Die Tradition des Kasperltheaters hat in Bamberg eine gleichermaßen frühe wie nachhaltige Ausprägung und befand sich inmitten des hiesigen Kulturschaffens stets in bester Gesellschaft. Das Bamberger Kasperltheater darf sich getrost als ein frühes Spielfeld heute etablierter Bamberger Künstler ebenso rühmen wie als Wegbereiter der eigenen Zunft. Die Herrnlebens schufen eine ausgesprochen intakte Puppenbühne, die für viele Vorbild, für einige Schule war und ist.
Das Generationen übergreifende Familienunternehmen Herrnleben und sein Puppenspiel sind nicht nur frühe Auswüchse des Nachkriegstheaters und gehören damit zu den ältesten Bühnen ihrer Art, sie sind gleichfalls ein kulturelles Urgestein der Bamberger Kulturlandschaft. Pünktlich zum Kriegsende 1945 gründeten Hans und Ottilie Herrnleben die Bühne, die 1948 zur Handpuppenbühne wurde und schlüpften in bewährte Rollen in selbstverfassten Stücken und modifizierten Grimm-Märchen (Der Similiberg, Tischlein deck Dich, Das Flaschenteufelchen, Die Hexenmühle, Der Hasenpeter, Kasperl in Ägypten, Prof. Siebengescheit u.a.). Das Bamberger Kasperl war geboren und fand sich inmitten der Theater- und Kleinkunstszene der Stadt, als hoch geschätzte und zahlreich gebuchte Darbietung. Als Wiege so manch künstlerischen Engagements. Als Moralapostel und gleichzeitig bester Freund der Bamberger Kinder und einiger Erwachsener.
Die Anbindung an die Städtische Volkshochschule 1952 bis 2010 tat ihr Übriges und erweiterte den Wirkungskreis um die Ausbildung von Puppenspielern im Kurs Handpuppenspiel. Das Bamberger Kasperl war höchst gesellschaftsfähig und wurde zum Nukleus einer kleinen Puppenspielbewegung, die bis heute große und kleine Bamberger begeistert. Der Generationenwechsel in den Siebzigern dann brachte neue Pfade für Bambergs bekanntesten Holzkopf. Kooperationen mit Film und Rundfunk sowie Gastspiele weit über Franken hinaus machten das Bamberger Kasperl früh zum Kulturbotschafter der heutigen Weltkulturerbestadt, der medial am Puls der Zeit lag und 1989 dann seine erste Hörspielkassette herausbrachte. So lief die Zusammenarbeit mit Medien (z.B. Antenne Bayern, Bayerischer Rundfunk), aber auch mit Krankenkassen (Präventionstheater unter anderem für die AOK) oder Messeveranstaltern (Spielwarenmesse Nürnberg) über die Jahrzehnte weiter.
Florian Herrnleben führt dieses Erbe seiner Urgroßeltern und Eltern nun seit 2005 nicht nur in bester Tradition fort, mit seinen weit reichenden Kontakten initiierte er beeindruckende Aktionen mit großer sozialer Verantwortung. Darüber hinaus hält er der Bamberger Politik und Gesellschaft als Kabarettist seit Jahren mit hohem Einsatz den Spiegel vor. Zunächst mit Herrnlebens Figurenkabarett, gegründet 2008, später in seinen Solo-Kabarettprogrammen.
Sein Engagement und seine kritischen Anmerkungen sind genährt von Liebe und Sorge um die Heimatstadt des Bamberger Kasperls und der Herrnlebens. Dabei treffen inzwischen Welten aufeinander. Denn beim Kasperltheater sind die Charaktere und ihre Rollen klar, gibt es Stereotypen für Gut und Böse, für gewitzt, gerissen und verschlagen sein. Mit und ohne Helm und Humor. Der Alltag in Bamberg sieht heute ganz anders aus. Denn die Protagonisten der Stadt, so lehrt uns der Kabarettist Florian Herrnleben, sind zwar auch oft Typen, bisweilen mit klaren Charakterzügen und die auch gerne mal einseitig, aber das Publikum habe den Umgang mit ihnen verlernt. Mit zahlreichen Masken spielen die Figuren mit der Stadt und die Zwischenrufe werden gerne überhört oder auch ignoriert. Da tut die Klarheit eines Kasperltheaters und seiner Seitenprojekte wahrlich gut, die versucht Zustände und Missstände in der Heimatstadt zu sortieren und das Publikum auf Zuruf einlädt, solche zu bewerten und gemeinsam zu korrigieren, wie es der guten alten Tradition des Bamberger Kasperltheaters entspricht. Auf dass dieses Spiel weiterhin viele Jahre lang, mit seinem Publikum vereint, der Stadt Bestes sucht und damit so gewinnbringend zum Wohle ihrer kleinen und großen Kinder beiträgt.