Es wird nicht mehr länger ein Geheimnis bleiben, dass der Berliner Schauspieler Tom Schilling schon seit vielen Jahren Lieder komponiert und schreibt - schließlich geht der Erfolgsschauspieler mit seiner Band, den Jazz Kids, in den nächsten Wochen erstmals auf Tour. Die „Jazz Kids“ - ein Haufen musikalischer Überflieger, die vom Regisseur des Erfolgsfilms „Oh Boy“, Jan-Ole Gerster, für den Soundtrack zusammengewürfelt wurden - Der Clou: Weder spielen sie Jazz, noch sind sie Kids, sondern eher kompetente Musiker und ein multitalentierter Schauspieler, der klassische Moritaten und Lieder vom Abgrund, aber auch die Tradition des Deutschen Chanson wiederaufleben lässt. Auftritte waren bis dato rar, es gab einen, quasi geheimen Gig im Berliner DT im letzten Sommer, und eine Einladung der US Band Calexico, bei ihrem gefeierten Auftritt in der Columbiahalle im vergangenen November den Support Act zu geben. Eine erste Single namens „Julie“ b/w „René“ komplettiert das Machwerk. Art. 5|III nutzte die Gelegenheit, mit Schauspieler und Sänger Tom Schilling über seine neue Passion zu plaudern. Der gewährt durchaus überraschende Einblicke in sein Schaffen - und verrät die eine große Parallele, die er als Sänger und Schauspieler auf sich vereint.
ART. 5|III: Tom Schilling, schön, dass Sie sich während der Dreharbeiten zu einem neuen Film für ein Interview mit uns Zeit nehmen.
Tom Schilling (schmunzelt): Sehr gerne doch. Um ehrlich zu sein, kam die Anfrage für mich sogar etwas überraschend. Schließlich haben wir ja noch nicht einmal eine Scheibe draußen. Das im Herbst ist ja eine Minitour, um uns einzuspielen. Im Spätherbst wird dann unser Debütalbum aufgenommen. Umso schöner, dass sich schon jemand dafür interessiert, dass wir unter anderem in Erlangen im E-Werk auftreten.
ART. 5|III: Dann erzählen Sie doch mal, wie es dazu kam, dass Sie unter die Sänger gegangen sind. Es gibt ja nun doch schon den ein oder anderen Schauspieler, der als Sänger unterwegs ist....
Tom Schilling: Das stimmt wohl. Ich kenne die Jungs, mit denen ich spiele ja schon lange. Der Pianist und der Schlagzeuger haben bei „Oh Boy“ den Jazzcore geschrieben. Das sind alles Jungs aus der Hochschule der Künste. Jazzstudenten. Die Sachen habe aber alle ich geschrieben, die Texte und die Kompositionen sind auf meinem Mist gewachsen. Ich habe eine Vorliebe für Singer-Songwriter und Storytelling. So ein bisschen bluesig. Das wurde immer besser und jetzt klingt es, wie ich es gerne habe. Am Ende werden es 15 Songs werden, die wir spielen. So eineinviertel Stunden. Mal sehen, ob wir vielleicht noch eine Vorband mitbringen.
ART. 5|III: Erzählen Sie uns über das musikalische. Ich habe gelesen - man hört ja sogar im Netz noch nicht viel - dass das, was ihr macht, in Richtung Tocotronic und Element of crime geht - also so gar nichts mit Jazz zu tun hat.
Tom Schilling: Das war ein absolutes Missverständnis, was der Kollege da geschrieben hat. Kläre das bitte auf! Ich finde, dass Tocotronics Dirk von Lowtzow ein sehr, sehr guter Texter ist. Musikalisch sind wir aber ganz, ganz weit weg von Tocotronic. Element of crime schon eher. Musikalisch und textlich haben die mich schon sehr geprägt. Vor allem die Sachen aus der Frühzeit. Aber auch Leonard Cohen und Nick Cave sind Sachen, die so etwa unsere Schiene sind.
ART. 5|III: Die Basis war doch eigentlich schon länger gegeben, auch auf die Bühne zu gehen. Die Songs waren da, die Band war da. Warum erst so spät der Sprung auf die Bühne?
Na ja, wir haben uns jetzt gefunden. Ich hatte mich nach einer Band gesehnt. Dann haben wir zusammengefunden und die Musik konnte wachsen. Aber da sind wir wieder bei meinem Credo. Wenn etwas schwammig ist: Dann lass es! Viele Schauspieler, die als Sänger unterwegs sind, werden von den Labels auf die Bühne gepresst. Das ist letztlich zu kurz gedacht. Da musst du doppelt glänzend. Und ich habe mich auch immer doppelt hinterfragt. Es muss einfach stimmig sein und eine gewisse Einzigartigkeit haben. Sonst hätte ich das nicht gemacht! Und auch erst mit unserem neuen Gitarristen hatte ich die Bandform gefunden, die mir gefällt. Jetzt ist das Projekt reif für die Bühne und gepresst zu werden.
ART. 5|III: Steht Tom Schilling bei dem Projekt dann eigentlich im Mittelpunkt? Als Schauspieler sind Sie ja eher ein - nennen wir es - Charakterkopf.
Ganz klar stehe ich im Zentrum. Es sind meine Kompositionen, die mitunter sehr persönlich und privat gehalten sind. Das ist vielleicht auch die Parallele zu meinem anderen Job. Das Wort „authentisch“ wird mir ja zu oft geschrieben. Sagen wir so: Ich will kein Fake sein, kein Klischee. Textlich mag das als erster Eindruck vielleicht irritieren. Ich wollte einfach genauso durchlässig sein wie als Schauspieler. Es wird auf der Bühne also keine Rockstarposen und so Sachen geben.
ART. 5|III: Sind die Sachen dann - Stichwort Identifikation mit den Texten - alle in Deutsch gehalten?
Tom Schilling: Es gibt nur deutschsprachige Songs. Ein englisches Stück haben wir im Repertoire. Das gibt es aber nicht auf der Scheibe zu hören. Anders als in Deutsch geht es auch nicht. Da gibt es keine andere Möglichkeit.
ART. 5|III: Weshalb würden Sie eigentlich auf das Konzert von Tom Schilling und den Jazzkids gehen?
Tom Schilling: Puh. Das ist mal eine schwierige Frage. Ich würde einfach vorher im Internet gucken. Da gibt es ja ein Lied von uns zu hören. Und wenn mir das gefallen würde, dann würde ich hingehen. Von dem, was ich da erzähle, gibt es auf der Bühne mehr zu hören. Und dann würde ich hoffen, dass das Spaß macht. Wovon ich ausgehe.
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Tom Schilling & the Jazz Kids, Foto © Pressefoto