
Mit gerade einmal 100.000 Büchern ist der junge Standort tatsächlich nur eine der 37 Zweigstellen der Helsinki City Library. Doch Oodi ist weit mehr als eine Bücherei. Es ist ein nicht-kommerzieller, urbaner, öffentlicher Ort: Großer Lesesaal und Bürgerzentrum gleichermaßen. Es ergänzt das Kultur- und Medienzentrum, das aus dem Helsinki Music Center, der Finland Hall, dem Sonamo House und dem Kiasma – Museum für zeitgenössische Kunst besteht. Und wurde schnell zu einem Aushängeschild für finnische Architektur. Denn die Gebäudeform spiegelt die Dynamik von Standort und Aufgaben des Gebäudes wider. Das Schlüsselkonzept ist das Zusammenspiel dreier Etagen. Der öffentliche Platz vor dem Gebäude setzt sich im Inneren des Gebäudes fort und empfängt den Besucher mit einer Auswahl von Begegnungs- und Erlebnisfunktionen. Schnelle Besuche und Touren starten an diesem schwellenfreien, leicht zugänglichen Raum, dessen Sichtbarkeit und Attraktivität den Besucher zum Begehen magnetisch anzieht. Im Obergeschoss findet der Nutzer die traditionelle Atmosphäre einer ruhigen Bibliothek mit einem majestätischen, ungehinderten Blick auf den umliegenden Park und die Stadtlandschaft. Eine erstklassige Komfortzone mit Panoramablick und Aufenthaltsqualität, die zum Verweilen lädt. Verbunden werden die beiden Welten durch ein hölzernes Gewölbe, das in sich fließende Räume schafft und nahezu skulptural anmutet.
Die Bibliothek befindet sich am Kansalaistori Square, im Herzen von Helsinki, in unmittelbarer Nähe zum Parlamentsgebäude. Damit steht sie symbolisch auch für die Beziehung zwischen Politik und Bevölkerung und erinnert an das finnische Bibliotheksgesetz, das lebenslanges Lernen, aktive Bürgerschaft, Demokratie und Meinungsfreiheit befördert. Sie ist somit auch im Zentrum des Kulturviertels der Stadt, nahe der vielen großen Institutionen der Hauptstadt. Als hätte man diesem ein neues Herz implantiert.
„Oodi bietet seinen BenutzerInnen Wissen, neue Fähigkeiten und Erzählungen und ist ein Ort zum Lernen, Eintauchen in Geschichten, Arbeiten und Entspannen. Es ist ein lebendiger und funktionaler Treffpunkt, offen für alle, eine exemplarische Bibliothek einer neuen Ära.“
Die Bibliothek ist ein öffentlicher Raum, der den Bürgern gehört und allen Menschen offensteht. Entsprechend aktiv war die mehrgleisige Beteiligung von Bewohnern und Partnern an der Planung angelegt, um den Wünschen und Bedürfnissen der Nutzer besser gerecht zu werden. Ideen, Tipps und Träume wurden in Veranstaltungen und Workshops sowie auf Webseiten in unterschiedlichen Kampagnen gesammelt. Mit der Aktion „Unel-moi!“ beispielsweise wurden mehr als 2.300 Gestaltungsideen von den Einwohnern der Stadt eingebracht und auch die Namensgebung ging auf einen Ideenwettbewerb mit Jury zurück. Für den Bau auserwählt wurde der Vorschlag mit dem Titel „Käännös“, was für Drehung und Wendung steht. Eine Idee der ALA Architekten, die den Bau 2018 fertiggestellt haben. Drei Ebenen mit insgesamt 17.000 m2, mit einem ausgesprochenen Dienstleistungsgedanken für ein optimiertes Besuchererlebnis. Die traditionelle Bibliothek wurde weitergedacht und um einen riesigen, facettenreichen öffentlichen Raum erweitert, der für Niedrigschwelligkeit, Information, Aufenthaltsqualität und Verweildauer steht. Das entstandene Gebäude ist eine inspirierende und hochfunktionale Ergänzung des urbanen Lebens der Stadtbewohner. Der architektonische Entwurf unterstreicht das Zusammenspiel der drei Ebenen: ein aktives Erdgeschoss, ein ruhiges Obergeschoss und ein geschlossener Zwischenraum, der spezifischere Funktionen trägt.
Der Zweck des Erdgeschosses ist es, jede der Bibliothekseinrichtungen sichtbar und zugänglich zu machen und einen nichtkommerziellen Innenraum zu schaffen, der an jedem Tag der Woche für alle zugänglich ist. Auf dieser Etage befinden sich das Kino Regina, das Kino des Nationalen Instituts für Audiovisuelle Medien und ein Restaurantcafé, die Information und die zentrale Ausleihe. Sie verlängert den Kansalaistori-Platz nach innen durch eine Glaswand, die den Eingangsbereich markiert und innen und außen schwellenfrei verbindet. Das hervorragende Holzdach schützt Freiflächen und schafft überdachten Raum, der für Veranstaltungen im Freien genutzt werden kann. Zahlreiche Eingänge öffnen das Gebäude zur Stadt, eine geräumige Lobby empfängt die BesucherInnen, die Bücher-Services und Gastronomie schaffen eine vertraute Atmosphäre.
Erdgeschoss
Events, Kaffee und Treffpunkte
- Kino Regina = 250 m2 Hörsaalbau, der sich als Veranstaltungsort für Lesungen, Filmvorführungen und andere Ereignisse eignet. Bestuhlt und unbestuhlt nutzbar.
- Maijansali Hall = Mehrzweckhalle für Events wie Lesungen, Workshops und Performances
- Food & Co. Café und Restaurant
- EU@Oodi
- Helsinki-Info
- Jugendbereich
- Pop-up Stände = Die Pop-Up Area dient als temporärer Informations-Punkt. Sie eignet sich Aktivitäten von Organisationen und Vereinen zu präsentieren oder Services vorzustellen, die von allgemeinem öffentlichen Interesse sind. Kommerzielle Transaktionen und Aktivitäten sind untersagt.
Das Zwischengeschoss bietet Raum für Arbeit, Aktivitäten und das Verweilen mit Freunden und Familie. Es stellt Möglichkeitsräume für die aktive Bürgerschaft zur Verfügung: Studios, Arbeitsplätze und Treffpunkte, Ressourcen für Kurse und Interaktion. Auf dieser Etage bietet Oodi Räume für Kreation, Aufnahmestudios, eine städtische Werkstatt, Fertigungslabors (Musik, Design usw.), ein Spielzimmer und einen Konferenzraum mit 180 Sitzplätzen. Alle Bibliotheksräume stehen kostenlos zur Verfügung.
Zwischengeschoss
Workshops, Lernen und Interaktion
- Recording Studio (studios 2-4)
- Synthesizer Studio und Schlagwerk / Percussion (studio 5)
- DJ und Karaoke-Studio und Klavier (studio 6)
- Fotografie und Video-Studio (studio 7)
- Digital-Studio (VHS, Beta, DV, cassette etc) (studio 1)
- Gruppenräume und Büros
- Immersive space Kuutio = Raum mit Glaswänden auf 90 m2, ausgerüstet mit zwei Bildschirmen und zwei Projektoren
- Gruppenküche (Learning space 4) = für 10 Personen auf 30 m2 vollständig ausgerüstete Lehrküche mit Kücheninsel und zwei Öfen zum gemeinsamen Kochen oder für Zusammenkünfte. Nutzung auch für Familientreffen und Geburstagsparties.
- 3D-Drucker, Laser-Cutter, UV-Drucker, großer Farbdrucker, Vinyl-Schneider, elektronische Arbeitsplätze, Transfermaschinen, Nähmaschinen, Badge-Maschinen
Im Obergeschoss empfängt die Bibliothek mit viel Freiräumen zum Ausruhen und Verweilen mit Büchern in den Leseinseln und Cafes. Oder im offenen Leseraum namens „Book Sky“ mit seiner wellenförmigen, weißen Decke, die mit kreisförmigen Oberlichtern übersät ist. Hier sind alle Möglichkeiten ausgeschöpft, die die neuen Technologien des 21. Jahrhunderts bieten. Die Benutzer können lesen, lernen, denken, Spaß haben und einen unverbauten 360º -Panoramablick auf die Stadt genießen oder auf die Terrasse mit Blick auf den Kansalaistori-Platz gehen. Im Obergeschoss befinden sich auch ein Kinderbereich, ein terrassenförmig angelegter Forumsraum namens The Peak, eine Cafeteria und neun lebende Olivenbäume. Die raumhohe Verglasung, die den Raum umgibt, bietet einen atemberaubenden Blick auf die Stadt, mit einem Balkon auf der Westseite, der den sperrigen Dachüberstand einnimmt.
Obergeschoss
Bücherhimmel, Bürger-Balkon und Kinderbereich
- Kinderbereich = kuschelige Vorlese-Lounge
- Spielplatz Loru
- Food & Co. Café
- Der Bürgerbalkon
- 7 Leseinseln
- 100,000 Bücher
- Magazine, Filme, Musik und Spiele
Mit Oodi gelingt Helsinki ein Kulturareal unter einem einzigen Dach, inmitten und gekoppelt an das Umfeld weiterer großer Kultureinrichtungen, als zeitgemäße, zukunftsgewandte Bibliothek, die in erster Linie Aufenthaltsraum für jedermann ist, in zweiter Linie Möglichkeitsräume für jedermann bietet und last but not least Buchleihe und Leseerlebnis kongenial verknüpft. Eine Bibliothek die mit ihren Aufgaben und weit darüber hinaus wächst. Damit reicht sie weit über ihre traditionelle Funktion hinaus, wird zum Kulturhaus, zum „dritten Ort“, zum Entfaltungsraum und zur Flaniermeile und schreibt seine Kernleistungen in die neue Situation hinein.
Wenn Kulturorte Orte der Zukunft sein oder werden wollen, brauchen sie solche Transformationen. Im Großen wie im Kleinen. Sie müssen zuerst Orte für alle Menschen sein - ohne Konsumzwang. Und aus dieser Position heraus Produktionsmöglichkeiten und Produkte anbieten. Sie müssen darauf abzielen ein alltäglicher Teil der Lebenswelt der Meschen zu sein und aus dieser Position heraus Kultur ermöglichen, vermitteln und verkaufen. Oodi leistet, was manche Kulturareale über verschiedene Einrichtungen erreichen und das sehr zentral, an einem Ort. Und, ähnlich wie das MQ Wien, in unmittelbarer Nachbarschaft zu weiteren Kultureinrichtungen und im Herzen der Stadt. Informations- und Wissensvermittlung, Produktionsförderung und Kulturgenuss verbinden sich, befördert durch die architektonische Gestaltung, mit Aufenthaltsqualität, Lebenswert und einem starken Plattformcharakter für Gemeinschaft und Diversität. Eine Kultur-Zentrale entsteht. Ein Best-Practice-Modell zur Ausgestaltung trag- und leistungsfähiger Kulturareale mit Ausstrahlung und Anziehungskraft. Wer A sagt, muss auch B sagen. Oder wie wir von den Finnen lernen: Yksi, Kaksi, … Oodi