Dass die Folgen der Corona-Pandemie auch sprachliche Folgen haben würden, stand zu erwarten, und da der neue Duden erst kürzlich herauskam, finden sich darin auch bereits Spuren davon. Wenn man sich die jeweils aktuellen Wortneuschöpfungen – auch Neologismen genannt – näher anschaut und vergleicht, was anderen Völkerschaften dazu so einfällt, so ist man überrascht, wie selbstverständlich die deutsche Sprachgemeinschaft die englischen Neubildungen übernimmt und wie häufig andere Sprachgemeinschaften die naheliegenden Entsprechungen aus dem eigenen Idiom bevorzugen.
Zur Beruhigung der geneigten Leserschaft darf ich gleich versichern, dass hier kein x-ter Brandbrief gegen Anglizismen zu befürchten ist – davon gibt’s schon genug, und längst ist es nicht mehr sonderlich originell, sich über die Überflutung durch englische Modewörter aufzuregen. Nein, dafür wollen wir mal schauen, was anderen so einfällt, wenn neue Begrifflichkeiten auftauchen bzw. nach einer adäquaten Entsprechung verlangen.
Die anderen, das sind z.B. die Italiener und die Franzosen, deren Sprachstolz es verbietet, jede noch so alberne oder einfach nur „cool“ klingende sprachliche Neuschöpfung von jenseits des Atlantiks gedankenlos in die eigene Sprache zu integrieren. In Italien z.B. gibt es keinen „lockdown“, sondern ganz einfach eine „fermata“ – und damit ist alles gesagt. Die Franzosen sprechen von „confinement“, wenn man sie einsperrt, das ist dann wenigstens ein kleiner sprachlicher Trost.
Der Duden, so heißt es immer, wolle keine Vorschriften machen, sondern bilde das tatsächliche Sprachverhalten und seine Entwicklung ab, egal, ob das allseits Zustimmung findet. In Frankreich hingegen versucht die Académie francaise durchaus, gezielte Impulse zu geben, also sprachlenkend einzugreifen, indem sie zumindest Vorschläge für neue Sachverhalte macht. Als die Mobiltelephone auftauchten und die Deutschen sogleich vom Handy sprachen, schlug man jenseits des Rheins „portable“ vor – und alle folgten.
Man ist dort resistenter gegen sprachliche Anbiederung, man könnte auch sagen: sprachpatriotischer. Wohl gemerkt, es soll hier nicht sprachlichem Reinheitsdenken das Wort geredet werden, wohl aber darum, bei Neubildungen die typischen Merkmale der eigenen Sprache in phonetischer und grammatischer Hinsicht wenigstens zu berücksichtigen. Oder wollen Sie etwa eines Tages „downgelocked“ sein?