Glosse

Martins Hasswörter

Das Fordern und die Postulative

veröffentlicht am 08.04.2019 | Lesezeit: ca. 2 Min.

Beispielbild

Beispielbild, Foto © pixabay.com

In der Schule haben wir gelernt, dass es eine Legislative, eine Exekutive und eine Judikative gibt. Gewaltenteilung nennt man das: Parlamente machen Gesetze, die Regierung setzt sie um und die Juristerei wacht darüber, dass alles mit rechten Dingen zugeht. Manche Zeitgenossen bezeichnen darüber hinaus die Medienwelt als vierte Gewalt. Neuerdings scheint es – folgt man dieser Zählweise – eine fünfte Gewalt zu geben, nämlich die Postulative. Und die funktioniert so: Mitglieder der Regierungen – und davon gibt es Hunderte, denn wir leisten uns ja 17 Parlamente! – bombardieren die Medien mit allerlei Forderungen, grad so als wären sie das Volk und nicht die von diesem Gewählten.

Nehmen wir nur die Ernte eines einzigen Tages: Spahn fordert Pflegedebatte, Barley fordert Digitalpakt, Scheuer fordert Senkung der Grenzwerte, Hofreither fordert „radikalen Neuanfang“, Reiter fordert Extrazuschüsse, Klöckner fordert „Dableibe-Vorsorge“, X fordert den Himmel auf Erden, Y fordert dies, Z fordert das, so geht es in einem fort. Für das Image scheint dieses mediale Dauerfeuer gut zu sein, taugt es doch quasi als Arbeitsnachweis oder erweckt zumindest den Anschein von Engagement. Aber haben die Damen und Herren Postulierer da nicht etwas verwechselt?

Die Exekutive, so haben wir oben gelesen, „setzt um“, denn sie hat nichts zu fordern, sondern etwas einzulösen bzw. zu erfüllen. Wenn nun deren Mitglieder ständig die Rolle der Wählerschaft einnehmen wollen und wohlklingende Forderungen in die Welt setzen, so ist das ebenso populistisch wie scheinheilig. Fordern darf das Volk gerne, auch wenn das meist wenig aussichtsreich ist. Aber wenn dieses Wort so dreist missbraucht wird, mag man es gar nicht mehr aussprechen. Bedauerlich ist nur, dass die Medien lautes Postulieren bereitwillig verstärken und damit dieses zweifelhafte Gebaren hoffähig machen.

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