Die Geschichte der Fotografie hat viele Anfänge. Einer von ihnen liegt in Italien – genauer am Comer See. Dort begann nicht nur eine der klassischen Routen der Grand Tour, sondern auch die Fotografie auf Papier: William Henry Fox Talbot kam die Idee zu seiner Erfindung des Negativ-Positiv-Verfahrens, mit der er die Fotografie revolutionierte.
War man zu damaliger Zeit unterwegs, so war die Mobilität das eine, die imaginäre Dauer das andere. Zurück in der Heimat sollte neben den flüchtigen Erinnerungen auch etwas Dauerhaftes im Reisegepäck sein: Bilder. Italien war schon für Talbot und später auch für viele hunderttausende Reisende aus aller Welt das beliebteste Reiseland des 19. Jahrhunderts überhaupt. Begüterte Reisende im 19. Jahrhundert brachten nicht selten aufwendige Alben mit Originalfotografien mit nach Hause, die die wichtigsten Etappen ihrer „Grand Tour“ – eines Bildungsparcours, der darauf zielte, die Geschichte von der Antike bis in die Gegenwart Revue passieren zu lassen – versammelten.
So wie Dramen einem bestimmten Schema folgen, gilt das auch für Reisen: Auf der Bühne des kulturbeflissenen Besuchers Italiens erscheinen die wichtigsten Etappen der Kulturgeschichte in einer geordneten Folge. Am Ende einer solchen Reise blieben viele Erinnerungen und vielleicht sogar Notizen und Erwerbungen, aber höchst selten eine Fotografie, die man selbst angefertigt hätte. Die Reisefotografie im Italien des 19. Jahrhunderts zeigt (und dies nicht nur dort) eine touristisch aufbereitete, systematisch erfasste und geordnete Welt.
Die aktuelle Ausstellung „Venedig, Florenz, Neapel 1877. Eine Reise nach Italien“ in der Kunstsammlung Jena zeigt rund 150 Fotografien aus dem Sehnsuchtsland Italien und ist noch bis 14.4.2019 zu sehen.. Ihre Autoren sind einige der bekanntesten damals in Italien tätigen Fotografen, die hier gleichsam ihre Stadt porträtieren: Carlo Naya (Venedig), die Gebrüder Alinari (Florenz) und Giorgio Sommer (Neapel mit Umgebung). Die Bilder der Ausstellung werden kommentiert und durch Dokumente und Texte aus der Zeit um 1876/77 ergänzt. Auf diese Weise kann man mit dem Blick des Fotografen durch ein Italien des 19. Jahrhunderts reisen.
Fotocredits:
unbekannt, Venedig-Touristen auf dem Markusplatz, um 1900, Foto © Peter König
Wilhelm von Gloeden, Taormina, Im griechischen Theater, Oktober 1898, Salzpapierabzug