Wie es im Herbst weitergeht, mit wie vielen Zuschauerinnen und Zuschauern geplant werden kann und ob es auf der Bühne wieder Kontakt geben darf, bleibt ungewiss. Sicher ist: Es ist nichts sicher.
Eigentlich ist dieser Zustand den Kunst- und Kulturschaffenden bestens vertraut. Ist es doch ihre Aufgabe, ihr Antrieb, nichts als sicher, als selbstverständlich anzusehen, stets zu hinterfragen, auch zu verunsichern… Wenn nun aber ein ganzes System wankt, Dinge, die selbstverständlich waren, von heute auf morgen unmöglich werden, dann ist das gänzlich neu. Es hat Kunst und Kultur im Kern getroffen: Nähe, Berührung, gemeinsames Atmen und Sein – all das gilt es zu vermeiden. Alle halten Abstand, zurückgeworfen auf sich selbst und die Frage: Wer wir sind wir denn? Was brauchen wir? Was träumen und fühlen wir? Das Programm der Tafelhalle in der Saison 2020/21 nimmt genau diese essentiellen Fragen, die sich allesamt mit dem Kern des Menschseins in einer unsicheren Welt beschäftigen, in den Fokus. Verhältnisse, Bedürfnisse, Gefühle, die uns Menschen prägen, werden Anlass verschiedener Koproduktionen mit der freien Szene aus den Sparten Tanz, Theater und Musik. Daneben gibt es ein vielseitiges Konzert- und Kabarettprogramm unter anderem in Kooperation mit altbewährten Partnern wie dem Nürnberger Burgtheater, dem Jazzstudio und dem Sunday Night Orchestra zu erleben. Hoffentlich. Der Ausgang bleibt ungewiss – denn es wurde kein extra coronakompatibler Spielplan entworfen. Zu drängend waren Themen und Fragen, zu wertvoll all das Geplante, als im vorauseilenden Gehorsam stillzuhalten, alles einzumotten und auf bessere Zeiten zu warten. Was sinnvoll stattfinden kann – findet statt. Vieles bleibt noch offen…
Konkret wieder losgehen soll es in der Tafelhalle im September. In „Wenn Ferdinand nachts schlafen geht“ setzen sich Thalias Kompagnons auf spielerisch-bildpoetische Weise mit der kindlichen Angst vor der Dunkelheit auseinander – ein Gefühl, das jeder kennt und dem nachzuspüren man auch als Erwachsener eingeladen ist (Premiere am 18. September 2020). Der Frage, warum es so unglaublich schwer ist, sich zu Rassismus zu äußern und zu verhalten, stellt sich Regisseur Barish Karademir in einer Produktion (Premiere am 1. Oktober 2020) ausgehend vom Schaffen James Baldwins. Rebecca Trescher bleibt dem Haus als Komponistin in Residence erhalten. Sie wird sowohl mit ihrem Tentett, als auch in anderen Formationen musikalisch neue Perspektiven erkunden und experimentieren. Gewohnt vielseitig mit Konzertwiederholungen in noch offener Anzahl feiert das ensemble KONTRASTE das Beethoven-Jahr zu Ende. Außerdem sind neue Produktionen von co>labs, dem SETanztheater, Alexandra Rauh, Curtis & Co – dance affairs und vielen mehr in Vorbereitung. Und nicht zuletzt erkundet das Brachland-Ensemble mit seiner interaktiven Spielshow unter dem alles inspirierenden Titel „Nürnberg: Wer sind wir denn?“ (Premiere am 14. Januar 2021) die Seele der Stadt – in Kooperation mit dem Kulturhauptstadtbewerbungsbüro N2025. Schauen, hören, fühlen Sie selbst – es bleibt spannend! Informationen im Netz unter www.tafelhalle.de
Friederike Engel