Ab dem 1. April legt sich das Kunstpalais Erlangen mächtig ins Zeug und zeigt in zwei parallelen Ausstellungen die Video-Künstlerin Rachel Maclean und den jungen Fotografen Simon Lehner.
Simon Lehners Werke kreisen um die Themen Erinnerung, autobiografische Konstruktion und mentale Gesundheit. Im Kunstpalais zeigt er in seiner ersten institutionellen Einzelausstellung in Deutschland experimentelle Fotografien, Skulpturen und Bildobjekte, die das Medium Fotografie konzeptuell zerlegen. Besonders nachhaltig beschäftigt Lehner das Bildmaterial aus einem ganz persönlichen Archiv: die Fotoalben und Videokassetten, in denen sein eigenes Familienleben aus Kindheitstagen dokumentiert ist. Zunehmende Bedeutung für sein Werk erhalten jedoch auch Medieninhalte, die das Bildgedächtnis der gesamten Gesellschaft und insbesondere seiner Generation prägen. Lehner nimmt dieses teils nostalgisch aufgeladene Material künstlerisch auseinander und dekonstruiert dabei nicht nur das fotografische Bild und dessen Anspruch, die Realität abzubilden. Er stellt Erzählungen über das Ich auf den Prüfstand und durchleuchtet für die Kamera zur Schau gestellten Rollen und Inszenierungen radikal.
In seiner ersten institutionellen Einzelausstellung in Deutschland stellt Lehner mit neuen Werken die Verknüpfung zwischen massenmedialer Bilderflut und psychischem Innenleben her. Inhalte eines kollektiven digitalen Unbewussten drängen an die Bildoberfläche und konkurrieren aufdringlich um Aufmerksamkeit. Die Fragmentierung des Selbstbildes zieht sich wie ein roter Faden durch Lehners Werk, ebenso wie die Tendenz, jeglichem abgeschlossenen Bildgebungsprozess den Boden unter den Füßen wegzuziehen. Seine Arbeiten suggerieren eine kontinuierliche Bewegung vom fotografischen Relikt über 3D-Videoarbeiten und virtuelle Simulationen hin zur kinetischen Skulptur – und umgekehrt. Die Grenze zwischen medialer Außenwelt und innerer Aufführung werden fließend, wobei seine kritischen Fragen nach ursprünglicher Gewissheit den Künstler nie ganz loslassen.
Am Freitag, den 31. März wiederum eröffnet die Ausstellung „If it looks like a duck...“ bestehend aus Werken der multimedial arbeitenden Künstlerin Rachel Maclean. Diese bestechen durch aufwendig produzierte Virtual Reality, extravagante Kostüme und grelle Fantasiewelten. Mit DUCK präsentiert Maclean nun im Kunstpalais ihre neueste Videoarbeit – einen Deepfake Spionagethriller mit Starbesetzung.
Die erzählerischen Filme und Gemälde von Rachel Maclean sind
anziehend, komisch und hochgradig verunsichernd zugleich. An
popkulturelle Inhalte anlehnend hinterfragt sie in ihren Werken
kritisch gesellschaftliche Zusammenhänge, politische Systeme,
Konsumverhalten und Phänomene der digitalen Welt. So beleuchtete sie
in ihrem gefeierten Beitrag zur 57. Biennale Venedig die
Machtdynamiken unserer globalisierten Welt in Form eines
albtraumhaften Märchenfilms. In der Tate Britain wiederum inszenierte
sie dystopische Visionen in poppigen Pastelltönen. In dem in
Kooperation mit dem Kunstpalais entstandenen Film DUCK inszeniert
Maclean einen packenden Spionagethriller mit Sean Connery und Marilyn
Monroe in den Hauptrollen. Mithilfe von KI gestützten Effekten und
Deepfake-Technologien tauscht die Künstlerin, die in ihren Filmen alle
Rollen stets selbst spielt, ihre Stimme und Gestalt mit den
prominenten Akteuren. In dem Film DUCK finden sich dabei sowohl der
britische Spion als auch die Zuschauer:in in einer surrealen, sich
immer weiter aufgliedernden Realität wieder, in der die feste
Definition von Identität sowie die Vertrauenswürdigkeit von Geschichte
und Nachrichten infrage gestellt werden.
Zusammen mit
neuen Gemälden der Künstlerin wird die Videoarbeit in einer viele
Räume umfassenden, aufwendigen Installation gezeigt, die die
Besucher:innen in die Welt des britischen Geheimdienstes entführt und
gleichzeitig die Wahrnehmung der Realität auf den Kopf stellt. Zu
sehen ist die Ausstellung vom 1. April bis zum 2. Juli 2023.