Wer hat nur an der Uhr gedreht?
Vom Umgang mit der Zeit und deren Wahrnehmung
veröffentlicht am 29.09.2014 | Lesezeit: ca. 2 Min.
Vor just einem halben Jahrhundert – wie doch die Zeit vergeht – bemerkte der polnische Aphoristiker (und Lyriker) Stanislaw Jerzy Lec in den „Neuen unfrisierten Gedanken“, man solle mit der Zeit gehen, aber doch auch von Zeit zu Zeit zurückkommen. Wenn man sie denn hat. Längst geht es ja in unserer Gegenwart überall und immer darum, effizienter und schneller zu werden. Das Innehalten, die Muße, bleibt auf der Strecke. Aus dem heutigen Hochgeschwindigkeitssystem kann man sich nicht unbeschadet ausklinken. Oder doch? Warum ändern wir nichts und lesen, beispielsweise, in Ruhe Rilke, was lässt uns das Hamsterrad immer flotter drehen?
Die Ausstellung „Wer hat an der Uhr gedreht?“ (vom 2. Oktober bis zum 7. Dezember im Kunsthaus im KunstKulturQuartier Nürnberg) geht der Frage nach, wer die Zeit kontrolliert, wer über sie bestimmt, ob Zeit sprichwörtlich Geld ist oder ob nicht doch derjenige reich ist, der über seine Zeit frei bestimmen kann. Anhand von Texten, Objekten und Rauminstallationen will die Ausstellung des KOMM-Bildungsbereiches und der Diskurswerkstatt spielerisch, aber durchaus auch kritisch und aufklärerisch zur Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Aspekten der Zeit anregen. Aristoteles, der Zeit als das „Maß der Bewegung nach dem Früher oder Später“ definierte, wird ebenso zu Rate gezogen wie Augustinus, wie Galilei und Isaac Newton, wie Norbert Elias, der in seinem Essay „Über die Zeit“ (1984) sich Kalendern und Uhren widmet und zwischen passiver und aktiver Zeitbestimmung differenziert, wie der französische Geschwindigkeitstheoretiker Paul Virilio oder der Soziologe Hartmut Rosa, der vor einer knappen Dekade zur „Veränderung der Zeitstrukturen in der Moderne“ publiziert hat und Mitherausgeber des Fachjournals „Time & Society“ ist.
Die Ausstellung wird von einem umfassenden Veranstaltungsprogramm begleitet. Bei der Eröffnung am 1. Oktober um 20 Uhr wird Heiner Keupp, Soziologe an der Ludwig-Maximilians-Universität, über den „Zeitnotstand in der Beschleunigungsgesellschaft“ referieren.
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