Die Freiluft-Festival-Saison in Franken ist seit jeher eine, die den Freunden gepflegter Musik ein ebenso gepflegtes Lächeln über die Lippen huschen lässt. Wenn man ehrlich ist, ist Franken, was Open Airs angeht, ein wahres Paradies für Konzert-Freunde. Da überraschte es vor vier Jahren fast ein wenig, dass der Veranstaltungsservice Bamberg noch ein weiteres
i-Tüpfelchen draufsetzte. Heute, nach drei absolvierten Sessions im schmucken Schloss Eyrichshof, kann man getrost feststellen: Die Macher haben so ziemlich alles richtig gemacht.
So ziemlich aber auch nur, da Wettergott Petrus im Vorjahr es nicht gut mit den Veranstaltern und den Künstlern meinte: Zeitweise schüttete es aus Kübeln – nicht die optimale Basis für ein perfektes Open Air. Das soll in diesem Jahr zwischen 24. und 29 Juli besser werden. Die versammelte Künstlerschar jedenfalls hätte sich das redlich verdient. Und bis zu 4.500 Zuhörer pro Künstler ebenso. Und die dürfen sich einmal mehr auf einige Granden des Deutschpop und der internationalen Künstlergarde freuen. Das überraschendste kam in diesem Jahr zum Schluss. Am 24. Juli eröffnet Dauerbrenner Nena das Festival. Ihr folgen nicht minder populäre Künstler. Tags darauf rockt die Spider Murphy Gang den romantisch, eleganten Schlosshof, ehe Schlagerguru Dieter Thomas Kuhn und seine Band am 26. Juli auf der Bühne stehen werden. Am Freitag wird es rockig: Die Mittelalterrocker von In Extremo lassen den Baunachgrund mit einem Special Guest im Gepäck erzittern. Tags darauf wird es ruhiger und internationaler. Wenige Wochen vor seinem 70. Wiegenfeste gibt sich Chris de Burgh die Ehre im Schlosshof – mit einem Überraschungspaket im Gepäck. Den Abschluss der diesjährigen Saison – und damit den Gongschlag für den im August folgenden HUK Open Air Sommer auf dem Coburger Schlossplatz liefert Johannes Oerding. Er verspricht auch ohne Lebensgefährtin Ina Müller einen hochkarätigen Schlusspunkt hinter sechs spannende Tage in einer herrlichen Atmosphäre.
Das Kuriosum schlechthin war dabei schon im Vorjahr zu beobachten: Der Veranstaltungsservice ließ die Anhänger im Internet via Facebook mitstimmen. Die Abfrage nach den gewünschten Bands auf dem Festival fand durchaus imposantes Feedback. Und fast alle der am Ende gebuchten sechs Künstler waren in der Liste der Wunschvorstellungen – die freilich auch schier utopische Acts wie Metallica, die Fantastischen Vier oder Rammstein beinhaltete – vertreten. Den Geschmack der Anhänger scheinen Gaby Heyder und ihre Mitstreiter damit wohl schon im Vorfeld getroffen zu haben. Und das verspricht höchste Spannung, nicht nur der Wetterbericht im Vorfeld. Ganz besonders spannend dürfte dabei der Auftritt von Spider Murphy Gang werden. Die Münchener um Mastermind Barny Siegel rockten im Vorverkauf fast schon sensationell. Genauso wie auch In Extremo. Was auf den ersten Blick verwundert. Schließlich sind Frontmann Michi „Das letzte Einhorn“ Rhein und seine Mannen doch trotz aller kommerziellen Erfolge im Nischenbereich anzusiedeln. Aber die Fanschar der Berliner Kombo wächst jährlich. Und live auf einer Open Air Bühne sind die Mittelalterrocker mit ihrer gigantischen Pyro-Show und schier unbändiger Energie immer wieder ein Hochgenuss.
Ein Genuss, wenn auch weniger für die optischen, als viel mehr für die akustischen Sinne, ist noch immer Chris de Burgh. Der 69-jährige Dauerbrenner weiß seine Anhänger zu beglücken. Er kommt quasi fast intim nach Eyrichshof. Nur begleitet von einer E-Gitarre und einem nach Flügel klingenden E-Piano. Wer „The Lady In Red“, „Don’t Pay The Ferryman“, „Where Peaceful Waters Flow“, „Missing You“ oder „High On Emotion“ in einer derart ursprünglichen Version hört, erhält eine sehr persönliche, buchstäblich einmalige Sound-Visitenkarte dieses Ausnahmekünstlers, der seit unzähligen Jahrzehnten schon zu begeistern weiß. Selbiges gilt freilich auch für die Spider Murphy Gang und für Nena. Die beiden deutschen Dauerbrenner rockten die Bühnen der Republik seit mittlerweile 40 Jahren. Und sie überzeugen bis zum heutigen Tag mit rockigen, fetzigen und partykompatiblen Klassikern. Es ist angerichtet für ein spektakuläres Open Air. Sechs Tage lang wird der beschauliche Baunachgrund brennen und das Publikum verzückten. Fehlt nur noch das Einverständnis von Wettergott Petrus. Sollte er in diesem Jahr ein Einsehen mit den umtriebigen Veranstaltern haben, dann dürfte sich das Rösler Open-Air auf Schloss Eyrichshof endgültig freigeschwommen haben. Echte Zweifel daran bestehen kaum mehr. Schließlich sind sich Veranstalter, helfende Hände und Besucher seit drei Jahren einig, dass die Location und die Besetzung mit der stets vertretbaren Preisgestaltung eine Lücke im Veranstaltungskalender schließen, die es eigentlich nie gegeben hat. Mitunter lohnt sich ein gewisses Risiko in einem eigentlich schon dicht besetzten Segment. Man darf getrost den Hut ziehen vor dem Veranstaltungsservice Bamberg und Schlossherr Herrmann Freiherr von Rotenhan. Das Duo hat es geschafft, eine nicht vorhandene Lücke im Konzertkalender sehens- und hörenswert zu schließen.
Fotocredits:
In Extremo, Foto © Robert Eikelpoth