
Sommer, Sonne, Calderón-Spiele. Darauf freuen sich auch in diesem Jahr wieder zahlreiche Theatergänger. Im letzten Jahr stimmte der temporeiche Theaterstoff, der seinen Weg auf den Bamberger Domberg fand, nachdenklich, denn Tobias Goldfarb inszenierte das epochale Grimmelshausen’sche Werk „Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch“. 2017 ist die Kost etwas leichter, wenngleich nicht weniger grandios. Die Programmatik verspricht feinsten Humor und jede Menge Verquickungen.
Gezeigt wird vom 1. bis 22. Juli Carlo Goldonis „Der Diener zweier Herren“, ein Meisterwerk der Commedia dell’Arte. Schauspieler Stefan Hartmann übernimmt die Rolle des Truffaldino, der von dem geringen Lohn seines Herren Federigo (Ronja Losert) nicht einmal seinen Hunger stillen kann. Also entschließt er sich, zusätzlich in den Dienst von Florindo (Pascal Riedel) zu treten – natürlich ohne das Wissen beider Herren. Zweigleisig zu fahren, ist bislang selten gut ausgegangen und auch Truffaldino hat zunehmend seine Mühe damit, den Spagat zu meistern. Allerdings ahnt er nicht, dass er nicht Federigo, sondern dessen Schwester Beatrice vor sich hat, die, nachdem ihr Bruder bei einem Duell ums Leben gekommen ist, Federigos Identität angenommen hat, um ihren Liebhaber Florindo zu finden, der des Mordes an Federigo bezichtigt wird und sich deshalb auf der Flucht befindet.
Wer jetzt verwirrt ist, sollte sich nicht grämen – das war das Ziel. Seit der Uraufführung 1745 findet Goldinis komödiantisches Verwirrspiel überall seinen Weg auf die Theaterbühnen und erfreut das Publikum aller Herren Länder. Von Neidern und Konkurrenten wurden seine Stücke als banal abgetan, Kenner hingegen wussten schon damals um das seltene Talent Carlo Goldonis. Nicht zuletzt Voltaire bezeichnete den Komödiendichter als „Molière Italiens“. Goldoni, promovierter Jurist und in tiefster Seele Venezianer, lässt sich 1745 als Advokat in Pisa nieder. Der Versuch, seriös zu werden, scheitert jedoch recht schnell, denn Goldoni brennt zeit seines Lebens nur für zweierlei: das Theater und das Stücke Schreiben. 1745 wendet sich der berühmte venezianische Theaterschauspieler Antonio Sacchini mit der Bitte an ihn, ein neues Stück für ihn und das Teatro Sant’Angelo zu schreiben. Mit Erfolg. Zu nett ist die Bitte, zu groß die Versuchung. „Der Diener zweier Herren“ wird zum Publikumserfolg. Goldoni kehrt nach Venedig zurück und widmet sich fortan nur noch seiner Leidenschaft.
Wie Regisseurin Susi Weber das Stück in der alten Hofhaltung auf dem Domberg inszeniert, bleibt abzuwarten. Aber drei Fragen haben wir vorab schon mal gestellt:
Interview:
ART. 5|III: Warum ist die Wahl des Stückes für die Calderón-Spiele in diesem Jahr auf Goldonis „Der Diener zweier Herren“ gefallen und wer hatte die Idee?
Susi Weber: Leider hatte ich weder die Idee, noch habe ich es entschieden, dass „Der Diener zweier Herren“ heuer bei den Calderón-Spielen zur Aufführung gebracht werden soll. Ich freue mich allerdings sehr, dass die Entscheidung für die Regie auf mich gefallen ist, denn das Stück ist einer der schönsten Komödien der Weltliteratur und wie geschaffen dafür, unter freiem Himmel aufgeführt zu werden. Vor allem in einer so stimmungsvollen Atmosphäre wie in der wunderschönen Alten Hofhaltung.
ART. 5|III: Ein kurzer Blick hinter die Kulissen: Welchen Herausforderungen haben Sie sich bei der Inszenierung stellen müssen?
Susi Weber: Eine besondere Herausforderung stellt natürlich die Bühne dar. Obwohl ich durch meine Arbeit bei den Tiroler Volksschauspielen, beim Theatersommer Haag oder auch den Luisenburgfestspielen in Wunsiedel schon einige Freilichterfahrungen sammeln durfte, ist jede Freilichtbühne anders und hat ganz eigene Regeln. Von ganz pragmatischen Dingen, wie der Akustik zum Beispiel oder der Auftritts- und Abgangssituation, organisatorischen und logistischen Herausforderungen für alle Abteilungen, hat jeder Ort auch immer eine eigene „Magie“, ein Grundsetting, das man nicht wegignorieren kann und im besten Fall in Bezug zum Stück, zur Inszenierung gesetzt bekommt.
ART. 5|III: Ohne zu viel zu verraten: Wie haben Sie den Commedia-dell’Arte-Klassiker umgesetzt?
Susi Weber: Wir haben uns gegen eine klassische Commedia dell’Arte-Umsetzung entschieden. Die Commedia hat sehr feste Regeln und ist letztendlich für uns heute nicht mehr so einfach zu dechiffrieren. Ähnlich wie im Kaspertheater hat jede Figur ein festgelegtes Profil, eigentlich sogar eine festgelegte Optik. Davon wollten wir uns ein wenig befreien, um einen eigenen spielerischen Zugang zu finden und um das Stück uns und dem Publikum näher zu bringen, verständlicher zu machen. Ohne zu viele Erwartungen wecken zu wollen (wir befinden uns noch im Arbeits- und Entwicklungsprozess) hoffe ich, dass es ein leichter, unterhaltsamer, aber nicht belangloser Abend wird.
Fotocredits:
Calderón-Spiele 2017, Foto © Calderón-Spiele