Kunst und Keramik und Frau
Christiane Toewes lichte, leichte Porzellanarbeiten
veröffentlicht am 04.08.2014 | Lesezeit: ca. 5 Min.
Es ist das Licht, es ist die Leichtigkeit, es ist die Bewegung. In der Summe sind es diese drei Schlagwörter, die von allem Anfang an Christiane Toewes künstlerisches Schaffen begleiten und leiten, die für ihre Arbeiten bestimmend sind. Dabei sind ja licht und leicht nicht gerade Eigenschaftswörter, die man mit Porzellan in Verbindung bringt. Doch Toewe gelingt das Wunder, dem gern auch Weißes Gold genannten Material eine filigrane Leichtigkeit zu schenken, die Staunen macht.
Auf eine Ausbildung zur Keramikerin Mitte der Achtziger folgte eine Studienreise nach Hongkong und China und ein Studienjahr am College of Art and Design in Farnham/Surrey, einer der führenden Kunsthochschulen im Vereinigten Königreich. Bereits ein Jahr nach der Meisterprüfung im Keramikhandwerk bezog Toewe 1994 ihr eigenes Atelier in der Pfeufferstraße. Dies ist seit 2012 Geschichte, doch verfügt sie inzwischen über eine neue Wirkstätte, die sich unmittelbar an ihr Wohnhaus in der Hainstraße 57 anschließt.
Der Anbau hat einiges gekostet, was auch an den drei nicht gerade billigen Brennöfen liegt, die Toewe unabdingbar benötigt, um ihre Kunst ausüben zu können. Dafür aber sei das „Arbeiten und das Präsentieren der Ergebnisse jetzt um ein vielfaches leichter und schöner“, sagt sie, als es ihr zuvor möglich gewesen war.
Das Porzellan, mit dem Toewe hauptsächlich arbeitet, ist eine Masse, deren Zusammensetzung sie selbst entwickelt hat. Dieser Prozess hat ein Jahr in Anspruch genommen, in welchem sie mit verschiedenen Rohstoffen in den unterschiedlichsten Verhältnissen experimentierte. Es ging darum, ein Material zu finden, mit dem Toewe große und dünne Objekte herstellen konnte, ohne dass dieses schon beim Brennen Schaden nehmen würde, durch Risse etwa oder Blasen. Der Hauptbestandteil der Masse, die ein wenig ausschaut wie dicke Sahne (und sich auch so anfühlt, wie eine spontane Fingerprobe ergibt: sehr weich und unglaublich sanft), ist Kaolin, welches Toewe aus England bezieht.
Neben der Rezeptur spielt auch der Gießprozess eine entscheidende Rolle. Toewe hat da eine eigene Technik entwickelt, um ihre Objekte möglichst dünn und licht werden zu lassen. „Das ist eine ganz schnelle Geschichte. Da geht es wirklich um Sekunden“, sagt Toewe, der man bei jedem Wort und bei jeder Geste und Handbewegung die Begeisterung für ihr kreatives Schaffen anmerkt.
Dann ist da noch der Umgang mit der Oberfläche, die so dünn gearbeitet sein soll wie möglich. Manche Objekte sind lediglich einen Millimeter stark, da kann Toewe nicht mehr viel wegwaschen. Gerade von den aktuell entstehenden Arbeiten sind viele mittels spezieller Bohrer, die man vom Zahnarzt kennt, durchlöchert. Mit Konzentration und großer Sorgfalt muss Toewe da zu Werke gehen. Wenn sich Loch an Loch reiht, stellt sich die bange Frage, ob denn das Kunstwerk auch dem Brand standhalten wird. „Das ist tatsächlich eine technische Gratwanderung“, sagt die Porzellankünstlerin. Die Temperatur im Brennofen beträgt immerhin 1340° Celsius. Jeder Brand wird dokumentiert, Toewe führt Stunde um Stunde Protokoll. Sie muss aufpassen, dass sie nicht zu lange brennt, denn Porzellan kann auch schmelzen.
Die mit Bedacht und eher leise denn laut sprechende Frau hat für sich etwas gesucht, was ein Alleinstellungsmerkmal hat und womit sie ihre Persönlichkeit ausleben kann. Da ist die eigene Rezeptur für das Material, da ist aber auch die enorme Schwierigkeit der Technik. Bis man die beherrsche, würden schon einmal zwei, drei Jahre ins Land ziehen, erzählt Toewe. Aber sie habe „einfach auch wahnsinnig viel Geduld.“ Und die braucht sie gewiss. Mit ihren Porzellanarbeiten macht sie zudem viele Rauminstallationen („Mehr Wert“ etwa, „Intermezzo“), in denen sie versucht, künstlerische Themen über ihre filigranen Objekte umzusetzen: „Das ist für mich eigentlich das Spannendere.“
Seit mehr als zwei Jahrzehnten widmet sich Toewe ihrer ganz außerordentlichen Kunst. Müde ist sie noch lange nicht. Immer wieder schafft sie Neues, entwickelt sich und ihre Werke weiter. Wenn sie davon spricht, leuchten ihre Augen. Ihre Arbeiten tun es ja auch. In Holzsockel, die ihr ein Schreiner fertigt, montiert Toewe die Elektrik hinein und fixiert sodann die Objekte auf dem Sockel. Dann kann das hauchdünne Porzellan von innen her leuchten. Vor allem am Abend und in der Nacht schlägt, versteht sich, die Stunde von Toewes lichten, leichten, zarten Objekten.
Neben ihrer eigenen kreativen Arbeit engagiert sich Toewe noch im Berufsverband Bildender Künstler Oberfranken, dessen Vorsitzende sie ist. Als solche macht sie sich beispielsweise für den Kunstraum Kesselhaus stark. Und sie wünscht sich, dass (die Stadt) Bamberg gerade auch die Künstler auf ihrem eigenen Grund und Boden schätzt, statt, wie häufig, auf große Namen von außerhalb zu setzen. An kreativem Potential gerade auch im Bereich der bildenden Kunst fehlt es der Domstadt ja nicht. Toewe und ihre Lichtobjekte aus Porzellan sind ein nicht zu unterschätzender Teil davon.
Copyright Fotos:
Christiane Toewe, Foto © Peter Enzenberger
Leichte Porzellanarbeiten, Foto © Christiane Toewe