Im Sommer 2019 ist es wieder so weit: die Bachwoche Ansbach erwartet ihre Anhänger aus der Region und ein internationales Publikum ab Ende Juli zu intensiven 10 Festival-Tagen, die dem Oeuvre Johann Sebastian Bachs und seinem Umkreis gewidmet sind. 1947 als jährlich stattfindende musikalische Festwoche ganz in der Nähe von Bamberg gegründet, findet sie nunmehr schon seit Jahrzehnten als Biennale statt. Der Beginn liegt in Pommersfelden, denn Karl Graf von Schönborn hatte die Idee, rund um den Todestag Bachs, dem 28. Juli, auf dem prächtigen Schloss Weißenstein eine ganze Woche lang dessen Musik zu spielen.
Da die Räumlichkeiten im Schloss nicht ausreichten, zog man schon im Folgejahr nach Ansbach um, das weitgehend unzerstört geblieben war und mit seiner Residenz ideale Aufführungsbedingungen bot. In den fünfziger und sechziger Jahren dominierte Karl Richter das Geschehen, holte illustre Musiker nach Ansbach und spielte auch selbst als Interpret an Cembalo, Orgel und Dirigentenpult eine wichtige Rolle. Seinem Plan, die Bachwoche nach München zu verlegen, widersetzten sich die Ansbacher jedoch erfolgreich und machten ab 1966 einen Neuanfang, nunmehr im zweijährigen Turnus.
Bei der Wahl der Künstler waren sie jetzt sogar freier als zuvor, und prominente Namen wie der Geiger Nathan Milstein, der Trompeter Maurice André oder der Violoncellist Mstislaw Rostropowitsch gastierten in Ansbach ebenso wie die Dirigenten Helmuth Rilling und Sir Neville Marriner. Ende der siebziger Jahre erweiterte sich das Spektrum des Repertoires, denn Werke der Bachsöhne wurden einbezogen, dann Bachs Vorgänger wie Claudio Monteverdi, Heinrich Schütz oder Henry Purcell, schließlich auch Komponisten des 20. Jahrhunderts wie Paul Hindemith, Witold Lutoslawski und Arvo Pärt.
Heute besitzt die Bachwoche mehr Facetten denn je, die „Bachwöchner“ gelten als chronische Wiederholungstäter – wer den Virus der Bachwoche mit ihrem faszinierenden Ambiente einmal eingefangen hat, wird ihn so schnell nicht wieder los. Folglich musste die Zahl der Konzerte und Konzertformate erhöht werden, um dem Besucherzuspruch standzuhalten. Neue Möglichkeiten eröffnete beispielsweise die Wiedergeburt der historischen Orgel in der Gumbertuskirche, die aus der Bachzeit stammt. In den letzten Jahren verstärkte sich auch das Engagement für die kommenden Generationen von Musikfreunden, vor allem durch Workshops für Kinder und Jugendliche.
Heuer beginnt der Reigen der Veranstaltungen am 26. Juli, also zwei Tage vor Bachs Todesdatum, mit einem Einführungsgottesdienst und einer Vorschau des Intendanten Dr. Andreas Bomba in der Karlshalle. Am Abend dieses Eröffnungstages steht dann gleich ein Orchesterkonzert in der Orangerie auf dem Programm, das vom diesjährigen Orchester der Bachwoche „Il Gusto Barocco“ gestaltet wird und Klassiker des Bach-Repertoires auf dem Programm vorsieht, nämlich zwei Brandenburgische Konzerte. Weitere Orchesterkonzerte bringen auch die anderen Nummern dieser Werkreihe sowie Solokonzerte und einen Abend unter dem Motto „Bach Marimba“, an dem das Marimbaphon u.a. die Violine ersetzt.
Die Kammerkonzerte beginnen am 27. Juli mit „Bach-Reflexionen“, in denen so unterschiedliche Stile und Komponisten wie Marin Marais, John Coltrane und Jimi Hendrix zu Klang kommen. Hinter dem erstaunlichen Titel „Bach Butoh“ verbirgt sich ein Programm, das Werke Bachs mit solchen Toshio Hosokawas kombiniert und den Butoh-Tanz vorsieht. Sonatenkonzerte, eine Jazztime und das Format „Bach Barock“ sowie die beliebten Landpartien vervollständigen diese Konzertkategorie, die von anderen mit Bezeichnungen wie „Bach pur“, „Bach plus“, „Bach modern“, „Klavier und Cembalo“ oder „Bach vokal“ ergänzt wird.
Natürlich nehmen die Kirchenkonzerte in der Ansbacher Bachwoche traditionell einen wichtigen Platz ein. Kantatenkonzerte, Titel wie „Von Schütz zu Bach“ und „Ansbach singt“, Orgelkonzerte sowie die standesgemäße Aufführung eines großen Bach-Oratoriums sind stets ein Muss. In diesem Jahr wird es am 3. und 4. August die Johannespassion sein, die in der Gumbertuskirche zur Aufführung gelangt. Die Gaechinger Cantorey unter der musikalischen Leitung von Hans-Christoph Rademann singt dieses ergreifende Werk, das wohl nur in der Bachwoche Ansbach so völlig außerhalb des Bezuges zum Kirchenjahr interpretiert werden kann.
Die Liste der eingeladenen Künstler und Ensembles ist einmal mehr prominent besetzt. Erwähnen wir nur Iveta Apkalna, Kristian Bezuidenhout, Isabelle Faust, das Klavierduo Tal/Groethuysen, Arabella Steinbacher und Nils Mönkemeyer unter den Solisten. Unter den Ensembles finden wir „amarcord“, „Resonanz“, „La Chimera“ und die Bachstiftung St. Gallen, das Dresdner Barockorchester, die Deutschen Kammervirtuosen Berlin, den Windsbacher Knabenchor und aus Ansbach die Hoftrompeter, das Kammerorchester und die dortige Kantorei. Insgesamt ein verführerisches Angebot, zum „Bachwöchner“ zu werden – oder zur „Bachwöchnerin“…