Naturgemäß lässt die Dichte der Neuinszenierungen auch an den fränkischen Theatern im Juni und vor allem im Juli nach, so dass unsere Premierenvorschau diesmal etwas kürzer ausfallen wird. Da sie mit A beginnt, führt sie zunächst zum Theater Ansbach. Dort steht der Juni ganz im Zeichen einer Hommage an das Leben Heinrich Heines, die unter dem Titel „Ich will meine Seele tauchen“ Premiere hatte, und eines Schauspiels von Eugene O’Neill. In dessen Drama „Eines langen Tages Reise in die Nacht“ werden Menschen gezeigt, die als tragische Opfer eigener Wertsetzungen vor den Scherben ihres Lebens stehen. Premiere ist am 4. Juni. Im Rahmen der Ansbacher Rokoko-Festspiele wird am 26. Juni die Uraufführung von Jutta Schuberts Stück „Theatermenschen im Dialog – Casanova und die Kunst der Verführung“ zu sehen sein. Ansbach war berühmt für seine rauschenden Rokokofeste. Da lag es nahe, einen für seinen Charme und seine Verführungskünste bekannten Zeitzeugen des Jahrhunderts zum Leben zu erwecken. Aus der Perspektive von Casanovas Memoiren wird die große Geschichte des Abenteurers unterhaltsam erzählt. Am letzten Julitag wendet sich das Theater dem ewigen Thema des Kaspar-Hauser-Schicksals zu, das für Ansbach natürlich von besonderer Brisanz ist, denn der Findling fand dort seinen Tod. „Tote wissen mehr“ von Eckart Böhmer nähert sich wie in einem Gang durch die Zeiten der Ermordung des „Kindes von Europa“, um es dann wieder bis in unsere heutige Zeit hinein zu begleiten in all den Anfeindungen und Verleumdungen, die einem posthumen Rufmord gleichen. Das Stück wird Anfang August noch zweimal präsentiert.
Nicht übergangen werden sollte beim Buchstaben A das Stadttheater Amberg, das am 22. Juli einen Beitrag zu den Internationalen Gluck-Festspielen (siehe gesonderten Artikel) liefert. Der Namen gebende Komponist hatte seinerzeit nicht nur die Oper reformiert, sondern gilt auch als Erfinder des Handlungsballetts. Die französische „Compagnie de Danse l’Eventail“, deren Gastspiel in Amberg zu sehen sein wird, rekonstruiert seit 1985 historische Tanzformen und stellt sie modernen Arbeiten gegenüber. Das renommierte Tanzensemble präsentiert den Bewegungsreichtum aus den Anfängen und der Gegenwart des Balletts.
E.T.A.-Hoffmann-Theater Bamberg: der letzte Saisonmonat ist an der traditionsreichen Adresse am Schillerplatz zunächst von den 22. Bamberger Schultheatertagen geprägt. Am 17. Juni findet die Premiere von Gertrud Steins „Dr. Faustus lights the lights“ statt. Das Stück, das in Zusammenarbeit mit dem Internationalen Künstlerhaus Villa Concordia auf die Bühne kommt, war ursprünglich als Libretto für eine Oper gedacht, ist aber als Version des klassischen Faust-Mythos selbst zur Sprachmusik geworden. Für diese Inszenierung wird eine eigenständige Musik komponiert. „Stadt Land Fluss“ lautet der Titel eines Theaterprojektes, das im Bamberger Stadtraum spielen und das urbane Lebensgefühl der Bürgerschaft erkunden soll. Ein ganz besonderes Format zwischen Stadtführung, Ratsentscheid und Theater! Bald nach Ende der regulären Spielzeit im E.T.A.-Hoffmann-Theater, also Anfang Juli, beginnen die Calderón-Festspiele in der Alten Hofhaltung, diesmal mit dem frühbarocken Klassiker der Weltliteratur „Der Abenteuerliche Simplicissimus Teutsch“ in einer Fassung von Tobias Goldfarb nach Hans Jacob Christoffel von Grimmelshausen.
Ein Opern-Doppelpack kann man am Landestheater Coburg ab dem 18. Juni erleben: Henry Purcells „Dido and Aeneas“ wird mit Ralph Vaughan Williams’ „Riders to the Sea“ kombiniert. Eine Woche zuvor findet die letzte Ballettpremiere in der Reithalle statt: “A Clockwork Orange” ist ein Ballettabend von Tara Yipp nach dem Schauspiel von Anthony Burgess. Die Saison in Coburg klingt aus mit mehreren Aufführungen des Musical-Krachers “Copacabana”. Eine ungewöhnliche Exkursion unternimmt das Philharmonische Orchester am 15. Juli: „Handball-Sinfonie“ heißt das Projekt, das die Musiker des Landestheaters in der HUK-Coburg-Arena mit den Bundesligaspielern des HSC Coburg zusammenführt.
Das Landestheater Dinkelsbühl ist bereits seit Mai bei seinen Sommerfestspielen angelangt, die auf der überdachten Freilichtbühne am Wehrgang stattfinden. Nach dem attraktiven Comedian-Harmonists-Remake und Kinderstücken präsentiert das Theater ab 14. Juni das Erfolgsmusical „Der kleine Horrorladen“, dessen Geschichte in einem kleinen Blumenladen in Manhattans Downtown beginnt. Ab 30. Juni bietet Dinkelsbühl das Schauspiel „Here we are! The Andrew Sisters“, das von einer typischen Erfolgsgeschichte des American Dream handelt, als deutsche Erstaufführung an.
Das Markgrafentheater Erlangen beschäftigt sich weiter mit dem Saisonthema „Heimat“. Am 3. Juni ist die Premiere von Holger Schobers „HEIMAT.COM“, einer schwarzhumorigen Mediensatire um einen Ausweisungsbescheid und seine Folgen. Tags drauf geht es abermals um Heimat, wenn Thomas Krupas Bühnenfassung von Josef Bierbichlers Roman „Mittelreich“ Premiere hat. Tourismus und Kriege bescheren dem Ort des Geschehens willkommene und weniger willkommene Gäste – ungebremst prallen kaum vereinbare Lebensentwürfe aufeinander.
Im Stadttheater Fürth gibt es gleich Anfang Juni eine Premiere zu erleben: die Komödie „Der Held der westlichen Welt“ von John Millington Synge, die 1907 anlässlich ihrer Uraufführung in Dublin einen Skandal auslöste, weil die Iren ihre Werte in den Schmutz gezogen sahen. Am 24. Juni ist die Uraufführung von „Metropolis Now“ zu erleben, eines „Brückenbau-Theaterprojektes“, in dem es – natürlich mit Bezug auf Fritz Langs berühmten Film – um die urbane Zukunft geht. Ein fulminanter Theaterabend aus getanzten Massenszenen, Tanztheatralem, Performance-Installationen, Projektionen und Klang ist zu erwarten. Am 2. Juli findet die Premiere eines theaterpädagogischen Workshops unter dem Titel „Der unvergessene Mantel“ statt, die Saison endet am 24. Juli mit Ionescos „Die Nashörner“.
Beim Theater Hof stehen Anfang Juni gleich zwei gewichtige Premieren in den Bereichen Oper und Schauspiel an: am 3. Juni Giuseppe Verdis „La Traviata“, anderntags „Die Präsidentinnen“. Werner Schwabs Stück wird in Kooperation mit der Bayerischen Theaterakademie August Everding erstmals am Theater Hof präsentiert werden. Die dokumentarische Spurensuche „Dschihad One-Way“, deren Titel brennende Aktualität verspricht, wird am 10. Juni als letzte Neuproduktion der Saison Premiere haben.
Am Staatstheater Nürnberg lassen sich im Juni noch zwei Premieren erleben. Zunächst am 4. Juni eine Neuinszenierung von Friedrich Schillers „Wilhelm Tell“ durch Volker Schmalöer. Am 9. Juni ist in der Bluebox die Uraufführung von „Linke Läufer (Erster sein)“, das Albert Ostermeier als „Requiem für Jenö Konrad“ bezeichnet und die Erinnerung an einen erfolgreichen Clubtrainer wach halten soll, der von den Nazis verfolgt wurde. Die Wiederaufnahme des „Weissen Rössl“ ab dem 16. Juni wird alle Operettenliebhaber erfreuen. Auch der „Don Giovanni“ kann ab 24. Juni wieder besichtigt werden. Ein Tanzprojekt für 10-14-Jährige unter dem Arbeitstitel „Projekt X“ wird am 9. Juli als Uraufführung aus der Taufe gehoben. Die letzten Julitage stehen ganz im Zeichen des 1. Gesangswettbewerbes „Die Meistersinger von Nürnberg“ (siehe gesonderten Artikel). Anfang August wird dann mit „Stomp“ das „furioseste, originellste und witzigste Rhythmusspektakel der Erde“ aus der Ideenschmiede der beiden Kreativköpfe Luke Cresswell und Steve McNicholas präsentiert.
Eine Reihe von interessanten Gastspielen sind im Juni noch im Theater der Stadt Schweinfurt zu sehen. Das Landestheater Detmold führt am 3. und 5. Juni die anspruchsvolle Strauss-Oper „Elektra“ auf. Das Anhaltinische Theater Dessau präsentiert eine festliche Operngala mit Werken aus dem laufenden Programm (12.6.), und die Münchner Kammerspiele gastieren am 14./15. Juni mit dem Hit „Ekzem Homo“ der Well-Brüder und Gerhard Polts aus der Saison 2015. Antonin Dvoraks Oper „Rusalka“ wird am 21./22. Juni von der Tschechischen Oper Prag/Oper Liberec aufgeführt. Beendet wird die Saison am 25. Juni mit einem Konzert der Staatskapelle Halle.
Das Rosenthal-Theater Selb bietet im Juni noch Aufführungen des Kindermusicals „Käpt’n Blaubär“ (Cocomico Köln) und von Engelbert Humperdincks Oper „Hänsel und Gretel“ (Theater Hof) an, bevor es sich mit Helmut Schleichs Kabarettprogramm „Ehrlich“ in die „Wochen des Weißen Goldes“ und damit in die Sommerpause verabschiedet.
Das Mainfranken Theater Würzburg bittet am 25. Juni zur Premiere von Wolfgang Amadeus Mozarts „Idomeneo“, der im Rahmen des Würzburger Mozartfestes als Neuinszenierung gezeigt wird. Demselben Festival verdankt das Theater einen Galaauftritt von Waltraud Meier am 2. Juli. Das Mainfranken Theater beendet seine Saison mit einem Ballett-Schwerpunkt: Der Besuchermagnet „Schneewittchen – Breaking Out“ kehrt ab 26. Juli für insgesamt fünf Abende auf die Würzburger Bühne zurück.
Kurzer Blick nach Thüringen
Das Theater Erfurt steht noch bis Mitte Juni ganz im Zeichen der Neuinszenierung von Richard Wagners „Meistersinger von Nürnberg“, ehe es im August zu den Domstufen-Festspielen geht.
Am Nationaltheater Weimar wird ab 4. Juni in der Redoute Nick Whitbys „Sein oder Nichtsein“ nach dem Film von Ernst Lubitsch gegeben, eine Beziehungskomödie, die zugleich eine bitterkomische Geschichte ist.
Das Theater Meiningen bietet im Juni noch zwei Premieren an: zunächst am ab 9. Juni in den Kammerspielen „Jugend ohne Gott“ als Bühnenfassung von Ödön von Horvaths Roman. Am 24. Juni hat Emmerich Kálmáns Operetten-Evergreen „Gräfin Mariza“ Premiere, und ab 4. Juli geht es in die Sommerpause.
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Mainfranken Theater Würzburg, Foto © Manger
Markgrafentheater Erlangen, Foto © Jochen
QuastLandestheater Coburg, Großes Haus, Foto © Andrea Kremper