Kaum 40 km von der Kulturmetropole Frankfurt am Main entfernt, strotzt ein Städtchen stolz und fein nur so von Grünflächen, Schönheiten sowie Lebendigkeit und trägt vielfältig die Zeugnisse seiner Geschichte zur Schau. Aschaffenburg – die Kulturstadt. Mediterran anmutende Natur und facettenreiche Kultur im nördlichsten Teil Unterfrankens, in Bayerns angeblich mildester Klimazone.
Bereits Ludwig I. wählte die Stadt zur Sommerresidenz und schwärmte vom bayerischen „Nizza“. Mit dem Pompejanum, einer Nachbildung des Hauses von Castor und Pollux im untergegangenen Pompeji, fügte er Aschaffenburg eine weitere mediterrane Note hinzu. Die heutige Mittelstadt ist reich an architektonischen Meilensteinen, Kirchen, Schlössern und Parks, museal breit aufgestellt und mit jede Menge Leben in altehrwürdiger Kulisse gefüllt.
In Aschaffenburg und um Aschaffenburg herum: der Main, der mondän und schlangenartig durch die Innenstadt mäandert. An seinen Ufern Aschaffenburgs grüner Gürtel, aus dessen Gipfeln das Renaissanceschloss Johannisburg ragt, das sich mit seinem Rotsandstein kontrastreich in Szene setzt und das Pompejanum glänzt, in dessen Nähe der stadteigene Weinberg gehegt und gepflegt wird. Die Hochufer-Landschaft ist einzigartig und beschert den Besuchenden weite Blicke über Berg, Tal, Stadt, Land und Fluss.
Ein groß angelegtes städtebauliches Projekt will in den kommenden Jahren das Schlossufer, diese wertvolle grüne Tangente der Stadt, noch stärker in den Vordergrund rücken und mit barrierefreien Zugängen, insbesondere einem Aufzug in die Oberstadt, aufwendig erschließen. Neben der Aufwertung der Grünflächen mit zentraler Platzfläche und neuem Wegenetz, werden auch zwei Bühnenstandorte neu entstehen. Ein kongenialer Akt der Stadtentwicklung, der der grünen Seele Aschaffenburgs zu noch mehr Glanz verhelfen wird.
Kulturstadt Aschaffenburg. So das selbstbewusste Selbstverständnis, nicht ohne Grund. Während viele Städte ihren Kulturstadtstatus kommunikativ längst weit hinter Wirtschaft, Bürger und Co. verstecken oder auch einmal gänzlich aus ihrem Vokabular streichen, lässt Aschaffenburg keinen Zweifel daran. Kulturstadt ist dominierendes Attribut sämtlicher kommunikativer Maßnahmen. Die Kultur selbst Chefsache. Mit zwei starken öffentlichen Säulen, dem städtischen Kulturamt und den städtischen Museen, sind die größten Aktivposten der Aschaffenburger Kultur schnell ausfindig gemacht und benannt.
Zum Kulturamt gehörig, das 1811 gegründete Aschaffenburger Stadttheater, gestaltet ganzjährig ein facettenreiches Programm ohne festes Ensemble oder eigene Werkstätten. Sein beeindruckendes, historisch klassizistisches Antlitz trägt es heute, nach Ausflügen in den Jugendstil und die Bauhaus-Ära, wieder. Neben Sprechtheater finden auch Tanztheater und in der Rubrik Grenzgänge Kabarett und Musik statt, immer wieder auch in Zusammenarbeit mit der Kabarettbühne Hofgarten oder dem Colos-Saal, einem der dienstältesten Clubs der Region und Garant für gehaltvolle Livemusik. Dazu Kammermusik und Musiktheater. Und regelmäßig auch Theater für Kinder und Jugendliche.
Ein Haus für alle Sparten und Altersklassen. Während Orchesterkonzerte vorwiegend in der Stadthalle stattfinden oder auch einmal im Ridinger Saal des Schlosses. Die Grenzen sind durchlässig. Wie externe Veranstalter und Ensembles im Theater zu Gast sind, ist das Theater in gesonderten Formaten, beispielsweise auch im Festsaal Park Schönbusch mit seinen beliebten Schönbusch-Serenaden, zu Gast. Kooperationen mit überregionalen Häusern und Engagements internationaler Ensembles sind dem Kulturamt ebenso wichtig, wie die Unterstützung der kulturellen Aktivposten vor Ort.
Thematische Schwerpunkte mit Festivalcharakter sind neben der Brentano-Akademie die Aschaffenburger Gitarrentage im März und das Carillon & Percussion-Festival im Juni. Oder auch die Aschaffenburger Bachtage der Bachgesellschaft Aschaffenburg e.V. im Juli. Eine lange Tradition haben die Aschaffenburger Kulturtage mit ihrem interkulturellen Schwerpunkt. Sie finden von 27. Juni bis 7. Juli statt und schließen die diesjährige Museumsnacht am 6. Juli ein. Während sich in den letzten Jahren noch recht jung sehr wandlungsfähige „Sommerbühnen“ an verschiedenen Orten der Stadt entwickelt haben.
Doch nicht nur Brentano findet in Aschaffenburg nachhaltige Würdigung. Vor allem auch Lucas Cranach d. Ä., Ernst Ludwig Kirchner und Christian Schad sind prominent vertreten. Letzterem richtete Aschaffenburg jüngst ein eigenes Museum ein. Seit 3. Juli 2022 präsentiert die unterfränkische Kulturstadt eine Gesamtschau mit Werken aller Schaffensphasen des Protagonisten der Neuen Sachlichkeit. Drei Etagen des einstigen Jesuitenkollegs sind ihm gewidmet – in einer Dauerausstellung, die gleich neben der Kunsthalle Jesuitenkirche eingezogen ist. So entsteht für die Besuchenden glücklicherweise ein umfangreicher Gesamteindruck zu Schads Leben und Werk, inklusive der schwärzeren Kapitel eines Künstlers, der als Nazi-Mitläufer entlarvt gilt. Malerei, Graphik, Photographie, „Schadografie“. Weit über 3.000 Werke überlässt die Christian-Schad-Stiftung dem Museum für seine Präsentation. Die großen Meisterwerke allerdings finden sich nicht in Aschaffenburg, sondern belegen in großen Häusern in New York, Madrid, Berlin oder München Schads unbestritten prominente Rolle in der Kunstgeschichte, die dort dann aber nur rudimentär oder gar nicht vermittelt wird.
Direkt angeschlossen befindet sich die Kunsthalle Jesuitenkirche, die seit nunmehr 1990 für ausgewählte Sonderausstellungen zur Kunst der Klassischen Moderne und der Gegenwart genutzt wird. Sie zeigt aktuell noch bis 18. August Deutschlands berühmtestes Karikaturisten-Duo: Greser & Lenz. Ihre liebenswürdig-bissige Kunst ist unverwechselbar und zierte jahrzehntelang die Seiten der großen Zeitungen und Magazine wie F.A.Z., Titanic oder Stern.
Das vereinsgetragene Kirchner-Haus dokumentiert Kirchners Kindheit in den Originalräumen im ersten Obergeschoss und ergänzt das museale Angebot im Erdgeschoss um Ausstellungen und Veranstaltungen. Noch bis zum 21. Juli ist die Sonderausstellung „Das Kirchner Museum Davos zu Gast im Geburtshaus des Künstlers“ zu sehen. Unter den Leihgaben finden sich zahlreiche selten gezeigte Werke Kirchners. Sie decken alle Phasen seines Schaffens ab: die Zeit der Künstlergruppe „Brücke“ in Dresden genauso wie die darauffolgenden Berliner Jahre.
Die eigenwillige Sammlung des Aschaffenburger Pumpen-Fabrikanten Anton Gentil ist ausschließlich qua Führung durch das originelle „Sammlerhaus“ möglich, dessen eigenwilliger Stil aus der Tradition der Künstlerhäuser und der Arts and Crafts Bewegung zu verstehen ist.
Anlässlich seines 40-jährigen Jubiläums öffnete das Museum jüdischer Geschichte und Kultur im April wieder seine Türen. Historische Exponate illustrieren hier das wechselvolle Leben der jüdischen Gemeinde in Aschaffenburg. Originale Kultgegenstände geben einen Einblick in die jüdische Glaubenswelt. Eine Besonderheit ist die Sammlung der Torawimpel der Aschaffenburger Gemeinde. Die Dauerausstellung spannt den Bogen von der Erwähnung der ersten jüdischen Synagoge im Jahr 1267 bis zur Zeit der Verfolgung im Nationalsozialismus. Eine neue Augmented-Reality-Anwendung ermöglicht den Besuchenden, das Innere der zerstörten Synagoge wieder zu erleben.
Das ehemalige Stadtpalais der Grafen von Schönborn beherbergt seit 1970 die naturkundlichen Sammlungen. Präsentiert werden die heimische Flora und Fauna, manche exotische Tiere und Pflanzen sind zu entdecken. Die geologischen und mineralogischen Abteilungen führen in die Topographie und Erdgeschichte des Spessartgebietes ein.
Im Schloss- und Stiftsmuseum finden sich, neben Gemälden und Holzschnitten von Lucas Cranach d. Ä. und seiner Werkstatt, Werke von Hans Baldung Grien und Mathias Gothart-Nithart, kostbare Goldschmiedearbeiten, das Bronzegrabmal Albrechts aus der Vischer-Werkstatt, prachtvolle Handschriften und Frühdrucke, Schriften Martin Luthers und wertvolle Buchminiaturen. Cranachs Magdalenenaltar, der größte der Hallenser Altäre, beeindruckt durch sein exzeptionelles Bildprogramm, bezeugt aber auch die Ambivalenz der Reformationsjahre. Albrecht Graf von Brandenburg kam nach der Einführung der Reformation in Halle (Saale) von dort nach Aschaffenburg und schlug zeitweise seine Residenz auf. Er war der wichtigste Auftraggeber der Cranach-Werkstatt und brachte viele bedeutende Kunstwerke (u.a. die Tafel der heiligen Ursula) nach Aschaffenburg. Im Stiftsmuseum belegt die archäologische Sammlung die Besiedelung des Maintals seit der ältesten Steinzeit. Sie zeigt Funde des römischen Grenzkastells Stockstadt. Der Stiftsschatz St. Peter und Alexander präsentiert die mittelalterliche Schatzkammer mit Objekten aus Silber, Bergkristall und Gold sowie kostbaren Buchmalereien. Die Bestände fassen zudem mittelalterliche Kunst, darunter Skulpturen fränkischer Meister und zahlreiche Tafelmalereien (13. Bis 15. Jhdt.). Das Altarflügel-Fragment mit der Geburt Christi, ein Relief aus zwei Teilen von Tilman Riemenschneider (um 1510), ist ebenso zu sehen wie Renaissancekunst, liturgische Geräte, Glocken und Volkskunst (13. bis 19. Jhdt.). Last but not least ist die Folterkammer begehbar, wenngleich nicht allzu spektakulär.
Im Inneren des Schlosses zeigt die Staatsgalerie altdeutsche Meister mit Schwerpunkt auf Lucas Cranach d. Ä. und seiner Schule, Genrebilder sowie niederländische, flämische und deutsche Landschaftsmalerei.
Positionen der internationalen Gegenwartskunst, kuratiert vom Neuen Kunstverein Aschaffenburg e.V., ausgestellt im Gebäude des KunstLANDings, ergänzen die Präsentation zeitgenössischer Kunst.
Mehr Informationen zum kulturellen Geschehen in Aschaffenburg finden Sie unter folgender Linksammlung:
www.stadttheater-aschaffenburg.de, www.kuturamt-aschaffenburg.de, www.bachtage.eu, www.hofgarten-kabarett.de, www.colos-saal.de
Weitere Informationen zu den Museen und Ausstellungen gibt es hier:
www.kirchnerhaus.com, www.kunstlanding.de, www.museen-aschaffenburg.de