Klavierolymp 2016
Tastenzauber am Wohnort der Götter
veröffentlicht am 23.09.2016 | Lesezeit: ca. 5 Min.
Der 14. „Kissinger Klavierolymp“ lädt zur Nachwuchsschau junger Pianisten.
Der KlavierOlymp muss jedes Jahr neu erobert werden, jedenfalls in Bad Kissingen. Man könnte das Motto, unter das Kari Kahl-Wolfsjäger, die nunmehr ausgeschiedene Intendantin des „Kissinger Sommers“, seinerzeit das von ihr 2003 aus der Taufe gehobene Kräftemessen junger Tastenzauberer stellte, für zu ambitiös halten. Doch wenn man sich die Bilanz nach einem guten Dutzend Jahren ansieht, muss man neidlos anerkennen, dass hier keine Berge kreißten, um Mäuse zu gebären, sondern dass dieser Olymp große Klaviertalente zu Tage förderte. Erwähnen wir nur, dass z.B. ein Kit Armstrong dem Kissinger Sonderfestival seine Entdeckung und erste Förderung verdankt – ein Orpheus der Tasten! Dieser Wettbewerb ist eine Feuerprobe in der Livesituation eines Konzertes und bietet den Aspiranten daher eine prominente Chance des Weiterkommens und der künstlerischen Bewährung. Jeder Teilnehmer muss ein komplettes Rezital vorbereiten und dem kritischen Publikum präsentieren.
Wirft man einen Blick auf das Programm des diesjährigen Klavierolymps (Künstlerische Leitung: Tilman Schlömp), der vom 6. bis 9. Oktober im wunderschönen Rossinisaal der Bäderstadt über die Bühne geht, so geht es einem so wie eigentlich immer: die Namen der angekündigten Pianisten und Pianistinnen sagen einem wenig bis gar nichts, sind aber in der Regel bei namhaften Künstlern von Weltrang in die Lehre gegangen oder gefördert worden – oder werden es noch, weil sie gar so jung sind. Später wundert man sich dann darüber, dass aus diesen Unbekannten unversehens Nachwuchsstars mit klingenden Namen werden, weil sie in Bad Kissingen den entscheidenden Karriereschwung mitbekamen.
Die Altersbandbreite reicht diesmal von 13 (!) bis 25 Jahren. Kaan Baysal, der Dreizehnjährige, kommt aus der Türkei und durfte in Istanbul bereits mit renommierten Orchestern musizieren. Meisterkurse absolvierte er u. a. bei Lang Lang und Herbert Schuch. Er wird am 8. Oktober in einer Matinee Werke von Beethoven, Mozart, Chopin und Liszt spielen. Den Auftakt macht Annika Treutler, eine bereits mehrfach ausgezeichnete Pianistin, die bei Matthias Kirschnereit studierte und auch von Elisabeth Leonskaja und Richard Goode gefördert wurde. In der kommenden Saison wird sie ihre Debüts beim Gürzenich Orchester in der Kölner Philharmonie und im Konzerthaus Wien geben. Sie spielt am 6. Oktober Werke von Beethoven, Prokofiew und Brahms, mithin schwierigstes Repertoire.
Als ebenfalls blutjung darf Julian Trevelyan gelten, der nicht nur ein schon mehrfach ausgezeichneter Pianist ist, sondern darüber hinaus Violine spielt und als Tenor bei den Abbey Singers mitwirkt. Er wurde in die verschiedensten Konzerthäuser Europas eingeladen und wird am 8. Oktober im Nachmittagskonzert Werke von Bach, Beethoven, Fauré und Ravel spielen. Tags zuvor darf sich Thomas Schuch im Abendkonzert ebenfalls an Bach, Beethoven und Ravel wagen, darüber hinaus an Chopin und Liszt, also an hochvirtuose Klavierstücke. Er studiert an der Münchner Hochschule für Musik bei Adrian Oetker und schaut bereits auf eine ganze Reihe von Auszeichnungen und ehrenvollen Auftritten an herausragenden Orten zurück.
Das Abendkonzert am 8. Oktober wird von Elisabeth Brauß gestaltet, die mit Werken von Beethoven, Prokofiew, Hindemith und Liszt zu überzeugen versuchen wird. Die 21-Jährige stammt aus Hannover und studiert auch dort bei Bernd Goetzke. Sie hat ebenfalls schon mit großen Orchestern musiziert, Rezitals in angesagten Musiktempeln gegeben und mehrere Preise gewonnen. Im Januar 2015 errang sie beispielsweise den ersten Preis beim Wettbewerb „Ton und Erklärung“ in Frankfurt und spielte im Finale gemeinsam mit dem HR-Sinfonieorchester.
Der Reigen der Klavierrezitals des viertägigen Wettbewerbs schließt sich am 9. Oktober mit der von Nikolay Khozyainov gebotenen Matinee. Der 24-Jährige kommt aus dem Osten Russlands, studierte zunächst in Moskau und derzeit an der Hochschule für Musik in Hannover bei Arie Vardi. Er ist bereits an so renommierten Orten wie der Wigmore Hall in London, New Yorks Carnegie Hall, der Suntory Hall in Tokio und dem Théatre des Champs-Elysées aufgetreten. Zu seinen Auszeichnungen zählen Preise bei Wettbewerben in Dublin und Sydney, seine Einspielungen umfassen bislang drei CDs.
Beim Klavierolymp gibt es insofern keine Verlierer, als alle sechs Kandidaten im darauffolgenden „Kissinger Sommer“ auftreten werden. Der Wettbewerb wird am 9. Oktober mit der Bekanntgabe der Jury- und Publikumspreise und einem Abschlusskonzert ausklingen, in dem alle Finalisten auftreten und abermals ihr exzellentes Können unter Beweis stellen dürfen. Mitglieder des Fördervereins Kissinger Sommer, Privatleute und Sponsoren tragen zur Finanzierung des KlavierOlymps ebenso bei wie der Bezirk Unterfranken und die Stadt Bad Kissingen. Karten für die Wettbewerbskonzerte gibt es unter Tel. 0971-8048-444 oder im Internet.
Copyright Fotos:
Annika Treutler, Foto © Monika Lawrenz
Julian Trevelyan, Foto © Pressefoto
Kaan Baysal, Foto © Pressefoto
Elisabeth Brauß, Foto © Monika Lawrenz