„Unschuldig bin ich in das Gefängnis gekommen, unschuldig bin ich gefoltert worden, unschuldig muss ich sterben.“ Mit diesen Worten richtete sich Johannes Junius, Bambergs Bürgermeister, im Jahre 1628 an seine Tochter Veronika. Er war der Hexerei angeklagt und eingesperrt worden, weshalb sein Brief die wahre Adressatin nie erreichte. Mittlerweile ist genau dieser Brief jedoch eines der bedeutendsten Dokumente der Geschichte der Hexenverfolgung und als solches erregte er die Aufmerksamkeit der Bamberger Autorin Tanja Kinkel. Diese verarbeitete den „Juniusbrief“ in einem Dramolett, das unter dem Titel „Bitte für uns Sünder“ im März diesen Jahres seine vierte Inszenierung in der Annakapelle in Zeil am Main erfährt.
In diesem fiktiven Werk findet die zweite Junius-Tochter Anna-Maria, eine Dominikanernonne, den Brief ihres Vaters. Während sie Abschnitt für Abschnitt liest, nimmt sie die Zuhörenden mit hinein in eine tiefe innere Zerrissenheit zwischen Loyalität gegenüber der Kirche, persönlichem Gerechtigkeitsempfinden und ihrer Liebe zum Vater. Zeil als historischer Ort des Hexenwahns, die Kapelle, die den Namen der Protagonistin Anna-Maria trägt, das Dokumentationszentrum mit den Junius-Räumen in nächster Nähe – es gibt keine passendere Bühne für die Inszenierung dieses Dramoletts.
Monika Schraut und Christa Doelker, die sich seit 2011 als ehrenamtliche Gästeführerin zum Thema „Hexen“ engagieren, begleiten das Projekt seit seiner ersten Aufführung. Doelker gibt im „Zeiler Hexenturm“ eine Einführung in die historischen Zusammenhänge der Hexenverfolgung in Zeil, Schraut schlüpft in der Annakapelle in die Rolle der Anna Maria Junius. Die dritte im Bunde ist Martina Angebrand aus Zeil. Sie gestaltet den musikalischen Part des Dramoletts, indem sie auf ihrem Saxophon Lieder von Friedrich von Spee spielt. Der Jesuitenmönch war ursprünglich Beichtvater für die inhaftierten Hexen. Aber die Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Hexenverfolgung nahmen mit jedem Kontakt mehr zu, bis 1631 zunächst anonym, und später dann öffentlich eine Streitschrift gegen die Hexenverfolgung schrieb, die den Titel „Cautio Criminalis oder Rechtliches Bedenken wegen der Hexenprozesse“ trägt.
Der „Juniusbrief“ diente nicht nur dem Dramolett Kinkels als Inspiration, auch die Räume des 2011 eröffneten Dokumentations- und Informationszentrum „Zeiler Hexenturm“, das an die Besonderheit der Geschichte der Hexenverfolgung in Zeil am Main als Richtstätte des Hochstifts Bamberg erinnert, sind an die Geschichte des Briefs angelehnt. Dort sind zwischen 1616 und 1631 über 430 vermeintliche Hexen und Zauberer verbrannt worden. Dem Andenken dieser Menschen, die in Zeil unschuldig starben, ist die Ausstellung im „Zeiler Hexenturm“ gewidmet. Das Dokumentationszentrum ist im ehemaligen Fronhaus untergebracht, das direkt an den Oberen Stadtturm angrenzt. Der Turm diente als Haftort für die angeblichen Hexen. Die Dauerausstellung im Dokumentationszentrum zeigt in fünf Themenschwerpunkten die wesentlichen Aspekte der Hexenverfolgung: Vorurteile – Ursachen – Tatorte - Täter – Opfer. In drei Dunkelräumen wird mit einer Audiovisuellen Animation der Leidensweg der einzelnen Opfer nachvollzogen (Verhaftung – Folter – Feuertod).
Informationen zu den Aufführungen des Dramoletts:
Eintritt:
12 Euro pro Person
Termine:
Sa 25. März 2023, 19.00 Uhr „Zeiler Hexenturm“
So 26. März 2023, 19.00 Uhr „ Zeiler Hexenturm“
Anmeldung bei Petra Hohenberger 09524-850686 oder phohenberger@vhs-hassberge.de
https://www.vhs-hassberge.de/