Das denkwürdige Jubiläum „100 Jahre Frauenwahlrecht in Deutschland“ ist ein geradezu idealer Anlass, die naheliegende Frage zu stellen: Seit hundert Jahren dürfen Frauen politisch mitwirken – dürfen sie auch komponieren? Noch in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts galt das Verdikt des großen Dirigenten Hans von Bülow: „Eine Komponistin wird es niemals geben!“. Dabei gab es sie längst, er wollte es nur – wie so viele andere – nicht wahrhaben. Frauen als Komponistinnen kennt die Musikgeschichte aus allen Epochen, doch sie wurden kaum wahrgenommen, weil gesellschaftliche Konventionen und Vorschriften die Ausbildung für Frauen speziell im Fach Komposition verhinderten. Man denke nur an das verächtliche Verhalten Gustav Mahlers gegenüber seiner hochbegabten Frau Alma…
Das Ensemble Kontraste reagiert nun und hat seine neue Saison unter das Motto „Ins Licht gerückt – Just Women!“ gestellt. Frauen haben deshalb in der kommenden Spielzeit Vortritt, und das in allen Sparten. Zum Beispiel dominieren Komponistinnen in drei Konzerten, und in den Dichtercafés dürfen Männer zwar musikalisch kräftig mitmischen, aber bei den Texten kommen nur Autorinnen zu Wort. Garantiert genderfrei ist das Kinderkonzert, in dem Camille Saint-Saens famoser „Karneval der Tiere“ eine originelle Aufführung erleben wird. Der Beitrag zu den „StummFilmMusiktagen 2019“ ist allerdings ebenfalls dem Thema Frau gewidmet, denn in dem Film „Die Büchse der Pandora“ aus dem Jahre 1929 geht es um eine verführerische Femme fatale.
Start ist am 6. Oktober in der Tafelhalle unter dem Leitmotiv „In Tönen atmen“ mit Werken von Elisabeth La Guerre, Clara Schumann, Alma Mahler und der jungen Komponistin Brigitta Muntendorf. Am 23. November folgen „Russische Begegnungen“, bei denen sich das Motto „Galgenhumor und Lebenslust“ den 1996 entstandenen „Galgenliedern“ (nach Christian Morgenstern) der russischen Komponistin Sofia Gubaidulina verdankt. Beim Neujahrskonzert wird ein Nonett Louise Farrencs aus dem Jahre 1849 zu hören sein, am 8. März heißt die Devise „Farbenspiele“, unter der sich so bedeutende Komponistinnen wie Nadia und Lili Boulanger versammeln. Auch Germaine Tailleferre gehört dazu, Mitglied der berühmten „Groupe des six“, die ihren Berufswunsch Komponistin noch gegen väterlichen Widerstand erkämpfen musste.
Im Februar, April und Mai wird jeweils zur Monatsmitte zum „Dichtercafé“ mit Autorinnen eingeladen. Sandra Hofmann liest am 17. Februar unter der Überschrift „Paula“ ihren gleichnamigen Text, Bettina Langehein trägt am 14. April Sofia Tolstajas „Lied ohne Worte“ vor, und Adeline Schebesch kümmert sich am 12. Mai – pünktlich zum Muttertag! – um die Lyrik großer Dichterinnen. U.a. werden Mascha Kalekó, Ingeborg Bachmann und Hilde Domin mit ihren Gedichten vertreten sein.
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