Scheiben wie diese sind oftmals ein Ritterschlag. Ausgefeilte Arrangements für ein großes opulentes Orchester hinter sich zu wissen, mag Herausforderung sein, doch ist dies auch eine der Königsdisziplinen für Popularmusiker. Es bedarf also besonderer Klasse, wer so einen musikalischen Höhepunkt meistern will. Und diese beweist die Ausnahmesängerin gerade auch und wieder mit ihrer Herangehensweise an diese große Produktion. Die Songauswahl – ambitioniert und selbstbewusst: Jobim, Gainsbourg, Nino Ferres, Léo Ferrés sowie Ehemann und Produzent Jim Tomlinson. Neben ihrem Standardrepertoire mit seinen Schwerpunkten Frankreich und Brasilien nimmt Stacey Kent hier vor allem Kompositionen ihres eigenen Klangkosmos auf und greift vielfach auf Tomlinson als Komponist zurück sowie auf Texte des in Nashville lebenden Cliff Goldmacher, des portugiesischen Poeten Antonio Ladeira und von Kazuo Ishiguro, den langjährigen Wegbegleiter der Sängerin, der gleichermaßen frisch gebackener Literaturnobelpreisträger ist. „Stacey first“ könnte als musikalisches Motto gegolten haben. Denn alles und alle stehen im Dienste der Sängerin. Selbst das große Orchester von knapp 60 Musikern bleibt dezent und hintergründig. Ein wenig Harfe, ein markanter Flügel, ein paar fliegende Streicherteppiche, bisweilen Holzbläser, sparsam Blech. Selten instrumentale Solisten - in der Regel wieder Tomlinson - dann mit exzellentem Saxophon. Ein herausragendes Album - Stacey Kent mit Orchester, nicht umgekehrt, wie das bei solchen Großprojekten bisweilen der Fall ist - zuletzt und aktuell bei Seal. Ganz im Gegenteil - das Album glänzt mit Intimität und Authentizität, die der Protagonistin geschuldet sind, als wäre es ein opulent orchestriertes Unplugged-Konzert der ausgezeichneten Weltklasse-Künstlerin.