Ein halbes Jahr ist es nun her, dass nach dem Weggang des Intendanten Bernhard F. Loges als neuer Direktor der Opernsparte Neil Barry Moss installiert wurde. Sein Einstand als Regisseur zu Saisonbeginn mit Giuseppe Verdis „Macbeth“ in der Interimsspielstätte „Globe Coburg“ wurde ausgesprochen positiv aufgenommen und auch in ART. 5|III sehr zustimmend bewertet.
Neil Barry Moss wurde in Südafrika geboren und studierte nach Anfängen im Gesangsfach das Opernwesen sowie Musik- und Theaterwissenschaften in Kapstadt. Seine Graduierung erreichte er 2015 im Studiengang Regie und Dramaturgie in Verona und gab im gleichen Jahr sein Debüt als Regisseur mit „Die Hochzeit des Figaro“ am Teatro Rossini in Pesaro.
Von 2016 bis 2019 war er als Regieassistent, Regisseur und Kostümbildner an der Staatsoper Hannover engagiert, anschließend ging er als Spielleiter an die Deutsche Oper Berlin und gab im Juni 2020 sein Hausdebüt mit der preisgekrönten und vielbeachteten Inszenierung „Das Rheingold auf dem Parkdeck“. Bereits 2018 wurde sein inszenatorisches Können durch den Opernregie-Preis in Zürich gewürdigt.
In Coburg erwartet den neuen Operndirektor wegen der langjährigen Generalsanierung des innerstädtischen Landestheaters und des „Auszugs“ an den Stadtrand ins „Globe“ eine Zeit des Umbruchs, die durch provisorische Zustände und möglicherweise auch von finanziellen Unsicherheiten geprägt ist. Grund genug für Art5III, ihm ein paar Fragen zu stellen.
Herr Moss, Sie sind geborener Südafrikaner, werden also wohl perfekt Englisch und Afrikaans sprechen. Studiert und gewirkt haben Sie zudem in Italien und seit 2016 in Deutschland, sprechen daher gewiss auch fließend Italienisch und Deutsch. Da können schon Fragen nach der „Muttersprache“ aufkommen. In welcher Sprache führen Sie eigentlich Selbstgespräche oder träumen Sie?
Na wissen Sie, mittlerweile träume ich und rede ich mit mir selbst quasi nur auf Fränkisch! Sätze wie „Dem Thomas, seine Frau, ihr Auto“, sind bei mir peu à peu normal geworden. Ich empfinde Dialekte grundsätzlich als eine Bereicherung und freue mich, dass sich die Menschen der Region und ihre Art bei mir so schnell ins Unterbewusstsein reingemogelt haben.
In Südafrika und in Italien bin ich für die Einheimischen der Regel-orientierte Deutsche, hier bin ich eher der Nette aus Kapstadt. Ich habe das große Glück, dass „Das Theater“ für uns Künstler immer ein Zuhause ist, egal wo man sich befindet. Aber Coburg ist von der Höflichkeit und Freundlichkeit her dem am ähnlichsten, was ich von Zuhause gewohnt bin.
Was ein Interim für Spielstätten angeht, gibt es nirgendwo so etwas wie das GLOBE COBURG. Aber man darf es nie mit einem Theater vergleichen. „Die Probleme in Coburg werden die Lösungen für andere Städte Deutschlands“, habe ich öfter aus der Politik gehört. Was den proaktiven Theatergeist in Coburg angeht, stimmt das 150-prozentig. Eines ist aber klar: Wir müssen wieder am Schlossplatz einziehen, wo das Landestheater hingehört. Das GLOBE wird, wie die Reithalle, eine Spielstätte von uns sein, aber nie unser Hauptsitz.
Die “Götterdämmerung” fordert jedes Haus bis an seine Grenze. Das Landestheater bleibt in diesem Sinne vom schönen Schicksal des RING-Wahnsinns nicht verschont. Wir sind aber mit der Kreativität Alexander Müller-Elmaus in den besten Händen. Als Regisseur und Bühnenbildner ist er ein absoluter Gewinn. „Vollendet das ewige Werk“, sagte Wotan, und nun freuen wir uns auf die ersten Eindrücke des Publikums!
… Ich merke mehr und mehr, dass der Graben zwischen den verschiedenen Opernliebhabern sich leider vergrößert hat. Es geht nicht nur darum Musiktheater zu mögen, sondern um die Frage, welches Musiktheater? Manche von uns wollen "Nur etwas Schönes und bitte und nichts Störendes, das ablenkt.“ Und dann gibt es manche, die viel mehr Wert auf dramaturgische Konzepte legen. Aber ein spannendes Musiktheatererlebnis muss von allem etwas haben. Nur das eine oder das andere ist auch keine Lösung. Wir müssen Mut haben etwas Neues auszuprobieren, aber etwas Tolles für die Augen gehört meiner Meinung nach auch immer dazu. Klar ist, dass die Genres Oper, Operette und Musical sich zukünftig mehr und mehr mischen werden. Man wird nicht die alten Erwartungen zu 100 Prozent befriedigen können, sondern ich glaube, wir werden eine neue Begeisterung für spannendes Musiktheater erwecken und trotzdem etwas für alle dabei haben. Auf dieser Reise fahren Sie bitte mit. Es lohnt sich!