Es gibt in Mittefranken eine hausgemachte Rivalität, nämlich die zwischen Nürnberg und der „kleinen Schwester“ Fürth. Eine Formulierung, die den Finger in die Wunde des Fürther legt, aber, lieber Kleeblattstädter: ruhig bleiben! Es folgen lobpreisende Worte.
Zunächst ist jedoch kurz zu klären, woher diese Rivalität rührt. Dazu muss kurz in die Geschichte beider Städte eingetaucht werden. Ohnehin schon immer sehr nah beieinanderliegend, breiteten sich die beiden Städte im Laufe der Jahrhunderte großzügig aus, vor allem Nürnberg trat immer näher an die Fürther Stadtgrenze heran. Der Urlauber ist zuweilen sowieso irritiert, dass es sich hier um zwei Städte handeln soll, aber der hat eben auch keine Ahnung. Fürth ist so stolz auf seine Eigenständigkeit, das heuer ganzjährig 200 Jahre Eigenständigkeit gefeiert werden – wir berichteten bereits. Diese Eigenständigkeit war nach dem Ersten Weltkrieg auf einen Schlag bedroht, wollte man doch beide Städte zusammenlegen bzw. noch schlimmer: Fürth nach Nürnberg eingemeinden, um wirtschaftliche Probleme besser lösen zu können. Ein Mann – Pfarrer Paul Fronmüller – initiierte eine Volksabstimmung und wurde 1922 von den Fürthern sozusagen heiliggesprochen, denn mehr als die Hälfte der Fürther Bürger sprach sich gegen eine Eingemeindung aus.
Und dann wäre da ja noch die Sache mit dem Fußball, aber das soll hier kein Thema sein. Rivalität hin oder her, inzwischen haben Nürnberg und Fürth allen Frotzeleien zum Trotz doch scheinbar einen Weg gefunden, miteinander auszukommen. Auch kulturell ergänzt man sich. So dürfen die Fürther ein fabelhaftes Stadttheater ihr Eigen nennen, in das auch die Nürnberger gerne gehen. Allein die Architektur der aus Wien stammenden Theaterarchitekten Fellner und Helmer ist wunderschön anzusehen und fügt sich wunderbar ins historistische Bild der Stadt – dieses Bild allein ist übrigens einen Besuch wert. Aber zurück zum Theater – auch im Innern wird geglänzt: mit Schauspiel, Musik- und Tanztheater sowie Kinder- und Jugendtheater. Gezeigt werden Eigenproduktionen, Coproduktionen und Gastspiele. Zum Zeichen von Qualität und Innovation war das Fürther Stadttheater in diesem Jahr bereits zum zweiten Mal Austragungsort der Bayerischen Theatertage.
Neben dem Stadttheater darf auch die Comödie Fürth und das Kulturform erwähnt werden, die hervorragende Arbeit leisten und fest etablierte Institutionen sind, wenn es ums Thema Kultur in der Kleeblattstadt geht. Als Partnerschaftstheater des Hamburger Ohnsorgtheaters treten in der Comödie Fürth zahlreiche bekannte Kabarettisten und Comedians auf. In der Bar und im Sommergarten kann man auch nach den Shows herrlich verweilen.
Seit 2004 befindet sich direkt an der Rednitz im ehemaligen Fürther Schlachthof das Kulturforum, das als kulturelles Zentrum von der Stadt bespielt wird. Das Programm umfasst ein breites Spektrum, angefangen bei Konzerten jeder Art, Kindertheater-Gastspielen und auch Eigenproduktionen bis hin zu spartenübergreifenden Theater- und Kunstproduktionen in Eigenregie oder als Coproduktionen. Darüber hinaus werden im Kulturforum Festivals wie das Klezmer- oder das Figurentheaterfestival sowie LESEN! ausgetragen. Auch das Stadttheater greift gelegentlich auf die Räumlichkeiten des Forums zurück, versprüht die Säulenarchitektur der großen Halle doch einen ganz besonderen Charme. Besonders toll: Auch ein unabhängiges, seit den 1980er-Jahren von Ehrenamtlichen betriebenes Programmkino Uferpalast, das nur ganz besondere Filmperlen, d.h. künstlerisch, filmhistorisch oder gesellschaftlich relevant, zeigt, befindet sich in den heiligen Hallen des Kulturforums Fürth. Filmkunst wird hier großgeschrieben, Blockbuster haben keine Chance – eine cineastische Institution!
Der Anlaufpunkt für (vor allem) zeitgenössische Kunst ist die kunst galerie fürth am Königsplatz, eine 2002 eröffnete kommunale Kunsthalle, die eine der kleinesten, wenn nicht die kleinste kommunale Galerie Deutschlands ist. Müßig zu erwähnen, dass Qualität und Quantität zwei unterschiedliche Paar Schuhe sind. Bereits wenige Jahre nach Eröffnung drohte der kleinen Institution wegen eines drastischen städtischen Sparplans die Schließung. Galeriechef Hans-Peter Miksch konnte eine solche jedoch mit Hilfe großzügiger Spenden aus dem Förderverein abwenden. Sechs bis acht Ausstellung können jährlich begutachtet werden. Die kunst galerie fürth hat sich inzwischen auch weit über die Stadtgrenzen einen Namen gemacht. Anlässlich des 200-jährigen Jubiläums der Eigenständigkeit der Stadt Fürth wurde das Jahresprogramm der kunst galerie fürth unter die Themen Architektur, Stadt und Urbanität gestellt. Auch die nächste, vom 16.9.-28.10. anberaumte Gruppenausstellung „Zona Deformabile – Von öffentlichen und privaten Räumen“ der Gastkuratorin Natalie de Ligt greift diese Thematik auf.
Weitere sehenswerte Museen in Fürth sind das Jüdische Museum, das Fürther Stadtmuseum, das Rundfunkmuseum und das jüngst, am 20. Juni, eröffnete Ludwig-Erhard-Zentrum, das sich in dessen Geburtshaus und einem gegenüberliegenden Neubau befindet und sich der Forschung und Dokumentation um den ehemaligen Wirtschaftsminister, Kanzler und als Vater der Sozialen Marktwirtschaft gefeierten Fürther widmet.
Abschließend ist zu konstatieren: Fürth steht Nürnberg – zumindest in Sachen Kultur – in nichts nach. Alles andere wird hier nicht verhandelt. Sport ist eh Mord, ob nun in Nürnberg oder Fürth. Aber wer braucht schon Sport, wenn die Kultur lockt.
Fotocredits:
Außenansicht der Kunstgalerie Fürth, Foto © Kunstgalerie Fürth
Ansicht des Kulturforums Fürth in der Würzburger Straße, Foto © Aarp65, Wikimedia
Neubau des Ludwig Erhard Zentrums in Fürth, Foto © Stiftung Ludwig-Erhard-Haus