In unserer neuen Serie „Kulturelle Angebote…“ stellen wir die Landkreise der Metropolregion Nürnberg, Unterfrankens und Thüringens unter dem Aspekt „Kultur“ vor und zeigen, was alles geboten wird. Den Anfang macht der Landkreis Wunsiedel. Inmitten des Fichtelgebirges und im äußersten Osten des Frankenlandes gelegen, kann man hier nicht nur fantastisch wandern und skifahren, auch sonst hat die Region viel zu bieten. Als Gegend, die (Musik-)Schriftsteller und Künstler wie Jean Paul, Christian Döbereiner und Heiner Grimm hervorbrachte und beheimatete, ist der Kreis Wunsiedel geradewegs dazu prädestiniert, auch auf kultureller Ebene einiges in petto zu haben.
Orte der Kultur gibt es wahrlich viele, so zum Beispiel in Selb und Hohenberg a. d. Eger. Auch wenn man die zwei kleinen Städte im Fichtelgebirge nur flüchtig kennt, so kommen einem die Orte doch irgendwie bekannt vor. Spätestens wenn von „Rosenthal“ und „Hutschenreuther“ die Rede ist, folgt das erhellende Moment. Denn berühmt sind die Orte vor allem für die im 19. Jahrhundert gegründeten Porzellanmanufakturen Philipp Rosenthal & Co. OHG (heute Rosenthal GmbH) und C. M. „Hutschenreuther AG Hohenberg“, die 2000 fusionierten. Hier wird seit 150 Jahren hochwertiges Porzellan hergestellt und schon Salvadore Dalí, Andy Warhol und Walter Gropius haben für den Traditionsbetrieb Kollektionen entworfen. Die berühmte Porzellanserie „Maria Weiß“, benannt nach der zweiten Frau des Firmengründers Philipp Rosenthal, feiert dieses Jahr am 30. April im Rosenthal-Outlet-Center gebührend ihren 100. Geburtstag, zu dem alle Interessierten herzlich eingeladen sind. Workshops und Ausstellungen rund um das perfekte traditionelle Tischgedeck können und wollen entdeckt werden. In den heiligen Hallen in Selb und Hohenberg a. d. Eger befinden sich heute auch vier Museen, die zusammen den Museumskomplex „Porzellanikon“ ergeben. Im Europäischen Industriemuseum für Porzellan (Selb), im Europäischen Museum für technische Keramik (Selb), im Rosenthal Museum (Selb) und im Deutschen Porzellan Museum (Hohenberg) wird die Porzellangeschichte der Region erlebbar und so mancher Sammler gäbe für die ein oder andere Porzellanrarität wohl sein letztes Hemd. Hier finden neben den Dauerausstellungen auch immer wieder Sonderausstellungen statt. Noch bis zum 22. Mai ist im „Porzellanikon“ die Ausstellung „Arbeitswelt und Industrialisierung Anatoliens aus der Sicht junger Künstler“ zu besichtigen. Diese ist den türkischen Gastarbeitern gewidmet, die seit den 1960er Jahren einen erheblichen Beitrag zum Aufschwung Deutschlands geleistet und auch die fortschreitende Urbanisierung ihres Heimatlandes ganz unterschiedlich erlebt haben – Wie, das zeigen mehrere Künstler auf ganz individuelle Art und Weise.
Generell ist die Porzellanstadt Selb ein Ort, den man sich merken sollte, denn hier finden im Frühjahr und Sommer zwei Veranstaltungen statt, die der Tradition verhaftet sind. Im April wird jährlich die Selber Kunstnacht gefeiert. Am Abend des 16. April ist die gesamte Stadt auf den Beinen, überall werden Kunstwerke ausgestellt und sind Künstler zum Gespräch vor Ort. Musikalisch untermalt, kann man durch die Stadt spazieren, sich an mannigfacher Kunst ergötzen und immer neue Eindrücke sammeln. Etwa 17 Stationen warten auf ihre Besucher. Eröffnet wird das Ganze in der Schalterhalle der Sparkasse Hochfranken in der Schillerstraße. Im Anschluss darauf lassen sich alle quer in der Stadt verteilten Anlaufpunkte ganz bequem mit dem Shuttlebus erreichen, oder eben per pedes – ganz wie es einem beliebt. Im Juni stehen schließlich die „Wochen des weißen Goldes“ ins Haus. Dann erstrahlt die Stadt ganz im Zeichen des Porzellans, dem die Region so viel zu verdanken hat. Da ist es nur logisch, einmal im Jahr gebührend zu feiern und auch alle Nicht-Selber und –Hohenberger zu sich einzuladen. Zahlreiche namenhafte Porzellanhersteller strömen zu diesem Zwecke in die Stadt und führen ihre neuesten Kollektionen vor. Ausstellungen und Veranstaltungen rund ums Thema Porzellan geben den Feierlichkeiten den letzten Schliff.
Und ganz nebenbei: Auch „antikes“ Porzellan hat seinen Charme. Weil das so ist, findet ebenfalls in Selb jedes Jahr im August das „Fest der Porzelliner“ statt – ein ganzer Flohmarkt nur für Porzellanliebhaber.
Eine weitere Adresse in Selb ist das Rosenthal-Theater. Zahlreiche Veranstaltungen auf den Brettern, die die Welt bedeuten, sorgen ganzjährig für Abwechslung. Hier findet alles seinen Platz: das hiesige Repertoire reicht von der Oper über Kabarett und Comedy bis hin zum Symphonie- oder Rockkonzert. Zum Spielzeitbeginn im Herbst 2016 gibt es dazu die Revue „Musicals in Concert“ und mit „Merci, Chéri“ ein Udo-Jürgens-Revival mit Originalstars aus dem Hamburger Musical „Ich war noch niemals in New York“. Zu Gast sind außerdem Richard Rogler und Gerhard Polt – zwei „Klassiker“ des Kabaretts, die jeder für sich über so bedeutungsschwere Themen wie Freiheit, das Weltgeschehen und die Bayernpolitik philosophieren. Gerhard Polt hat die „Well-Brüder aus’m Biermoos“ dabei, die den Soundtrack zum Abend liefern. Die „Well-Formation“, bestehend aus den drei Brüdern Christoph, Michael und Karl Well nehmen in bewährter Biermösl-Tradition das politische Geschehen Bayerns und den Rest der Welt aufs Korn. Klingt vielversprechend und interessant.
Aber nicht nur Selb wartet kulturell auf, auch anderswo wird geklotzt statt gekleckert. Die Kreisstadt Wunsiedel beheimatet das größte Regionalmuseum Bayerns. Im Fichtelgebirgsmuseum finden ganzjährig, neben einer Dauerausstellung über die Geschichte der Region, wechselnde Sonderausstellungen statt. Zurzeit dreht sich dabei alles ums Bier, denn als Land des Gerstensafts feiern wir dieses Jahr 500 Jahre Reinheitsgebot. Deshalb startet zum Tag des Deutschen Bieres am 23. April die Sonderausstellung „FichtelgeBIERge“, bei der es viel Wissenswertes ums Thema in Erfahrung zu bringen gibt.
Wem das noch immer nicht genug Kultur ist, dem bieten sich vom 1. Juni bis 21. August bei den Luisenburg-Festspielen in Wunsiedel etliche neue Gelegenheiten zum Theatergenuss. Gespielt wird vom Familienstück bis hin zur Oper alles, was das Herz begehrt. „Am Samstag kam das Sams zurück“, „Cats“, „Bluthochzeit“ oder „Carmen“, sind dabei nur ein paar Stücke des Repertoires. Bemerkenswert ist, dass sich die Luisenburg-Festspiele auf der ältesten Freilichtbühne Deutschlands – im großen Felsenlabyrinth bei Wunsiedel – dieses Jahr nun schon zum 126. Mal jähren. Das ist eine Leistung, die ihresgleichen sucht.
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Bierkeller, Foto © FGM fichtelgeBIERge
Porzellanikon Hohenberg a. d. Eger, Foto © Porzellanikon
Porzellanikon Hohenberg a. d. Eger, Foto © Porzellanikon
Poltwell Hoesl, Foto © Rosental Theater Selb