht sogar meinem Ziel, so früh wie möglich damit zu beginnen, einen Bezug zum Theater herzustellen. Damit die soziokulturelle Praxis „Theaterbesuch“ einstudiert wird. Das Ergebnis sollte sein, dass man als Erwachsener entscheiden kann, ob Theater etwas für einen ist oder nicht. Wenn nicht, beruht die Entscheidung aber nicht mehr auf Unkenntnis oder völligem Nichtwahrnehmen. Deswegen war es vor allem wichtig, auch die Kooperation mit den Schulen auszubauen. Das geschaffene Angebot heißt Theater und Schule 100 – in Analogie zur Bahncard. Ziel ist es, dass jeder Schüler aus Würzburg und Umgebung einmal im Jahr zu uns ins Mainfranken Theater kommt. Und nicht nur dann, wenn er zufälligerweise mit einem theaterbegeisterten Lehrer oder einer Lehrerin zu tun hat, der/die ihm Theater schmackhaft macht, sondern eben generell. Die Kooperation ist mit dem Kulturreferenten und den Schulleitern vertraglich fixiert. Wichtig ist uns, ein umfangreiches spezifisches Angebot für alle Altersgruppen anzubieten.
ART. 5|III: Gibt es denn neben den Schulen schon weitere Kooperationen?
Markus Trabusch: Es laufen zahlreiche Kooperationen. Wir haben z. B. gerade für das Stück „Ich Zarah oder das wilde Fleisch der letzten Diva“ mit der Domsingschule zusammengearbeitet. Außerdem arbeiten wir im Moment eng mit den Universitäten und Studierendenvertretungen zusammen und planen eine Art Semesterticket. Und wir kooperieren aktuell mit den Kirchen, weil die aktuelle Spielzeit mit dem großen Thema Religion und Glauben überschrieben ist.
ART. 5|III: Wie sieht die Zusammenarbeit mit den Kirchen konkret aus?
Markus Trabusch: Wir planen eine Diskussionsreihe mit der katholischen Kirche. Und gerade suchen wir eine Spielstätte für ein Projekt, dass sich mit Judas Ischariot beschäftigt – erzählt aus der Perspektive von Judas, der nach zweitausend Jahren plötzlich wieder da ist und sagt: „Moment mal, das war alles völlig anders. Ihr verurteilt mich zu Unrecht.“ Judas als Verräter ist in theologischen Diskussion immer wieder Thema. Was wäre denn, wenn es Judas nicht gegeben hätte? – Dann ginge die Geschichte nicht weiter. Bei der Stadtdekanin war ich diesbezüglich schon vorstellig. Ebenso bei der israelitischen Kultusgemeinde und beim Bischof. Hier bietet sich die Gelegenheit, konkrete Anknüpfungspunkte zu finden, um anschließend weiterhin im Gespräch zu bleiben.
ART. 5|III: War es Ihnen wichtig, alle drei Institutionen ins Boot zu holen oder hätte auch einer dieser Partner gereicht? Es ist ja zu vermuten, dass der Bischof von der theoretischen Idee oder Annahme, es habe Judas nicht gegeben, wenig begeistert ist.
Markus Trabusch: Das Stück unterstellt ja, dass es ihn gegeben hat. Der Bischof scheint mir sehr aufgeschlossen, die Begegnung und der Austausch mit ihm sind und waren sehr gut. Es fehlen zwar noch konkrete Gespräche mit den islamischen Gemeinden, doch auch hier stehen wir bereits in Kontakt mit dem neuen Sprecher, Ahmet Bastürk.
ART. 5|III: Gibt es denn ein Stück aus der aktuellen Spielzeit, das sie besonders empfehlen können?
Markus Trabusch: Das ist so, als würde man einen Vater oder eine Mutter nach dem Lieblingskind fragen. Da möchte ich gerecht bleiben. Aber vielleicht kann man es so sagen: Bei den „Hugenotten“ würde ich mir wünschen, dass mehr Zuschauer in die Vorstellungen kämen. Leider sind der Titel und der Komponist eher wenig populär. Zu Unrecht, wenn Sie mich fragen. Nicht, dass es mein Lieblingskind wäre, aber wenn es nach jeder Vorstellung stehende Ovationen gibt, kann unsere Arbeit nicht so verkehrt sein.
ART. 5|III: Das tangiert die Frage, wie man es schaffen kann, mehr Bürger fürs Theater zu begeistern. Verfolgen Sie einen besonderen Ansatz? Vor dem Hintergrund der geplanten Umbaumaßnahmen wird ja genau das wahrscheinlich eine große Herausforderung darstellen.
Markus Trabusch: Eine sehr wichtige Rolle spielt dabei natürlich die bereits erwähnte Nachwuchsarbeit. Auch die Qualität der Produktionen ist natürlich entscheidend. Außerdem erarbeite ich im Augenblick Spielpläne, die berücksichtigen, was passiert, wenn die Sanierungsphase beginnt und wir plötzlich über die Dörfer ziehen und in jeder Telefonzelle Theater machen müssen. Das hat zur Folge, dass ich bestimmte populäre Titel für Zeiten aufspare, in denen es steiniger wird.
ART. 5|III: Haben Sie ein Beispiel für uns?
Markus Trabusch: Hänsel und Gretel könnte man längst wieder spielen – weil es ein Stück für die ganze Familie ist. Leider müssen wir uns das allerdings aufsparen, weil wir damit im Notfall auch Turnhallen voll bekommen.
ART. 5|III: In einem Interview mit der Main-Post bezeichnen Sie das Theater als Diskursort der Gesellschaft. Kann Theater das überhaupt leisten?
Markus Trabusch: Sagen wir mal so: Es ist eine Zielstellung, an die ich glaube. Ob es das im Augenblick jederzeit und allerorts ist, entscheidet der Einzelfall. In den 70er-Jahren war das Theater ein solcher Ort. Gesellschaftliche Themen im Theater zu bereden und verhandeln, gehörte dazu. Das ist inzwischen enorm in den Hintergrund gerückt. Aktuell findet ein Prozess der gesellschaftlichen Fragmentierung statt. Das impliziert die Virtualisierung vieler Bereiche und, damit verbunden, die Tatsache, dass Menschen immer seltener zusammenkommen, um zu reden. In dieser Hinsicht ist das Theater durch seine Co-Präsenz von Theatermachern und Zuschauern oft ein sehr guter Katalysator. Es ist oft zu beobachten, dass sich die Theaterbesucher beispielsweise in der Pause sehr schnell im Gesprächsmodus wiederfinden. Dann wird mit dem Sitznachbarn über das Gesehene diskutiert. Das ist die Kraft, aus der ein Diskursort entstehen kann. Wenn man es also wieder schafft, dass die breite Gesellschaft ins Theater geht, wird selbiges auch wieder zum Diskursort. Dafür muss man allerdings etwas tun.
ART. 5|III: Gehört dazu auch die Sanierung des Hauses oder ist diese Maßnahme nur eine bautechnische bzw. wirtschaftliche Angelegenheit?
Markus Trabusch: Ja, die Sanierung gehört dazu, weil sich dadurch die Aufenthaltsqualität im Gebäude sichtlich verbessern wird. Es wird dann z. B. ein Restaurant geben, in dem man sich vor und nach der Vorstellung gerne aufhält. Auch die Aufenthaltsqualität des Foyers wird sich verbessern. Abgesehen davon wird es eine weitere Spielstätte geben, die vor allem für kleinere Produktionsformate vorgesehen ist
ART. 5|III: Wann geht es mit der Sanierung los?
Markus Trabusch: Den genauen Termin kann ich Ihnen noch nicht nennen. Aber wir sind durch Änderungen bezüglich der neuen Ausschreibung, die notwendig wurde, weil wir im ordnungsgemäßen Förderprogramm bleiben wollen, zeitlich etwas zurückgeworfen worden. Ich wäre schon froh, wenn es in zwei Jahren losgehen würde.
ART. 5|III: Das ist überraschend. War der Baubeginn nicht schon für 2017 geplant?
Markus Trabusch: Ja, so war es ursprünglich geplant. Aber es gibt ja keine grundsätzliche Infragestellung des Vorhabens. Es geht einfach um verfahrenstechnische Aspekte, die uns im Moment aufhalten.
ART. 5|III: Steht der Etat von 50 Mio. Euro noch?
Markus Trabusch: Es gibt einen Beschluss über diese 50 Mio. und davon ist weiterhin auszugehen.
ART. 5|III: Ist die Gesamtdauer des Projektes festgelegt?
Markus Trabusch: Nein. Aber ich gehe davon aus, dass die Erstellung des Kopfbaus sicherlich mindestens ein Jahr beanspruchen wird. Danach kommt der hintere Teil des Theaters an die Reihe. Auch das wird nicht weniger als ein Jahr dauern.
ART. 5|III: Einen Abschluss der Bauarbeiten wird es also erst zum Ende Ihrer ersten Amtszeit geben?
Markus Trabusch: Wenn es so käme, wäre ich froh. Ich fürchte fast, dass es noch länger dauern wird.
ART. 5|III: Wie viel Ihrer Zeit wird das in Anspruch nehmen?
Markus Trabusch: Das wird unterschiedlich sein. Im Moment ist es viel Zeit, weil es um Vorbereitung einer EU-weiten Ausschreibung geht. Wenn die Planung dann tatsächlich beginnt, wird es zeitweise wieder etwas ruhiger werden. Mit Baubeginn wird sicherlich auch noch mal sehr viel Arbeit anfallen, aber die Sanierung wird wohl immer einen bemerkbaren Teil meiner Arbeitszeit ausmachen.
ART. 5|III: Denken Sie, dass Ihre eigene künstlerische Arbeit dadurch beeinflusst wird?
Markus Trabsuch: Es beflügelt sie insofern, dass ich bestimmte, aktuell vorherrschende räumliche Verhältnisse nur mit dem Wissen ertrage, dass diese Konstellationen ein Ende haben werden. Ich denke da z.B. an die Probebühne oder die Kammerspiele. Diese Räume sind zu klein und nicht sinnvoll nutzbar.
ART. 5|III: War das eine Condicio-sine-qua-non?
Markus Trabusch: Ja. Wenn Räume vollkommen inadäquat fürs Arbeiten sind, muss man sie ändern, sonst kann man nicht arbeiten.
ART. 5|III: Haben Sie sich bei den Kollegen umgeschaut? Gibt es Vorbilder?
Markus Trabusch: Ja, selbstverständlich. Ich habe ja schon jahrelange Erfahrung damit und würde fast sagen, ich kann bereits auf eigene Vorbilder verweisen. Das Mozarteum in Salzburg halte ich nach wie vor für maßstabsetzend
ART. 5|III: Sind im Zusammenhang mit der Sanierung auch Preiserhöhungen geplant?
Markus Trabusch: Eine Preiserhöhung müsste unabhängig davon erfolgen. Zwar muss sich die Aufenthaltsqualität aller Bereiche verbessern, aber die Eintrittspreise sind ja nicht unbedingt niedriger, weil die Gebäudesituation so schlecht ist. Die aktuellen Eintrittspreise spiegeln die bundesweite Praxis wider, insofern kann man nach der Gebäudesanierung nicht einfach mit den Preisen hochgehen.
ART. 5|III: Höchstens, wenn der Etat nicht reicht…
Markus Trabusch: Über die Eintrittsgelder werden Sie keinen signifikanten Beitrag einnehmen. Natürlich benötigt man sie, aber Theater ist ein Teil der öffentlichen Daseinsfürsorge. Wenn Sie Ihr Ticket ohne „staatliche Subventionierung“ selbst bezahlen müssten, schauen Sie sich keine Oper mehr an.
ART. 5|III: Weil sich das nur sehr wenige leisten könnten?
Markus Trabsuch: Ja. Wenn man die ganz realen Kosten eines 54-köpfigen Orchesters, eines Opernchores, der Solisten und der Inszenierungskosten addiert, käme dieses Ergebnis heraus.
ART. 5|III: Sind Ihnen denn die Zahlen, den wirklichen Preis eines Tickets betreffend, bekannt?
Markus Trabusch: Ja. Ich habe es noch nicht auf den Platz runtergerechnet, aber natürlich kenne ich unseren Gesamtetat und die Summe der verkauften Tickets.
ART. 5|III: Erschreckt Sie das manchmal selbst oder ist das aus kulturpolitischer Sicht Ihrer Meinung nach etwas, was wir uns leisten können müssen?
Markus Trabusch: Nein, mich erschreckt das nicht. Ich kann auch nicht sagen, dass diese Kosten exorbitant hoch sind. Ganz im Gegenteil: Die Bezahlung etlicher Kollegen im Haus ist schlichtweg kaum noch sozial verträglich.
ART. 5|III: Können Sie das als Intendant nicht ändern?
Markus Trabusch: Wenn Sie mir einen potenziellen Sponsor nennen, der mir ein paar Millionen zuschießt…?
ART. 5|III: Aber ist es nicht schwierig, wenn man als „Arbeitgeber“ davon weiß und man nichts ändern kann?
Markus Trabusch: Ich habe bereits etwas geändert. Ich habe zum Beispiel die sogenannte Mindestgage im Normalvertrag Bühne, der alle Solisten betrifft, für das Mainfranken Theater auf 1900 Euro brutto angehoben. Egal ob im Malsaal, in der Schneiderei oder auf der Bühne, als Sänger, Tänzer oder Schauspieler – weniger als diesen neuen „Satz“ bekommt niemand. Natürlich ist das im Grunde nur ein symbolischer Akt, weil die Erhöhung pro Vertrag nicht so hoch ist, aber für das Haus ist es trotzdem jede Menge Geld.
ART. 5|III: Können Sie so etwas frei entscheiden?
Markus Trabusch: Ja, wenn es sich im Rahmen des geplanten Budgets bewegt. Ich muss es dann aber an anderer Stelle einsparen. Natürlich diskutiere ich all solche Sachen gerne mit dem kaufmännischen Geschäftsführer, auch weil wir natürlich gemeinsam an einem Strang ziehen.
ART. 5|III: Welche konkreten Ziele und Schwerpunkte setzen Sie sich für Ihre Arbeit?
Markus Trabusch: Das Stadttheater muss nach meiner Auffassung verschiedene Funktionen erfüllen, die es in jeder Spielzeit abzudecken gilt. Eine Säule ist die Pflege des kulturellen Erbes. Also die Wiederbelebung und Hinterfragung von klassischen Texten und Werken. Ein weiterer Punkt ist die Erschließung der Künste. Wichtig ist außerdem die kritische Begleitung der Stadtgesellschaft. Die Infragestellung von eingefahrenen Sehweisen ist seit 2500 Jahren eine der wichtigsten Funktionen des Theaters. Und die vierte Säule ist die Infragestellung unserer Gesellschaft im Rahmen von Komödien. Letztere greifen immer Normen auf, die uns allen bekannt sind und der Überprüfung unterzogen werden müssen. Hier vermischt sich Unterhaltung mit Kritik, denn diese Unterhaltung dient einer ästhetischen Reflexion. Diese vier Säulen sind mir in meiner Arbeit wichtig.
ART. 5|III: Man konnte Sie als Intendant zu sich ins Wohnzimmer einladen. War das Ihre Idee?
Markus trabusch: Ja.
ART. 5|III: Und was erhoffen Sie sich davon?
Markus Trabsuch: Ich möchte mit dem Publikum ins Gespräch kommen, weil mich die Menschen interessieren, für die wir Theater machen. Dabei habe ich Gruppen ab zehn Personen aufwärts besucht. Auch möchte ich herausfinden, was Menschen umtreibt, die nicht mehr ins Theater kommen wollen. Denn auch das gibt es. Bei so einem Gespräch kann man viel lernen.
ART. 5|III: Also geht es um direktes Feedback.
Markus Trabsuch: Jein. Ich habe das ja auch schon im Sommer angeboten, als ich noch gar kein Feedback erwarten konnte.
ART. 5|III: Wenn Sie schon im Sommer damit begonnen haben, dann ging es vielleicht eher um die Aufnahme der Erwartungshaltung anstelle von Feedback. Aber für die aktuelle Programmatik war es wahrscheinlich wenig relevant, weil es dafür schon zu spät war, oder?
Markus Trabusch: Ja, das ist richtig.
ART. 5|III: Wie kann man sich das vorstellen? Wird dabei auch gegessen und getrunken?
Markus Trabusch: Ja, in der Regel stehen für alle Beteiligten Getränke und eine Kleinigkeit zu essen bereit. Jeder kann Fragen, was er schon immer mal fragen wollte und manchmal geht es, wie gesagt, auch darum, seiner Enttäuschung einfach mal Ausdruck zu verleihen.
ART. 5|III: Was ist dafür der häufigste Grund?
Markus Trabusch: Dass sie letztlich den Bezug zu dem eigentlich geliebten Theater verloren haben. Es geht ganz oft um Vergangenes und eine grundsätzliche Haltung gegenüber dem Theater. Aber ich bin auch oft bei Freunden und Förderern des Theaters eingeladen, die unsere Arbeit und Zielstellungen besser kennenlernen wollen.
ART. 5|III: Ist das ein Format, das Sie beibehalten und fortführen möchten?
Markus Trabusch: Das Angebot ist Ende November zunächst vorüber. Aber ich denke, dass ich es zu gegebener Zeit weiterführen werde. Über die gesamte Spielzeit kann ich es leider nicht anbieten, weil es sehr viel Zeit beansprucht.
ART. 5|III: Können Sie nebenbei noch als Regisseur für andere externe Projekte tätig sein? Oder bleibt auch dafür keine Zeit?
Markus Trabusch: Im Augenblick wäre das nicht drin. Es wäre schön, wenn ich in zwei oder drei Jahren vielleicht wieder dazu käme. Weil es ab und an hilfreich ist, auch mit anderen Künstlern zusammenzuarbeiten, abzugleichen und sich auszutauschen. Das ist auch für das eigene Haus gewinnbringend. Wir reden hier aber von maximal einer Inszenierung pro Spielzeit.
Wir bedanken uns für das interessante Gespräch und wünschen Ihnen für alle anstehenden Aufgaben viel Erfolg!
Copyright Fotos:
Markus Trabusch, Foto © Nik Schoelzel
Foto © Gabriela Knoch
Ich Zarah oder das wilde Fleisch der letzten Diva, Foto © Mainfranken Theater Würzburg
Hugenotten, Foto © Mainfranken Theater Würzburg