Kurz nach den schwierigen, aber erfolgreichen Koalitionsverhandlungen, knirscht es schon wieder im Bamberger Gebälk. Die Harmonie zwischen den Fraktionen scheint mitunter brüchig, die Staatsanwaltschaft interessiert sich für die Wahlinformationen der SPD und einige, offensichtlich politisch motivierte Personalentscheidungen werden nicht überall mit Begeisterung aufgenommen. Dabei geht es weniger um das „WER“, sondern mehr um das „WIE“ des Zustandekommens dieser Entscheidungen. Auch betroffen davon ist die Position der neuen Kulturreferentin Ulrike Siebenhaar. ART. 5|III hat sich in einem persönlichen Gespräch ein erstes Bild von der neuen Bamberger Kulturspitzenkraft gemacht.
Ulrike Siebenhaar: Unterschrieben habe ich noch nichts. Aber zum ersten Juli ist das kommissarische Kulturreferat für Bürgermeister Jonas Glüsenkamp ausgelaufen und seither führe ich es. Zunächst ebenfalls kommissarisch, bis hoffentlich alles in wenigen Tagen endgültig in trockenen Tüchern ist.
Ulrike Siebenhaar: Da war die Bamberger Kulturinitiative wohl schneller als die Pressestelle der Stadtverwaltung. Ich selbst habe daraufhin eine ganze Menge positiver Rückmeldungen bekommen und gehe nicht zuletzt davon aus, dass das mit der Tatsache zusammenhängt, dass ich mich seit über 20 Jahren in der Kulturszene Bambergs bewege. Bisher als Journalistin bzw. Pressesprecherin, nun als Kulturreferentin. Für mich ist das eine Rückkehr zu meinen Wurzeln. Ich habe Kunstgeschichte, Klassische Archäologie und Ur- und Frühgeschichte an der Friedrich-Alexander-Universität in Erlangen studiert. Habe im Anschluss dann zunächst frei über Kunst- und Kultur geschrieben und nach einem Volontariat dann die Kulturredaktion bei Radio Bamberg geleitet. Ich habe mich immer für die Kulturszene der Stadt interessiert, die Entwicklung verfolgt und war viele Jahre sehr intensiv dabei. Auch als ich 2006 in der Stadtverwaltung angefangen habe, habe ich viele kulturelle Projekte unterstützt und auch selbst verantwortet.
Ulrike Siebenhaar: Sie muss es nicht. Ob man sie hätte ausschreiben sollen, ist eine Frage, die andere Menschen beantworten müssen und dürfen.
Ulrike Siebenhaar: Wenn ich ganz ehrlich bin, dann nur am Rande. Ich wurde von der Verwaltung gegenüber der Politik vorgeschlagen, die Politik hat ausführlich darüber diskutiert und dem Konstrukt (Anm. der Red.: Trennung der Bereiche Kultur und Bildung/Sport) mit einer großen Mehrheit zugestimmt. Es gab zwar einen Antrag der CSU auf eine Ausschreibung, der Antrag wurde jedoch mehrheitlich abgelehnt. Dem Konstrukt an sich und der Verwaltungsneuorganisation wurde zugestimmt. Ich persönlich finde die Neustrukturierung sehr gut und nehme sie völlig unabhängig von mir als Person als Stärkung wahr. Es bleibt abzuwarten, ob es der Kultur nicht sogar ganz gut tut, wenn sie nicht mehr nur Teil eines politischen Amts ist, sondern die Daseinsberechtigung eines ganzen Referats ist.
Ulrike Siebenhaar: Die Arbeit wird unpolitischer aber die Entscheidung war eine politische, ja.
Ulrike Siebenhaar: Selbstverständlich. Das haben der Oberbürgermeister, der Bürgermeister und Teile des Stadtrats gemeinsam aufgestellt. Gesucht wurde sowohl für Schule, Bildung und Sport als auch für Kultur jeweils ein kompetenter Mensch, mit passendem abgeschlossenem Hochschulstudium, profunder Kenntnis der lokalen Kulturlandschaft und ihrer Bedürfnisse. Zudem wurde jemand gesucht, der genügend Rückgrat und Ideen hat, um die momentanen Herausforderungen (Corona-Pandemie und die Folgen) bewältigen zu können und um als starke Lobbyistin für den Bereich Kultur zu kämpfen.
Ulrike Siebenhaar: Ja. Ich habe den gleichen Status wie meine Kollegen, also Baureferent, Wirtschaftsreferent, Finanzreferent oder Personal- und Konversionsreferent. Der einzige Unterschied ist, dass ich keine Beamtin bin und im Gegensatz zu den oben genannten Kollegen keine berufsmäßige Stadträtin. Diese sind auf sechs Jahre gewählt, ich nicht. Nach anderthalb Jahren soll es durch den Stadtrat eine Evaluation hinsichtlich meiner gezeigten Leistung geben von deren Ergebnis dann mein weiterer Verbleib auf der Position abhängt.
Ulrike Siebenhaar: Wann hat denn zum letzten Mal ein berufsmäßiger Stadtrat oder Referent im Stadtrat einen Antrag gegen die Stadtverwaltung gestellt? Meine Gestaltungsmöglichkeiten sind dadurch gegeben, dass ich im Stadtrat gute Vorschläge mache und dass diese von der Politik bearbeitet, diskutiert und beschlossen – oder abgelehnt - werden. Ich muss mich bei meinen Vorhaben ohnehin immer mit unserem Souverän, also dem Stadtrat auseinandersetzen. Insofern sehe ich da keine Nachteile. Je besser die Vorlagen sind, desto eher werden sie beschlossen, zumindest funktioniert das in der Regel so.
Ulrike Siebenhaar: Auch das schmerzt mich nicht. Sitzungsleitungen sind nun mal den Bürgermeistern vorbehalten. Ich finde es gar nicht schlecht, weil man als Referentin erst einmal berichten muss und wenn man berichten muss, dann kann man schlechter moderieren. Und ich sehe in dem Senatsvorsitz in der Hauptsache eine Moderationsfunktion. So habe ich jemand der sich darum kümmert wie die Sitzung läuft, der darauf achtet was fachlich und sachlich geboten ist, welche Formalien einzuhalten sind. Ich darf mich rein inhaltlich um die Vorträge kümmern.
Ulrike Siebenhaar: Es mag in Bamberg durchaus Menschen geben, die mich nicht kennen und auch welche die nicht wissen was ich kann. Ich kann nur zum Dialog auffordern, führe seit zwei Wochen viele Gespräche mit Künstler*innen, Kulturschaffenden, Veranstaltern usw.. Viele freuen sich mich wieder zu sehen. Es gibt natürlich Menschen die das, was passiert, mit großer Aufmerksamkeit und Vorsicht beäugen. Denen kann ich nur ein ehrliches Gesprächsangebot unterbreiten. Ich spreche wirklich mit jedem der auf mich mit echtem Interesse zukommt.
Ulrike Siebenhaar: Lassen Sie uns das doch erst einmal abwarten. Natürlich muss ich mich an meinen Erfolgen und vielleicht auch Misserfolgen messen lassen. Und aus Kritik kann ich nur lernen. Die persönlichen Gespräche mit den mir bekannten Kritikern waren bislang eher konstruktiv. Ich kann bei allen Beteiligten nur um Unterstützung bitten. Aber von vorneherein zu sagen, dass das nichts wird und dass es eine reduzierte Referentenstelle ist, dagegen wehre ich mich schon.
Ulrike Siebenhaar: Absolut. Ich führe momentan Einzelgespräche und nehme mir für alle Zeit, die mit mir sprechen möchten. Was ich mir wünsche ist lediglich eine grundsätzlich positive Gesprächsatmosphäre. Ich plane auch Kulturschaffende der verschiedenen Sparten noch stärker einzubinden. Das Kulturamt, das übrigens in den vergangenen Jahren Großartiges geleistet hat und viele gute Ideen hatte, hatte schon vor längerer Zeit den Plan eine Kulturkommission zu gründen, in der ausgewählte Kunstschaffende und Vertreter*innen der Veranstalterbranche ein Gremium bilden, in dem sie mit der Kulturverwaltung und dem Kulturreferat in den Dialog treten und gemeinsam neue Ideen entwickeln können.
Ulrike Siebenhaar: Die ersten Ergebnisse aus der Kulturentwicklungsplanung wurden ja bereits vom Kulturamt vorgestellt, letztmals im März im Bürgerlabor in der Hauptwachstraße. Dann kam Corona und alles ist ins Stocken geraten. Deswegen kann ich auch heute nicht mit Sicherheit sagen, dass der Kulturentwicklungsplan in diesem Jahr noch fertig wird. Aber es gibt spannende Ergebnisse, die man sich nun ganz genau anschauen und analysieren muss. In den letzten fünf Jahren ist in Bamberg im Kultursektor wahnsinnig viel passiert.
Grundsätzlich haben wir gerade Rahmenbedingungen, die meine Arbeit nicht gerade leichter machen. In der Corona-Pandemie ist es die Kulturszene, die am meisten unter den wirtschaftlichen Auswirkungen leiden muss. Natürlich geht es auch den Gastronomen nicht gut, in den Innenstadt-Läden gibt es wohl rund 40 % Umsatzrückgang. Die ersten Läden schließen, die Firmen schicken ihre Mitarbeiter in Kurzarbeit und wer weiß, was noch an Insolvenzen droht. Wir haben es mit der schlimmsten Wirtschaftskrise seit dem zweiten Weltkrieg zu tun und keiner weiß so genau, wie wir uns da heraus retten können. Es gibt zwar eine Menge Fördermittel, die zum Teil schon geflossen sind, teilweise aber auch noch nicht, und nicht immer ist ganz klar wie Künstler und Kulturschaffende sie direkt in Anspruch nehmen können. Das Kulturamt ist in Sachen Beratung erster Ansprechpartner und ist immer auf dem neuesten Stand. Wir müssen einfach schauen, dass wir die Kulturszene momentan über alle Sparten hinweg retten, sie erhalten und dann im nächsten Schritt stärken und weiterentwickeln. Das ist mir das wichtigste Anliegen.
Ein zweiter, wesentlicher Punkt ist „Kultur braucht Raum.“ Kultur braucht immer Raum, und zwar nicht nur die Musik, nicht nur darstellende Kunst, sondern auch die bildende Kunst, die Tanztheater und viele andere mehr. Es braucht Übungsräume, Proberäume, Ateliers, Experimentierfläche, ja auch Depot- und Ausstellungsflächen. Wir haben zwar momentan das Kesselhaus, aber das ist derzeit in seiner Form zwar wunderbar, aber erweiterungsfähig, was durchaus wünschenswert wäre. Auch hier gibt es schon Machbarkeitsskizzen und Pläne, um die ich mich kümmern muss. Was passiert mit dem Kulturquartier Lagarde? Ich persönlich finde das, was da mit junger Kultur passiert spannend und elektrisierend und trotzdem muss man darauf achten, dass sich die einzelnen Projekte nicht gegenseitig beschädigen. Was wird mit der Alten Seilerei passieren oder gibt es sonst noch vergleichbare Räume? Das möchte ich jetzt zunächst einmal analysieren insbesondere die noch nicht genutzten, öffentlichen Räume.
Was mir ganz besonders am Herzen liegt ist die Vermittlung innerhalb der Sparten und vielleicht sogar spartenübergreifend. Da ist viel mehr miteinander möglich, als momentan geleistet wird. Die Theaterleute lassen sich beispielsweise recht einfach an einen Tisch holen, um zum Beispiel über ein gemeinsames Theaterfestival zu sprechen.
Ulrike Siebenhaar: Das wird sich zeigen. Ich werde berichten.
Ulrike Siebenhaar: Eine Kulturstadt bemisst sich nicht nur daran, welches Erbe wir haben und wie viel Geld die Menschen haben, um Kultur zu nutzen, sondern vor allem auch an der Menge der Kulturschaffenden und der Kulturlandschaft. Insofern würde ich schon sagen, dass wir eine Kulturstadt sind.
Ulrike Siebenhaar: Der „Blick von außen“ impliziert ja mehrere Fragen. Für die ältere Generation wird dieser Blick schon eher der auf die Kulturstadt Bamberg sein und auf deren Angebote wie Bamberger Symphoniker, Theater, Villa Concordia, die Altstadt, die Staatsbibliothek, die Museen am Domberg und die vielen Antiquitätenläden. Insofern glaube ich schon, dass es eine Menge Leute gibt, die in Bamberg eine Kulturstadt sehen und die auch deswegen kommen. Natürlich gibt es auch die andere Seite, die Touristen oder Besucher die nur in die Sandstraße und/oder Altstadt finden, um zu feiern.
Ulrike Siebenhaar: Das stimmt. Wir haben keine „Bayreuther Wagner-“ oder „Jedermann-Festspiele“. Das einzige weswegen Kulturtouristen, neben dem Welterbe, wirklich explizit nach Bamberg kommen sind vermutlich die Calderón-Festspiele des ETA Hoffmann-Theaters im Sommer. Der Kulturtourist fährt nicht nach Bamberg wegen den kulturellen Veranstaltungen, sondern wegen der Schönheit der Altstadt und wegen des Labels Weltkulturerbe.
Doch erst wenn man abseits der sogenannten Hochkultur schaut, wird unsere unglaublich heterogene, diverse Kulturlandschaft, die wir haben, deutlich. Derzeit wird sie hauptsächlich von uns Bambergern genutzt. Kleinkunst, kleine, feine Straßenfeste. Lesungen oder musikalische Kleinodien sind in Bamberg an der Tagesordnung. Was uns vielleicht ein wenig fehlt ist ein gewisser Multi-Kulti-Charme wie ihn Berlin hat oder auch beispielsweise Fürth. Und für diese großartige Bamberger Kulturlandschaft müsste man einfach mehr Wahrnehmung schaffen. Eine entsprechende Medienarbeit sehe ich auch als eine meiner Aufgaben an.
Ulrike Siebenhaar: Ich glaube, dass das Profil Bambergs als Kulturstadt und nicht nur als Welterbestadt geschärft werden muss und kann. Das sind zum Teil vielleicht nur Nuancen, aber ein paar Weichen müssen sicherlich gestellt werden. So konzentriert sich im kulturellen Bereich die Wahrnehmung sehr stark auf die sogenannte Hochkultur und hier auch noch besonders auf die beiden „Leuchttürme“ Bamberger Symphoniker und ETA Hoffmann-Theater. Aber man muss genauso sehen, dass wir eine sehr viel jüngere Stadt geworden sind und diese jungen Menschen konsumieren neben der bekannten auch andere Formen von Kultur. Mit wenigen Ausnahmen lockt diese junge Kultur jedoch momentan noch nicht regelmäßig das Publikum von außerhalb an.
Ulrike Siebenhaar: Mit vielen Gesprächen und viel Überzeugungsarbeit.
Ulrike Siebenhaar: Der Museumsentwicklungsplan ist schon seit einiger Zeit fertig und beinhaltet ganz viele spannende Aspekte, über die man diskutieren muss. Des Weiteren steht uns eine grundsätzliche Veränderung in Bambergs Museumslandschaft bevor. Frau Dr. Regina Hanemann, die Leiterin der städtischen Museen, geht in nicht allzu ferner Zukunft in den Ruhestand und da gilt es die Nachfolge zu regeln. Das schärft den Blick auf den Museumsentwicklungsplan. Wen will man zukünftig für diese Position und wie soll sie die Museumslandschaft Bambergs weiterentwickeln? Wo liegen die Schwerpunkte? Können wir ein Museum für moderne Kunst in Bamberg aufbauen?
Ulrike Siebenhaar: Mein Studienschwerpunkt innerhalb der Kunstgeschichte war bildende Kunst. Ich liebe Literatur, Theater und Musik, bin vielfach interessiert, aber bildende Kunst ist mir ein besonderes Anliegen. Ich glaube ein Museum für moderne Kunst würde Bamberg sicherlich sehr bereichern: Ein Strahlpunkt für Bamberg, aber derzeit (noch) Zukunftsmusik.
Ulrike Siebenhaar: Das ist sicherlich eine Frage der grundsätzlichen Finanzierbarkeit. Man hat schon gewisse finanzielle Vorstellungen, weil auch in der Vergangenheit bereits darüber gesprochen wurde. Es gab mal den Gedanken das alte Hallenbad als Kunstmuseum umzubauen inklusive der finanziellen Planungen, aber das ist ja vom Tisch, nicht zuletzt, weil die Universität bzw. der Freistaat Bayern mittlerweile Inhaber der Immobilie ist. Momentan ist das Thema nicht präsent, aber die Situation kann sich ja auch wieder entspannen. Und wenn dann noch Fördermittel fließen würden, wer weiß...
Ulrike Siebenhaar: Dies ist ein wichtiges Projekt in Bamberg. Da müssen wir jetzt unbedingt vernünftig in Vermarktung, Betrieb und Verstetigung einsteigen.
Ulrike Siebenhaar: Absolut! Das war schon immer der Gedanke. E. T. A. Hoffmann ist ein weltweites Thema, auch wenn es manchmal auf Bamberg konzentriert zu sein scheint. In der deutschen Literaturwissenschaft ist Hoffmann deutlich unterrepräsentiert. Deshalb wird das E. T. A.-Hoffmann-Haus, insbesondere wenn es dann saniert und hergerichtet ist, ein kleiner Fixstern werden.
Ulrike Siebenhaar: Ich stelle fest: Die Kulturszene Bambergs scheidet sich bei diesem Thema, ich nenne das mal „Kesselhauskulturaktive“ und „Lagardekulturquartieraktive“. Eine Diskussion bei der zum Teil jegliche Schnittmengen fehlen. Ich finde Bamberg hat beides verdient und bin auch der Meinung, dass sich Bamberg beides leisten kann. Wie und wie lange das dauert, das werden wir sehen. Momentan fließen für die Lagarde sehr hohe Fördermittel, deshalb glaube ich, dass eine Weiterentwicklung auf der Lagarde schneller möglich sein kann. Das Kesselhaus ist jedoch da, funktioniert und wir werden den Vertrag, vorbehaltlich eines noch ausstehenden Brandschutzgutachtens, auf jeden Fall verlängern. Ob man darüber hinaus in eine Sanierung, eine Erweiterung oder gar in die bekannten High-End-Ideen einsteigt, muss final die Politik entscheiden. Wir als Kulturreferat und Kulturverwaltung können Vorschläge machen, entscheiden muss es aber die Politik.
Ulrike Siebenhaar: Angemeldet sind wieder rund 10 Millionen Euro.
Ulrike Siebenhaar: Nun ja, wir haben ja vielfach bestehende Verträge, beispielsweise mit den Bamberger Symphonikern oder beim ETA Hoffmann-Theater. Insofern ist vieles festgelegt. Und bei den „freiwilligen Leistungen“ versuchen wir so viel wie möglich beizubehalten. Ich werde dafür kämpfen, dass der Kulturhaushalt wenigstens so bleibt, wie er ist, mehr zu bekommen ist derzeit glaube ich utopisch.
Ulrike Siebenhaar: Für den Haushalt 2020/2021 wahrscheinlich nicht. Da sind wir froh, wenn wir den Status quo erhalten können. Im Gespräch waren fünf Prozent mehr für den Kulturhaushalt bzw. 400.000 € ungefähr. Aber nicht als Umverteilung von anderen Kultursektoren, sondern neue Mittel die den freien Initiativen zugeführt werden sollten. Das wäre natürlich fantastisch, damit könnte man vieles besser oder neu unterstützen. Wir würden uns alle sehr darüber freuen, aber ich glaube nicht, wie bereits gesagt, dass uns dies 2020/2021 gelingen wird. Aber deshalb ist diese Forderung ja nicht aus der Welt.
Ulrike Siebenhaar: Er wird sich in einer gewissen Hinsicht entwickeln müssen, weil unter anderem auch die Gehälter, die Raumkosten, die sonstigen Kosten steigen und die Aufwendungen der freien Initiativen anwachsen werden. Trotzdem muss man gewisse Dinge auf den Prüfstand stellen und dahingehend prüfen, ob es Einsparpotentiale oder versteckte Synergien gibt. Wobei ich hinsichtlich der Einsparungspotentiale eher skeptisch bin.
Frau Siebenhaar, wir bedanken uns für das Gespräch und wünschen für die neue Aufgabe viel Erfolg.
Update:
Am 21. Juli tagte der Finanzsenat der Stadt Bamberg. Auf der Tagesordnung standen unter anderen auch die Punkte „N2025 – Bewerbung der Stadt Nürnberg und der Europäischen Metropolregion Nürnberg um den Titel „Kulturhauptstadt Europas“; Beteiligung der Stadt Bamberg“ und „Haushaltsvollzug 2020“.
Zwei Tagesordnungspunkte, mit denen für die Bamberger Kulturpolitik durchaus eine gewisse Brisanz verbunden war und die auch als erste Bewährungsprobe für die neue Kulturreferentin Ulrike Siebenhaar verstanden werden konnte. Und so hielt sie auch den Sachvortrag zu N2025 verbunden mit dem Beschlussvorschlag, dass die Stadt Bamberg, vorbehaltlich einer erfolgreichen Bewerbung Nürnbergs und einer Einigung über die inhaltliche Ausrichtung von Projekten, für Kulturprojekte vor Ort einen Betrag von knapp 195.000 Euro für den Zeitraum 2021 bis 2025 zur Verfügung stellt. Das entspricht einer Beteiligungshöhe von 0,50 Euro pro Einwohner und Jahr, dem Minimalbetrag, der vom Bewerbungsbüro gefordert wurde. Nach einem Hinweis auf das Rückflussprinzip (Anm. der Red.: Das Geld soll für kulturelle Veranstaltungen in Bamberg verwendet werden) und darauf, dass die Entscheidung jederzeit, beispielsweise aufgrund der angespannten Haushaltslage, revidiert werden kann, wird der Antrag zur Abstimmung gestellt mit dem Ergebnis, dass alle im Finanzsenat vertretenen Parteien dafür sind.
Die weitaus schwierigere Aufgabenstellung versteckte sich hinter den Tagesordnungspunkten 3 - 5, Haushaltslage und Haushaltsvollzug. Schnell hatte Finanzreferent Bertram Felix die anwesenden Senatsmitglieder auf die kommenden, schwierigen Zeiten eingestellt. Unter dem Hinweis darauf, dass die Haushalte der letzten Jahre nur mit Auflagen von der Bezirksregierung genehmigt wurden, zeichnete er ein düsteres Bild für die Jahre 2020 bis 2022. Die derzeit prognostizierten Mindereinnahmen beziffert er mit ca. 32 Millionen Euro, von denen allein ca. 27 Millionen Euro auf den Rückgang bei der Gewerbesteuer entfallen. Zwar erhält Bamberg vom Bund und dem Land Bayern einmalig eine sogenannte Ausgleichszahlung deren Höhe momentan aber noch nicht feststeht, trotzdem muss, wo es möglich ist, der Rotstift angesetzt werden. Das Mittel der Wahl nennt sich „Haushaltssperre“, das heißt, etliche Haushaltsstellen werden mit einem Sperrbetrag belegt, der in der momentanen Situation nicht ausgegeben werden darf. Für die Kultur in Bamberg sind diese Haushaltssperren mit tiefen Einschnitten verbunden, die insbesondere die freien Kulturakteure treffen werden. Im sogenannten „Verwaltungshaushalt“, in dem Zahlungen an Vereine, Zuschüsse zu Raumkosten oder auch Aufwendungen für kulturelle Veranstaltungen in der Stadt abgebildet werden, summieren sich die einzelnen Sperrbeträge auf knapp 115.000 Euro. Besonders betroffen dürften hier beispielsweise der Musikverein Bamberg, der Kunstverein und der BBK aber auch die freien Bühnen sein, da dort erhebliche Zuschüsse wegfallen. Für nicht unerhebliche Teile der Kulturförderung verschiebt sich die finale Entscheidung, ob diese Sperrbeträge doch noch irgendwann fließen können, auf einen noch unbestimmten Zeitpunkt nach dem 1. Oktober 2020. Damit verlängert sich die für viele Kulturakteure ohnehin schon sehr lange Wartezeit auf eine Förderungszusage deutlich. Das Risiko des Totalausfalls einer etwaigen Förderung liegt dabei vollständig beim Kulturakteur selbst und verschlechtert somit dessen Planungssicherheit immens. Für uns ist es durchaus vorstellbar, dass einige Protagonisten aus dieser Kulturszene dieses Risiko nicht tragen können oder wollen und gar nicht erst versuchen werden, ihre Projekte zu realisieren. Das wäre ein nicht zu unterschätzender Verlust in der Bamberger Kulturlandschaft.
Im „Vermögenshaushalt“, in dem Sachkosten wie Ausrüstungen, Sanierungen oder auch Planungskosten abgebildet werden, belaufen sich die Sperrbeträge, die wir direkt oder indirekt mit der Bamberger Kulturentwicklung in Zusammenhang bringen, auf 478.000 Euro, davon entfallen 50.000 Euro auf die „Potentialanalyse Kesselhaus“, 100.000 Euro auf „Bauaufwendungen Villa Dessauer“ und 328.000 Euro auf „Lagarde – Kulturquartier – Campus – Freianlagen – BNK“. Ein herber Schlag ins Kontor der ohnehin schon seit Jahren finanziell chronisch unterversorgten freien Kulturszene in Bamberg.
Es gibt viel zu tun für die designierte Kulturreferentin Ulrike Siebenhaar. Verwaltung des Mangels aber auch die Förderung des Zusammenhalts zwischen Kulturverwaltung und Kulturakteuren. Und dann gibt es ja auch noch die viel beschworene Solidrität unter den Kulturakteuren selbst. So bietet zum Beispiel ganz aktuell die Kulturfabrik „KUFA – Kultur für alle“, in der Trägerschaft der Lebenshilfe Bamberg e.V., mit dem Projekt “100 Prozent für die Kultur“ der lokalen Kunst- und Kulturszene die Möglichkeit, die durch die Corona Maßnahmen bedingten Einnahmenausfälle zumindest im kleinen Rahmen zu kompensieren. Alle lokalen Künstler*innen haben im Projektzeitraum von 1.9.2020 bis 31.3.2021 die Möglichkeit, mietfrei in der KUFA aufzutreten. Dabei geht es um alle denkbaren Kunstsparten wie Theater, Musik, Tanz, Film, Lesungen etc. umfassen. In diesem Zusammenhang stellt die Kulturfabrik KUFA die Räumlichkeiten mit allen vorhandenen technischen Einrichtungen (Ton und Licht) mietfrei zur Verfügung und übernimmt zudem als Veranstalter die anfallenden Kosten für GEMA und KSK. Die Eintrittseinnahmen werden zu 100 Prozent an die Künstler*innen ausgezahlt. Nach den derzeit geltenden Abstandsregelungen sind maximal 50 Besucher*innen im Saal und 200 Besucher*innen auf dem Freigelände zugelassen. Wie wir finden ein tolles Signal der Kulturfabrik „KUFA – Kultur für alle“ und unbedingt nachahmenswert.