Am Anfang war der Raum! 2020 entdeckte Angela Kohlrusch den Leerstand in der Austraße 14 in Bamberg, der schon kurze Zeit später zur neuen Basis und Heimat der Galeristin wurde. Relativ zügig setzte sie die Idee um, für urbane, zeitgenössische Kunst in Bamberg einen progressiven Ausstellungs- und Verkaufsort zu schaffen. Sie holt zunächst Pop Art-Exponate aus ihrem vorhandenen Netzwerk in die Welterbestadt. AOA;87 war geboren und lebendig. Die gelernte Ökonomin und Maschinenbauerin baute ihren Neustart auf die Begeisterung für diesen Ort in der Austraße in Bamberg auf, entsprang den Übernahmeplänen der Unternehmensgruppe ihrer Familie und schuf sich kurzerhand eine neue Existenz im Kunsthandel. Der Kunst war die frisch gebackene Galeristin, die in einer Sammlerfamilie aufwuchs, längst verfallen: Gelegenheit schafft Liebe! Und eine wohlfeile Sortierung. So war die Anfangsphase geprägt vom Loslösen des spontanen Pop-Art-Ansatzes, der sich auf lange Sicht nur schwer hätte adäquat etablieren lassen, hin zu einem fein akquirierten, eigenen KünstlerInnen-Portfolio.
Ein gutes Dutzend Künstler:innen vertritt Kohlrusch derzeit und stößt damit aktuell an ihre Kapazitätsgrenzen. Mutter, Schwester und Freundeskreis stützen die Newcomerin stark, ein Netz an Freischaffenden kümmert sich um beispielsweise Text, Grafik und Marketing. Doch der Kraftakt der Unternehmerin ist deutlich sichtbar und äußert sich in Wachstum, Internationalität und Qualität, die sie sich unbedingt bewahren will.
Es sind gleichermaßen aufstrebende und renommierte Namen, die sie listet. Bodo Korsig, MARCK, Giuseppe Veneziano, Helga und Holger Schmidhuber, Imi Knoebel u.a.. Allen gemein ist ein sehr eigenständiges Profil. Jeder für sich ist mit Sorgfalt ausgewählt und unbedingt an das Geschmacksempfinden und die Sympathie der Galeristin gekoppelt: „Ich könnte niemanden vertreten, hinter dem ich künstlerisch nicht selbst 100 % stehe.“, so Kohlrusch, die die enge Verbindung und hohe Identifikation zwischen Galerie und Künstler:innen als Grundvoraussetzung erfolgreicher Zusammenarbeit sieht und als großes Potential und unbedingtes Erfolgsrezept beschreibt. Ihren Auftrag, deutschsprachige Künstler:innen international erfolgreich zu vertreten, hat sie sich zügig auferlegt und mit Leben gefüllt. Mit ihrem derzeitigen Portfolio hat sie sich aus dem Stegreif facettenreich und viel versprechend aufgestellt.
In Bamberg und versuchsweise - im Pop-Up-Modus - inzwischen auch in Kronach und Basel, wo sie im Jahr 2022 temporär und erfolgreich Leerstände bespielte. Nicht die großstädtischen Wirkungsbereiche stehen dringlich auf ihrem Wunschzettel, sondern spannende Orte für hervorragende Kunst und ein internationales Netzwerk, das die Käufer:innen anzieht. Zum Beispiel auch nach Bamberg.
Dort sieht sie vor allem auch in der Kooperation mit den Bamberger Antiquitätenwochen einen vielversprechenden Handelscluster, der gute Synergien bietet. Auch der lokalen Kunstszene gegenüber sei sie offen und freut sich auf Zusammenarbeit, wo sich Synergien nutzen lassen.
Der Schritt über den großen Teich, in den amerikanischen Markt, gelang bereits 2021, als der gebremste Kunstmarkt dort mutige Galerien brauchte und Kohlrusch ins kalte Wasser sprang. Ihre Bewerbung für die CONTEXT Art Miami, die kleine Schwester der Art Miami, hatte Erfolg. Ihr Fuß steht fest in der Tür. Ein cleverer Schachzug, mit dem sie vor allem ausgewählte Künstler:innen ihres Katalogs an den amerikanischen Markt heranführte. Der Erfolg gibt ihr Recht. So packte sie gerade erneut die Koffer für die Reise nach Miami (29.11. bis 4.12.), Kunst und Künstler:innen an Bord. Corona war hier, wie für einige andere Entwicklungen der Galerie, Türöffner in der Krise. Denn die allgemeine Zurückhaltung am Kunstmarkt sorgte für neue Möglichkeiten der jungen Galerie.
An die ersten experimentellen Derivate in Kronach und Basel will Kohlrusch künftig anknüpfen. Denkt sogar über dauerhafte Dependancen nach. Denn der Ausbau weiterer fester Standorte gehört zu den Zukunftsplanungen der Galeristin.
Aktuelle Ausstellung:
In Potentia | Helga Schmidhuber (bis 25.02.2023)
In Potentia beschreibt die Kraft, die einzelnen Materialien oder Objekten innewohnt, die zusammengefügt ein Ganzes ergeben; so wird die Feder zum Häuptlingsschmuck, der Schädel zum Kultobjekt, viele Malschichten zu einem Gemälde. In Potentia zeigt einen sorgfältig kuratierten Querschnitt durch Schmidhubers Oeuvre: Objekte, Gemälde, Installationen und Collagen und wie sich alles zu einer neuen Einheit in einem neuen Kontext zusammenfügt. Neben der Ausstellung in den Galerieräumlichkeiten, Austraße 14 gibt es zeitgleich eine künstlerische Intervention im Naturkundemuseum Bamberg, Fleischsstraße 2 – direkt nebenan!
Zur Person der Künstlerin Helga Schmidhuber
Helga Schmidhuber dienen gefundene Objekte aus Flora und Fauna häufig als Ausgangspunkt für ihre Skulpturen und Gemälde, die sie zu raumgreifenden Installationen wachsen lässt. Dafür schafft sie Collagen aus Paravents, Tierpräparaten, Schädeln, Sound u. ä..
Die Malerei bildet den Schwerpunkt ihres experimentellen, multimedialen Werkes. Die Elemente mehrerer, sich überlagernde Bildschichten fügen sich zu einem Neuen Bild zusammen. Zentrales Motiv sind wiederum Tiere, nicht in ihrer natürlichen Umgebung, sondern in einem abstrakten, energetisch aufgeladenen Spannungsfeld. Zeigt dieses die Bedrohung oder die auratische Ausstrahlung dieser Individuen? Diese Frage bleibt offen. Die Affinität zur Tierwelt und zu den Naturwissenschaften besteht schon seit Schmidhubers Kindheit. Viele Phänomene, die in der Natur bestehen, lassen sich nach Schmidhuber in die Bedingungen und Bereiche des menschlichen Daseins übertragen.
Helga Schmidhuber wurde 1972 in Wiesbaden geboren. Nach abgeschlossenem Design-Studium studierte sie von 1999 bis 2004 Freie Kunst an der Kunstakademie Düsseldorf bei Prof. Dieter Krieg und Prof. Albert Oehlen, der sie zu seiner ersten Meisterschülerin ernannte.
Seit 2006 nimmt die Künstlerin an Artist in Residence-Programmen teil und arbeitete in Österreich, Island, Kanada sowie in Spanien. Ihr Werk wurde schon international in wichtigen Institutionen gezeigt wie in der Hamburger Kunsthalle, CCA Kunsthalle / Mallorca, Museum Wiesbaden, Museum Villa Rot, Frankfurter Kunstverein, Zoologisches Museum Hamburg, Nassauischer Kunstverein, u.a. Sie wurde u.a. mit dem Markus-Lüpertz-Preis und dem Max-Ernst-Stipendium ausgezeichnet. 2020 erhielt sie den renommierten Hans–Platschek–Preis.
Galerie AOA;87:
Angela Kohlrusch, Austraße 14, 96047 Bamberg. 0951 / 30 29 40 57, info@aoa-87.com, www.aoa-87.com. Öffnungszeiten: Mi.-Fr. 12-18 Uhr / Sa. 11-16 Uhr & nach Vereinbarung.
Portfolio:
Bodo Korsig, Margarete Adler, MARCK, Giuseppe Veneziano, Helga Schmidhuber, Crow, Imi Knoebel, Andy Warhol, Cornelia Schleime, Alex Katz, X0000X, Holger Schmidhuber, Alexandre Madureira, Heiner Meyer.