Das Projekt „Zukunftsmusik“, initiiert und kuratiert vom Projektbüro Kultur Nürnberg, verwandelt das Areal rund um den leerstehenden Kaufhof in der Königsstraße noch bis Mai 2025 in einen belebten Raum, in welchem zeitgenössische Kunst, verschiedene partizipative Angebote und ein breitgefächertes Begleitprogramm zum Nachdenken über „Die Stadt der Zukunft“ einladen. Es ist das erste und ein, wie wir finden, überaus spannendes Projekt, welches Dr. Elisabeth Hartung als Leiterin des Projektbüros Kultur auf den Weg bringt. Wir haben uns mit ihr getroffen, um über das Projekt zu sprechen und erste Einblicke in die Zukunftsmusik zu erhaschen.
Die „Zukunftsmusik“ ist ein Kunst- und Kulturprojekt für den öffentlichen Raum rund um den leerstehenden Kaufhof in der Königsstraße im Zentrum Nürnbergs. Es weist, so deutet es der Titel schon an, in die Zukunft und spielt mit der Redewendung „Da ist irgendwas noch Zukunftsmusik“. Will heißen: Da sind Dinge schon in Veränderung, da wird etwas Neues passieren. Als ich vor knapp einem Jahr nach Nürnberg gekommen bin, schloss dieser Kaufhof seine Pforten und gleichzeitig haben wir erfahren, dass das Bayerische Bauministerium ein Sonderprogramm für die Belebung der Innenstädte aufgesetzt hat. Für diesen Sonderfond hat sich also die Grundidee entwickelt, dass wir rund um den Kaufhof erste Impulse für die (Wieder-)Belebung des Areals setzen, und zwar mittels Kunst und Kultur.
In unterschiedlichen Formaten und mit verschiedenen Kunstobjekten, welche rund um das Areal immer wieder auftauchen, soll zum Visionieren eingeladen werden: Was könnte mit dem Gebiet rund um den Kaufhof passieren? Was wünschen wir uns überhaupt in unserer Innenstadt? Wie könnte eine Stadt der Zukunft aussehen? Mit der Zukunftsmusik wollen wir einen Raum öffnen, um über das WIE nachzudenken – wie wollen wir in der Zukunft leben? Dafür ist ein vielfältiges Veranstaltungsprogramm mit Angeboten aus Musik, Bildender Kunst, Design, Film und Medien, aber auch aus Architektur und Stadtplanung vorgesehen, welches die Menschen zum Mitmachen anregen soll. Die Inhalte des Programms werden sich über die verschiedenen Phasen des Projekts immer wieder etwas verändern und stets Neues bieten.
Gerade befinden wir uns in der Anfangsphase, die unter dem Motto „Nach dem Einzelhandel: Gemeinsamhandeln“ steht. In dieser ersten Phase wollen wir zunächst schauen, was das überhaupt für ein Ort rund um den ehemaligen Kaufhof ist und wie dieser in der Vergangenheit genutzt wurde. Diese Periode steht ganz unter dem Motto des Zusammenhandelns. Zum Eröffnungswochenende des Projekts wurden zum Beispiel zusammen mit Akteurinnen und Akteuren aus den verschiedensten Bereichen kleine und große Ereignisse inszeniert und Interviews mit der Stadtbevölkerung über ihre Wünsche für das Areal geführt. Es geht also um das Entdecken des Viertels mit direkter Einbeziehung der Menschen. Im zweiten Teil des Projekts wird es dann mit neuen Medien und neuen Nutzungen etwas inhaltlicher. Auch hier wollen wir viele partizipative Momente schaffen. Im Frühjahr wird dann, passend zur Jahreszeit, das Thema „Wachstum“ Schwerpunkt sein. Bis Mai 2025, dann nämlich endet das Projekt, wird es also rund um den Kaufhof immer wieder Neues zu entdecken geben, natürlich begleitet von verschiedenen Veranstaltungen, die wir über unsere Webseite bekannt geben.
Mit dem Förderturm von raumlaborberlin schmückt derzeit ein 12-Meter hoher Turm den Bereich zwischen dem Kaufhof und einem weiteren Leerstand, dem City-Point. Uns war es im ersten Schritt erst mal wichtig, zu überraschen, auch andere Perspektiven zu schaffen. Und das funktioniert mit dem Förderturm allemal (lacht). Das Schöne ist, dass dieses Kunstobjekt, ganz wie das Projekt selbst, im Zeichen der Transformation steht. Der Künstler Raul Walch wird dem Turm in verschiedenen Stationen jeweils neue Kleider geben. Auch werden verschiedene Aktionen stattfinden, im Turm selbst, auf der Bühne davor und in einer großen, begehbaren „Blase“, die sich immer öffnen wird, sobald Veranstaltungen stattfinden.
Es geht uns darum, neue Bilder und Erlebnisse zu ermöglichen. Wir hoffen, dass die Passantinnen und Passanten, die vorbeigehen und plötzlich mit einer ganz neuen architektonischen Struktur konfrontiert werden, kurz innehalten und sich denken: Hey, was ist denn da? Zum anderen sind sie natürlich auch eingeladen, selbst aktiv zu werden und persönlich teilzunehmen.
Wir spüren in erster Linie eine große Neugier. Das ist natürlich sehr schön, denn wir gestalten mit dem Projekt ja wirklich auch etwas Neues. Wir hoffen, dass sich viele Menschen dazu eingeladen fühlen, sich mit den Themen der Zeit auseinanderzusetzen und auch offen dafür sind, an ungewöhnlichen Orten mit Kunst und Kultur neue Erfahrungen zu machen.
Es hat uns wirklich sehr gefreut, dass so viele lokale Kunstschaffende unserem Aufruf gefolgt sind, aber auch Gestaltende aus anderen Städten Vorschläge eingereicht haben. So wird zum Beispiel ein Nürnberger Kollektiv eine Klanginstallation machen. Andere haben sich wiederum mit Archiv-Filmmaterialien vom Kaufhof beschäftigt. Auch gibt es Medieninstallationen und Performances. Es gab Einreichungen aus den unterschiedlichsten Bereichen, die sich zu einem vielfältigen Programm entwickelt haben, bestehend aus Veranstaltungen und Aktionen, welche teilweise zum kurzweiligen Erleben einladen, aber auch Objekten, welche das Gebiet rund um den Kaufhof etwas länger begleiten werden.
Ich möchte gar keine einzelne Einreichung hervorheben, denn ich glaube, dass das Wichtigste ist, dass es ein interessantes Gesamtbild geben wird. Und das wird genau davon leben, dass eben so viele Menschen aus so vielen unterschiedlichen Bereichen zusammenarbeiten. Natürlich ist der Turm von raumlaborberlin ein wichtiges Bild, denn er ist groß und stark, aber auch die kleineren Installationen können so viel. Es geht darum, Atmosphären zu schaffen.
Das Konzept für ein „Danach“ wird auf jeden Fall noch entwickelt werden. Man muss sehen, dass wir das Projekt in einer höllisch kurzen Zeit auf die Beine gestellt haben. Auch hat sich die Situation jetzt, weil die Stadt Nürnberg den Kaufhof gekauft hat, geändert. Der Plan ist es aber auf jeden Fall, die Ergebnisse bestmöglich auch in die weiteren Prozesse einfließen zu lassen. Zum Beispiel gibt es ein Graphic Recording vom Eröffnungswochenende und auch die Interviews mit den Menschen vor Ort werden wir für eine geplante Studie vom Wirtschaftsreferat zur Verfügung stellen. Wir selber entwickeln natürlich nicht das Gebäude, aber unser Ziel ist es, weiterhin dafür zu sorgen, dass Kunst und Kultur auch nachfolgend eine Rolle spielen, selbst wenn der Kaufhof künftig wieder eine wirtschaftliche Nutzung haben sollte.
Ich würde mir wünschen, dass es ein modernes Stadtviertel wird, in welchem eben auch die Vielfalt Nürnbergs zu tragen kommt. Mein Wunsch ist es, dass es ein Raum der Öffentlichkeit wird, ein Raum des Verweilens und ein Raum, wo auch Kunst und Kultur eine Rolle spielen und vielfältige Erfahrungen abseits des Shoppings möglich werden. Früher war das in den Städten ja so: Künstlerinnen und Künstler waren an der Konzipierung solcher Orte beteiligt. So konnten auch Räume für die Bedürfnisse der Menschen geschaffen werden. Vielleicht hat man mit dem Setzen von Monokulturen ein bisschen vergessen, dass der Stadtkern nicht nur Konsum bereitstellen muss. Mit dem Projekt wollen wir einen Teil davon mit auf dem Weg geben, in Form von Erfahrungen, Bildern und Erlebnissen, die zum Nachdenken darüber anregen, was eine Innenstadt alles braucht.