Vier Stockwerke voller Musik
Die städtische Musikschule Bamberg bezieht ihr neues Zuhause
veröffentlicht am 30.09.2014 | Lesezeit: ca. 6 Min.
Alles neu macht in diesem Fall der September. Die Städtische Musikschule Bamberg zieht in ihre neuen Räumlichkeiten, die ehemalige Probstei St. Getreu. Wir haben uns verabredet mit Martin Erzfeld, dem Leiter der städtischen Musikschule Bamberg und seiner Stellvertreterin, Karin Görz, um uns zum einen vom Fortgang der Arbeiten und zum anderen von den erweiterten Möglichkeiten am neuen Standort ein Bild zu machen. Überall sieht man Handwerker, es wird gehämmert, gebohrt, geschraubt und geschliffen, dazwischen vereinzelt Menschen die Pakete, Stühle und Musikinstrumente durch die Gänge tragen. Schwer vorstellbar dass hier nächste Woche der erste Unterricht stattfinden soll. Und trotzdem treffen wir auf ein relativ entspanntes Führungsteam.
Herr Erzfeld, wie kam es dazu dass die Musikschule ausgerechnet hier eine neue Heimat gefunden hat?
Ich bin seit 21 Jahren Schulleiter der Musikschule und ich habe schon sehr früh, bereits Mitte der 1990er Jahre darauf hingewiesen, dass die Standortfrage angegangen werden muss. Es gab in all den Jahren verschiedene Versuche adäquate Lösungen zu finden (u. a. waren hier das Schloß Geyerswörth oder die ehemalige Fachoberschule am Vorderen Bach im Gespräch), aber geklappt hatte bislang nichts. Und wie es eben so ist, manchmal hilft einem auch ein wenig der Zufall weiter. Anläßlich einer Geburtstagsfeier erzählte ich von der Raumnot in der Gangolfschule, die durch die Umwidmung in eine Ganztagesschule (2007) entstanden war. Bei dieser Feier war auch der städtische Finanzreferent anwesend, der wiederum als Stiftungsverwalter eine neue Nutzung für die ehemalige Probstei St. Getreu suchte. Man kam ins Gespräch, besichtigte die Räumlichkeiten, befand diese für geeignet und schon konnte es eigentlich losgehen. Ende 2011 beschloß der Stadtrat die ehemalige Probstei von der St. Getreu Stiftung anzumieten, wobei vorher eine komplette Renovierung des Gebäudes erforderlich wurde. Die Kosten hierfür übernahm die Stiftung und konnte für das Vorhaben auch erhebliche Fördermittel des Bundes einsetzen.
Verfügt die Musikschule nun über mehr Platz als am alten Standort?
Ob wir mehr Fläche haben kann ich Ihnen so gar nicht sagen, weil wir in der Gangolfschule nachmittags ja Schulsäle mitgenutzt haben. Hier in den neuen Räumlichkeiten verfügen wir über 1400 m², die sich auf 20 Räume, die ausschließlich musikalischen Zwecken dienen (2 davon sind größere Säle) und zusätzliche Zimmer für die Verwaltung und natürlich Sanitärbereiche verteilen.
Bis jetzt war die Musikschule mehr oder weniger im Zentrum von Bamberg verortet. Macht Ihnen der neue Standort hinsichtlich der leichten Erreichbarkeit Sorgen?
Ehrlich gesagt, am Anfang schon ein wenig. Aber ich habe sehr schnell gemerkt, dass sowohl das Haus als auch die Atmosphäre die in ihm herrscht, eine unheimliche Anziehungskraft entwickeln, so dass sich die Frage, wie man denn zur Musikschule kommt, vermutlich gar nicht stellen wird. Weil man ganz einfach hierher kommen will. Außerdem bieten wir den Schülern, unabhängig von ihrem sozialen Status, kostenlose Bustickets an, um ihnen das „Kommen“ so einfach wie möglich zu machen.
Wird sich aufgrund der neuen Räumlichkeiten und der damit verbundenen Möglichkeiten auch das pädagogische Konzept ändern oder anpassen?
Nein, eigentlich nicht. Es wird zwar mehr Möglichkeiten geben, weil unter anderem mehr Lehrer gleichzeitig unter diesem Dach arbeiten können. Vorher war dies doch eher eingeschränkt. Aber das erfordert keine Änderung unseres Konzeptes.
Wird es zukünftig mehr Schüler an der Musikschule geben oder mehr Unterricht für die Schüler?
Derzeit haben wir ungefähr 1.300 Schüler an unserer Institution und ich rechne vorerst nicht damit, dass sich diese Zahl signifikant verändern wird, weder nach unten noch nach oben. Da auch die Anzahl der Lehrer unverändert bleiben wird, wird es auch nicht mehr Unterricht für die Schüler geben.
Wie lange bleiben denn die Schüler in der Regel bei Ihnen in der Musikschule?
Man kann mit 4 Jahren bei uns in der Musikschule mit der musikalischen Früherziehung anfangen, die meisten bleiben dann so bis zum 16. bzw. 18. Lebensjahr bei uns, je nachdem auf welche Schule sie gehen und welchen Schulabschluß sie anstreben.
Sie führen ja jetzt eine Eltern-Kind-Gruppe ein. Tragen Sie da besonderen gesellschaftlichen Entwicklungen Rechnung?
Nein. Im Prinzip geht es darum, dass Eltern gemeinsam mit ihren Kindern Musik erleben sollen bzw. können, natürlich vor dem Hintergrund, dass diese Kinder später dann weiterhin die Musikschule besuchen werden. Aber um der Vollständigkeit die Ehre zu geben, wir erweitern unser Spektrum auch auf der anderen Seite und haben ein spezielles Angebot für Menschen ab 60 entwickelt. Und natürlich gelten unsere Angebote auch für die Menschen, die über keine musikalischen Vorkenntnisse verfügen.
Werden Sie zukünftig auch das Aussengelände im Rahmen Ihrer Konzertplanungen stärker mit einbeziehen? Vorher gab es diese Möglichkeit ja nicht.
Der neue Saal, der 80 Zuhörer fasst, bietet uns schon mal ganz andere Möglichkeiten. Da sind wir schon in den Planungen für eine Konzertreihe. Und natürlich wollen wir auch im Sommer Konzerte auf dem Vorplatz veranstalten, ebenso wie ein Sommerfest.
Das neue Haus, die großen Investitionen, die vielen neuen Möglichkeiten… Sind Sie nun noch mehr dem Erfolg verpflichtet, fühlen Sie eine stärker gewordene Verantwortung?
Zum einen gibt es hier schon einmal eine große Verantwortung für dieses 300 Jahre alte, phantastische Gebäudeensemble, die ist schon spürbar. Und was den Erfolg angeht, wir arbeiten hier mit einem sehr gut qualifizierten und motivierten Team, so dass sich die Verantwortung auf viele Schultern verteilt.
Wann ist die offizielle Eröffnung?
Es gibt drei offizielle Veranstaltungen. Den Anfang macht der symbolische Umzug am 26. September (14.00 Uhr), bei dem ca. 350 Schüler und Lehrer gleichermaßen vom alten Standort durch die Stadt bis zum neuen Standort gehen werden. Abends um 17.00 Uhr gibt es dann die offizielle Eröffnungsveranstaltung und am Samstag, dem 27. September bildet ein „Tag der offenen Tür“ den Abschluß.
Copyright Fotos: 2mcon, Bamberg