Durch die Moderne war die Welt entzaubert worden, wie der Soziologe Max Weber einst schrieb. Die Ausstellung SEQUENZEN zeigt Holger Schmidhubers Suche nach dieser verloren gegangenen Magie. Dafür arbeitet er mit generativen Gestaltungstools und setzt diverse KISysteme ein. Er überfordert die digitalen Prozesse dabei so sehr, dass sich Phänomene wie Halluzination, Amnesie und Bewusstlosigkeit Wege zu einer eigenen Wirkmächtigkeit bahnen. Final landet Schmidhuber wieder in der Malerei und überrascht so mit ganz neuen Mixturen.Aus der „Entzauberung der Welt“ wird eine faszinierende Verzauberung.
Die Ausstellung SEQUENZEN zeigt neben Schmidhubers Leinwand- und Papierarbeiten auch Werke aus der Serie "Carpets of the Forgotten". Die ausgestellten (Kunst-)Teppiche sind teils antik, die meisten zwischen 50-60 Jahre alt. Eine naheliegende Interpretationsmöglichkeit stützt sich auf einen gewissen Akt des Vandalismus. Sichtbares Action Painting, Übermalungsspritzer, transparente und einander überlagernde Rakelspuren, manchmal auch weniger leicht erkennbare Slogan-Zitate treten in einen scharfen Kontrast zur traditionsreichen Handwerkskunst. Das Verfahren erinnert an Marcel Duchamps ironisch behaftete Übermalung einer Postkarte mit Leonardo da Vincis Motiv der Mona Lisa. Die Transformation eines jahrhundertealten Produkts in ein Kunstprodukt der Jetzt-Zeit stößt bei Duchamp und Schmidhuber ein gewisses Chaos an. Als hätten diese zahlreichen Bedeutungsverknotungen Holger Schmidhuber nicht gereicht, entwickelt er seine Farbmischungen gezielt so, dass sie bei unterschiedlichen Lichtverhältnissen, besonders unter Schwarzlicht, abweichende Erscheinungen zur Folge haben. Bei Veränderung der Lichtverhältnisse tauchen im Teppichgewebe vergrabene, eingesickerte Botschaften auf.
Holger Schmidhuber (*1970) ist ein deutscher Multimediakünstler und seit 2010 Professor für zeitbasierte Medien an der Hochschule Mainz. Der Künstler arbeitet in Zyklen, die insbesondere von der intensiven und anhaltenden Beschäftigung mit dem Thema Erinnerung geprägt sind und in einer direkten Wechselbeziehung zueinander stehen.
Schmidhubers aktuellster Zyklus „Sequenced Inversions“ zeigt Sequenzen aus der Reihe „The Inversion of Memory“, in der Schmidhuber die orientalische Ornamentik der Serie „Carpets of the Forgotten“ graphisch aufgreift. In den neuen Arbeiten auf Leinen erweitert Schmidhuber die Idee des „Umkehrens“ der Erinnerung: Diese sogenannten Sequenzen zeigen eine starke Verwässerung der Ornamentik, wodurch ihr Ursprung noch difuser wird. Schmidhuber spielt mit dem psychologischen Aspekt des Verschwimmens von Erinnerungen.Die Vernissage findet am 24. November von 19:00 bis 22:00 Uhr statt. Die Ausstellung selbst wird bis zum 20.01.2024 gezeigt.